💌 Herzensgrüße vom 16.09.2025 – Rituale, merkwürdige Bambis und andere Rätsel

Hallo ihr Lieben,
manchmal scheint Chernarus selbst nicht zu wissen, was es sein will – Zuflucht oder Abgrund. Heute war so ein Tag, an dem Hoffnung und Abscheu Hand in Hand gingen, und ich nicht wusste, welcher der beiden ich folgen sollte.
🔫 „Kommunikative Schüsse“ und kleine Gesten
Der Morgen begann mit drei „kommunikativen Vanilla-Schüssen“. Man gewöhnt sich daran – und doch frage ich mich jedes Mal, ob es sich dabei nur um eine harmlose Art der Kommunikation handelt, oder den Auftakt zu etwas Größerem. Aus der Ferne kamen Meldungen von abgebauten Straßensperren. „Freie Fahrt für freie Überlebende“ hieß es. Ein Slogan, der harmlos klang, aber in dieser Welt meist eine zweite Klinge hatte. Ich schüttelte den Gedanken ab – ich wollte im Hier und Jetzt bleiben.
Und im Hier und jetzt sah ich, wie ein Fremder vor Jannniks Haus hin und her lief. Aber es blieb ruhig, kein Einbruchsversuch folgte und am Ende zog er in Frieden seiner Wege.
Am Camp war auch janinesta (Selina) als Dame in Blau wieder voll im Einsatz, wie ich vom Rohbau aus beobachten konnte.
Am Camp brachte WhiskeyMixer einen Kühler vorbei und wir grillten etwas von seinem mitgebrachten Fleisch. Ich dankte ihm von Herzen – Kühler und Fleisch sie waren nach wie vor Mangelware.
Aus Elektrozavodsk meldete sich ItsSniper55 (Spacey): Er hatte sich versehentlich in seiner eigenen Behausung eingeschlossen. (Nr. 371: "Passiert den Besten von uns, Herz....") Sein neuer Freund Jannnik befreite ihn gern. Er war froh, eine Aufgabe zu haben und sein Tatendrang wurde allzu oft durch Allianzen gebremst. Die beiden verstanden sich inzwischen erstaunlich gut, wenn man bedachte wie sie sich noch vor ein paar Tagen gegenseitig bekämpft hatten. Wer hätte das gedacht?
Es war schön zu sehen, wie ehemalige Barrieren abgebaut wurden und die beiden - auch wenn sie unterschiedliche Sprachen sprachen - miteinander inzwischen gut auskamen.
Das machte Mut und ich war guter Dinge, dass es nun zwar nicht ruhiger aber dafür etwas friedlicher am Camp werden würde.
Fremder von Janniks Haus und Selina im Einsatz
🍅 Tomaten und die zwei Gesichter der Kirche
Später entdeckte ich Tomatenpflanzen am Camp in Prigorodki. Ein kurzer Schauer lief mir über den Rücken. Tomaten waren für mich längst mehr als Nahrung – sie erinnerten mich an die zwei Gesichter der Kirche: tröstend und grausam zugleich.
Ersetzbares Crewmitglied Nr. 371 erzählte mir schließlich von einer Nachricht, die sie mir zuerst hatte vorenthalten wollen. In ihr wurde mir vorgeworfen, ich sei einer Gehirnwäsche unterzogen worden oder habe meinen Verstand verloren. Vielleicht sei ich dort auch Opfer von Folter und Drogen geworden – wie sonst war es zu erklären, dass ich die Grausamkeiten der Kirche billigend hingenommen hätte, als ich dort gewesen war? Oder hatte ich bewusst meine Augen verschlossen und es einfach nicht wahrhaben wollen?
Nichts davon ist wahr.
Ja, ich war im Kloster. Ich sah einen Kerker und Käfige. Darauf angesprochen verschwieg die Kirche von Morthana nicht, dass diese für ihre Feinde gedacht waren – und es erschütterte mich, damals wie heute.
Wie kann ich das also mit meinem Gewissen vereinbaren?
Ich respektiere ihren Glauben, aber ich hätte niemals stillschweigend zugesehen, wie jemand dort gefoltert oder misshandelt worden wäre. Erzbischof Nickolus ( Nickel) weiß das. Ich erinnerte mich an eine Begebenheit, als die beiden Erzbischöfe Bauschus und vonBausch Nickolus nach Prigorodki kamen. Mit einem Gefangenen, der sie in Elektrozavodsk angeschossen und den sie überwältigt und in ihr Auto gezwungen hatten. Damals wollten sie ihn an mich ausliefern, da sie dachten ich sei die Authorität oder zumindest hätte ich Kontakte zu einer solchen. Doch ich hatte sie enttäuschen müssen, denn so ewtas wie eine Verwahranstalt für gewaltbereite Bambis gab es nicht. Und auch die Frage der Gerichtsbarkeit blieb nach wie vor offen. Es herrschten anarchische Zustände.
Es wunderte mich nicht, dass die Kirche daraufhin beschlossen hatte, selbst für Ordnung zu sorgen. Oder zumindest für das, was sie dafür hielt.
Besagtes „Treiben“ und die Folter von Gefangenen gab es jedenfalls zu meiner Zeit dort nicht. Hätte ich es mit eigenen Augen gesehen, ich hätte reagiert – mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln. Denn ich bin keine, die Gewalt stillschweigend erträgt. Doch genauso wenig bin ich Richterin, Henkerin oder Priesterin. Ich verurteile nicht im Namen eines Glaubens oder von Rache. Ich bin hier, um zu helfen und zu schützen.
Und ich glaube noch immer daran, dass Rache und Gegengewalt nicht der Weg zur Erkenntnis sind.
Und ja – Menschenfleisch spielte eine Rolle kirchlichen Ritualen. Doch man versicherte mir, dass es von freiwilligen Spendern stammte. Ich weiß, das klingt furchtbar und man kann Leute immer nur bis an die Stirn schauen. Aber es besteht meiner Ansicht nach ein Unterschied darin, ob man Menschen tötet, nur um an Fleisch für Rituale zu gelangen, oder ob man das, was vom Tod übrig bleibt, verwertet.
Die Frage nach Würde und Freiwilligkeit bleibt jedoch bestehen. Es ist eine ethisch schwierige, vielleicht unlösbare Frage. Aber meine Linie bleibt klar: Achtung vor den Toten. Selbstbestimmung. Freiwilligkeit.
Nr. 371: „Freiwilligkeit? Ich erinnere mich an nichts außer Zwang und den Gestank von Menschenfleisch. Mag sein, dass sie dir von freiem Willen erzählt haben, Herz – mir haben sie jedenfalls keine Wahl gelassen…“
Ja...ich weiß, was Sueda durchmachen musste. Und es schmerzt, dass sie dieses Gesicht der Kirche kennenlernen musste und dass diese sich uns allen in dieser Form gezeigt hat.
Aber gleichzeitig gibt es auch das andere Gesicht. Eines, das gütig ist und Verständnis zeigt. Das hilft, wenn Hilfe gebraucht wird. Wenn ich eines von all dem hier mitnehme, dann dass nicht jeder innerhalb der Kirche den Glauben gleich praktiziert. Es scheint verschiedene Strömungen zu geben und auch wenn sie die gleiche Gottheit verehren, unterscheiden sich doch ihre Mittel und Methoden erheblich voneinander.
Doch ja, ich bin froh zu wissen, dass die sterblichen Überreste, die im Kloster beim Einbruch gefunden wurden, am Ende würdig bestattet werden konnten.
Aber ein Einbruch bleibt ein Einbruch. Und wer Rache im Namen der Opfer übt, ist am Ende nicht besser als die Monster, die er bekämpfen will. Das gebe ich immer zu bedenken.
Trotzdem ist dieses Kapitel ein schwieriges Kapitel und es gibt keine abschließende Lösung. Die Welt, in der wir leben, lässt sich nicht immer in Schwarz und Weiß einteilen. Häufiger sind es alle Formen von Grau.
🩸 Erst ein totes Bambi, dann ein singendes
Im Zelt fehlten erneut Blutkonserven. Also spendete ich. Später entdeckten NiggoB und ich im namenlosen Dorf ein totes Bambi. Vermutlich hatten die Zombies es erwischt. Wir bestatteten die Überreste in Würde.
Zurück in Prigorodki sah ich ein Bambi im pinken Regenmantel. Ich grüßte, doch der Fremde schien mich nicht zu hören, auch wenn er sprach. Zunächst dachte ich, er redete mit mir, aber dann wurde mir klar, dass er vermutlich mit jemand anderem funkte. Ich blieb einige Zeit hinter ihm stehen. Sprach. Beobachtete. Aber er redete munter weiter mit seinem unsichtbaren Gesprächspartner. Es wurde dunkel und als er sich beschwerte, dass er nichts sehen könne, zerbrach ich ein Knicklicht für ihn. Doch wieder keine Reaktion.
NiggoB kam zu uns und sicherte mir den Rücken, falls der Fremde mich doch bemerkte vor lauter Schock Dummheiten machen wollte.
Doch nichts davon war der Fall.
Er sang schließlich laut in den Abend hinein. Eine schöne Stimme, aber es war seltsam. Erst als janinesta (Selina) hinzukam, reagierte er langsam. Kletterte über einen Benzintank und einen Zaun, lief im Kreis. Aber er sprach nicht mit uns. Schließlich blieb er stehen, starrte uns an und verschwand wie von Geisterhand vor unseren Augen.
Ratlos blieben wir zurück. Vereinzelt gab es solche Phänomene, aber sie so unmittelbar vor sich zu sehen war schon unheimlich und auf eine gewisse Weise verrückt.
Wir warteten noch eine ganze Weile, aber der Fremde kam nicht zurück. Also gingen wir wieder unserer Arbeit nach.
Später stellte sich heraus: Es war Elliots erster Auftritt bei uns.
Elliot war der Freund von@Itssniper (Spacey) und er bezeichnete ihn scherzhaft als "Dummkopf" und bediente sich trotz seines Englisch eines deutschen Wortes. Das war aber keinesfalls abwertend gemeint, sondern er bezeichnete damit den Fakt, dass Elliot offenbar keine Ahnung vom Überleben in Chernarus hatte. Wie sonst war es zu erklären, dass er reihenweise Getränkedosen oder Chips in den Taschen toter Zombies zurückließ? Nein, Elliot brauchte Hilfe. Zum Glück traf ich später dann doch wieder auf ihn und konnte ihn zum Camp bringen.
Ich wollte ihm zeigen, wie man aus Jutebeutel und einem Seil einen Rucksack machte. Doch er zog erst sich den Sack über den Kopf – und dann mir. Ich atmete schwer, konnte mich befreien, aber etwas in mir gewann die Oberhand. Erinnerungen kamen zurück. Erinnerungen, die ich im Kloster hatte lassen wollen. @LeChuck... der Sack. PropaGandalf, wie er mich im Spaß in der Chicksbase einschloss... und wie ich....
Wieder griff ich instinktiv zu meiner Ambrust. Nie wieder, sagte ich mir. Nie wieder. Ich zielte auf ihn, unfähig etwas zu sagen. Doch als ich ihn da vor mir stehen sah, war ich wieder im Hier und Jetzt.
Vor mir stand weder Chuck noch ein anderer, der mir Böses wollte. Es war ein verirrtes Bambi, das nichts von all dem wusste. Ich atmente tief ein, ließ die Armbrust sinken.
Aber der Schock saß tief. Bei uns beiden.
Schließlich zog er weiter in Richtung Chernogorsk. Kurz darauf hörten wir Schüsse aus dem Industriegebiet. Jannnik und ich brachen auf, um nach Elliot zu sehen. Bald darauf hatten wir traurige Gewissheit: Elliot war getötet worden. Allerdings deutete nichts darauf hin, dass er erschossen worden war. So wie sich die Dinge darstellten, war er geflohen aber am Ende verblutet. Wer der Schütze war, wussten wir nicht. Wir trauerten um dieses Leben, das so ungewöhnlich seinen Weg hierher gefunden hatte und nun auf diese tragische Weise ein Ende fand.
Aber in Chernarus landen die Toten an der Küste. Und so erwachte er wieder in Kamyshovo und berichtete uns im Funk schließlich stolz, dass er erfolgreich sein erstes Zelt "geransacked" habe.
Ich schüttelte den Kopf und seufzte. Das war kein normales Zelt gewesen, sondern eines unserer Versorgungszelte. Es war dazu da, dass man sich bediente, wenn man an der Küste landete.
Als er dies hörte, brachen Sueda und er in ein schallendes Gelächter aus.
Nr. 371: „Bravo, Du Held! Ein Bambi-Zelt an der Küste als Bambi plündern....“
Totes Bambi und dann der singende Elija sowie die Sache mit der Armbrust...
🚗 E.C.H.O. im Fadenkreuz
Am Abend kam E.C.H.O. wieder ans Camp in Prigorodki. Dieses Mal ohne neue Botschaft. Schweigsam wie immer, doch er brachte Fleisch vorbei und wir grillten gemeinsam. Und trotzdem – seine Anwesenheit beunruhigt mich noch immer. Kein Wunder, denn er schien eine Art Attentäter zu sein, der von seinen "Opfern" (oder waren es vielleicht nur "Begegnungen"?) Akten anlegte und sie zu richten schien.
Er gab sich allem Anschein nach Mühe, wenig bedrohlich zu wirken - war manchmal sogar beinahe verspielt. Doch dann gab es da noch die andere Seite und ich wusste, dass diese ihre Aufgabe erledigen würde. Komme, was wollte. Blieb die Frage, wer hinter der ganzen Sache steckte. Wer war der Auftraggeber und warum? Wer steckte hinter "X"?
Doch jedes Mal, wenn ich mir darüber Gedanken machte, schien mein Verstand zu streiken. Als wolle er mich vor einer Erkenntnis schützen.
So war E.C.H.O. mir nach wie vor ein Rätsel. Wie schon auch Silas. Auch er war schweigsam, schwer zu greifen. Doch im Gegensatz zu E.C.H.O. hatte er keine Maske getragen. Man hatte immer gewusst, wer da vor einem stand. Bei Echo bleibt die Frage: Wer ist er wirklich hinter dieser Maske?
Beide hatten aber etwas Geheimnisvolles und gaben uns Rätsel auf. Jeder auf ihre Art.
Es waren Zeiten wie diese, in denen ich Silas so unendlich vermisste. Was hätte er von E.C.H.O. gedacht? Und umgekehrt, wie hätte dieser auf Silas reagiert?
Hätte Silas ihn mit dem Besen aus dem Camp gejagt oder hätten sie gemeinsam am Lagerfeuer mit einem Teddybären gesessen?
Es hatte damals lange gedauert, bis der Stille bei uns angekommen war. Ob Echo denselben Weg sucht, weiß ich nicht. Will er etwas wiedergutmachen? Sich rehabilitieren? Oder ist es für ihn nur eine Gelegenheit, näher an jene heranzukommen, die er eines Tages vielleicht zu seinen Opfern zählt?
Wir grillten, wir teilten die Mahlzeit. Aber innerlich blieb die Warnung: Wir mussten vorsichtig sein.
Auch wenn er uns geholfen hatte und ich jederzeit bereit war, ihm zu helfen, umgab ihn etwas, das mich immer wieder frösteln ließ und es kostete mich Überwindung, ihm gegenüber offen zu herzlich zu bleiben.
Aber nichts anderes wollte ich sein, denn noch hatte er sich uns nicht anders offenbart.
Schließlich verließ er uns wieder und fuhrt in Richtung Osten.
Aus Elektrozavodsk hörten wir bald darauf weitere Schüsse. In den Akten steht, dass E.C.H.O. beschossen wurde – wohl von @itssniper (Spacey). Der junge Engländer bestritt es zwar, doch E.C.H.O. ließ das nicht auf sich sitzen und jagte ihn. Unterdessen grillte einer unserer Samariter in aller Ruhe ein Schaf im dortigen Camp, als sei nichts gewesen – Alltag und Attentat, wieder einmal Seite an Seite. Nur ein paar hundert Meter entfernt. Am Camp selbst blieb es ruhig, abgesehen von einem roten Sarka, der durch die Gegend fuhr, und zwei Gestalten, die sich schleichend durch die Straßen von Elektrozavodsk bewegten. Es waren Crippsy und bored.games.geek – Freunde, keine Feinde. Spacey war vorerst in Sicherheit.
E.C.H.O. am Camp
🌘 Zum Schluss
Es war, wie gesagt, ein Tag voller Widersprüche: Gesänge, die im Nichts verhallten. Tomatenpflanzen, die Erinnerungen weckten. Junge Überlebende, die spielten, wo andere gestorben waren.
Ich weiß nicht, wie ich all das deuten soll. Aber ich weiß, dass ich festhalte an Würde und Achtung, an Menschlichkeit und Freiwilligkeit. Dass ich helfe, wo ich kann – auch wenn das bedeutet, wieder einmal zwischen den Welten zu stehen.
In diesem Sinne: Passt auf euch auf und bleibt am Leben.
gez.
Herz-Aus-Gold 💛