💌 Herzensgrüße vom 17.07.2025 – Conquest of Paradise

Hallo ihr Lieben,
es fällt mir schwer diese Zeilen zu schreiben. Nicht viel ist passiert an diesem Tag, aber was passierte sitzt noch immer tief und lastet schwer auf meinen Schultern.
Etwas bewegt sich. Etwas, das wir nicht aufhalten können.
🔥Tödliche Schüsse bei Tisy
So sehr ich mir gute Neuigkeiten wünsche, ich muss mit einer traurigen Nachricht beginnen.
Es fing harmlos an. Wie jeden Tag, wie immer.
Bitwalker kümmerte sich allmorgendlich rührend um das Camp. Das Essen wurde aufgefüllt, Kleidung und Rucksäcke waren reichlich vorhanden. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich die Arbeit der Berezino-Boys am Camp schätze und mich nicht genug bedanken.
Jedenfalls stieß er bei seiner Routinekontrolle am örtlichen Brunnen auf einen Überlebenden, den Aussagen des Seniors nach "ein ziemliches Bambi". Der Senior begann mit dem Fremden zu reden und er stellte sich als Nousen (Tobi) vor. Sofort sagte ich, dass ich ihn kenne. Wir waren uns ja schon ein paar Mal in Prigorodki begegnet und hatten uns dort getroffen.
Chancenlos. Das Wort beschreibt den Vorfall ganz gut. Nousen (Tobi) hatte sich ins Militärgebiet bei Tisy gewagt und einen hohen Preis dafür gezahlt. Wie er Bitwalker berichtete. Ja, wir alle wissen wie gefährlich der Norden - insbesondere die Militäranlagen sein können. Dennoch weigere ich mich, das Sterben hier als selbstverständlich hinzunehmen. Man hat immer eine Wahl. Egal, wo man sich gerade aufhält. Und in diesem Fall hat sich Nousen (Tobi) s Mörder für den Kopfschuss entschieden.
Hätte er anders handeln können? Es war gefährlich. Es war eine Frage von "du oder ich". Er hatte sich für sich entschieden, wie die meisten. Und tief im Innern fragte ich mich, ob ich in seiner Situation nicht auch geschossen hätte.
🔓Ein Berezino-Boy als Panzerknacker
Längst nicht so gefährlich war ein Unterfangen von @Bitwalke, das dreistellige Zahlenschloss der Gemeinschaftsgarage beim Camp zu knacken. Ihr erinnert euch? Jemand hatte es aufgebrochen bzw. vermutlich sogar das Schloss geknackt... ja ich gebe zu, unser Code war nicht gerade einfallsreich. Aber was sollte man bei einer Gemeinschaftsgarage auch anderes wählen? Es musste für alle verständlich und nachvollziehbar sein. Nun gut, der Schaden war angerichtet, jemand anderes hatte sich in der Garage eingenistet. Mit Geduld und Akribik ging er eine Kombination nach der anderen durch, bis endlich das erhoffte "Klick" zu hören war. Ich hörte ihn ihm Funk jubeln.
Allerdings war der Inhalt der Garage wenig überraschend: Ein Unterstand und ein paar Werkzeuge. So ganz verstanden wir nicht, warum jemand sich ausgerechnet dort niederlassen wollte, wo doch die beiden Schuppen am Camp stets voll mit Werkzeugen waren. Frei nach dem Bereboy-Motto: "Wenns beschädigt ist, brauchen wir's so schnell wie möglich auf." Sie hatten ihr eigenes System und waren da wirklich gut darin.
Nein, ich verstand einfach nicht warum jemand die Gemeinschaftsgarage aufbrach, nur um dann einen Unterstand mit diesen Dingen aufzubauen. Innerlich wünschte ich mir, dass sich der Fremde bei mir melden würde. Es gab so viele schöne Orte für einen Unterstand, es musste nicht unbedingt direkt beim Camp sein. Vor allem, dass die Gegend auch sehr sehr gefährlich geworden war.
Aber so hatte sich zumindest das Problem gelöst. Bitwalker brachte ein neues Schloss an und sicherte die Sachen des Fremden.
🪓Spenden vor der "Rostigen Axt"
Gönnerhaft hatte sich auch jemand bei der "Rostigen Axt" verhalten. Ein vorbeiziehendes Bambi spielte mir folgende Aufnahmen zu und berichtete erfreut, dass jemand so großzügig war, Pilze, eine Cargohose und Schuhe bei der Axt in einen Unterstand zu packen. Die Reisende freute sich über die Gaben und ich fragte mich, wer da den Unterstand befüllt hatte. Cargohose, Schuhe und vor allem: Pilze. Irgendwie schrie das alles nach Cone, aber es konnte auch ein Zufall sein. Wer auch immer es gewesen war, ich dankte ihm im Stillen.
Es fällt mir schwer, in Prigorodki den Überblick über alle Spenden zu behalten, aber jemand hatte auch ein Tarnnetz und Nägel gespendet. Auch hier hatte ich keine Ahnung, von wem die Sachen stammten aber ich hoffte, dass mein Dank die Person auch auf diesem Wege erreichen würde.
🚧Operation "Exodus"
Nach meiner morgendlichen Runde begab ich mit in den Funkkanal und tauschte mich mit den anderen aus. Bitwalker und Ersetzbares Crewmitglied gingen nach Gorka zu den Überresten der Enklave der Kirche von Morthana. Nach dem letzten Angriff durch eine Gruppe mit weißen Armbinden vor zwei Tagen waren noch immer zwei LKW in der Scheune gestrandet. Die beiden verbrachten den restlichen Vormittag und einen großen Teil des Nachmittags damit, LKW Reifen zu suchen und die Gefährte wieder in einen fahrbereiten Zustand zu versetzen. Operation "Exodus" nannte ich das Unterfangen im Spaß.
Aber so ganz war das Schicksal ihnen nicht gewogen, denn bei einer ihrer Lieferfahrten mit Reifen zur Scheune gerieten sie in eine unsichtbare Gaszone. Ersetzbares Crewmitglied schrie im Funkkanal, Bitwalker solle umdrehen. Sie schaffte es gerade noch aus dem Neben und verband sich. Für den Berezino-Boy kam jede Hilfe zu spät. Er kam zwar aus der Gaszone, aber hatte isch bereits mit der Giftgaskrankheit infiert. Ihm drohte ein schreckliches Schicksal, doch ich behielt die Nerven und insturierte Ersetzbares Crewmitglied über Funk: "Sueda, das Blut! Denk an das Blut!"
Und als sie in Sicherheit waren, verabreichte sie ihm eine Bluttransfusion. "Bestes Herzblut", scherzte sie. Schon bald ging es dem Berezino-Boy merklich besser und er war geheilt. Die beiden mussten jedoch noch die Nacht vor der Zone verbringen und abwarten.
Fast durch das Gas dahingerafft war der Berezino-Boy Senior aber schnell wieder auf den Beinen und im Morgengrauen ging die Aktion weiter. In Gorka selbst traf Ersetzbares Crewmitglied auf Irina Zamenova , die wohl zufällig in Gorka gewesen war, als er Überfall auf die Kirche stattgefunden hatte. Sie übergab Sueda eine Kiste mit Habseligkeiten des Erzbischofs und half beim Abbau einiger Wände und Stämme, ehe sie sich wieder in den Schatten des Waldes zurückzog. Viel sagte sie nicht, aber sie packte mit an. Warum, das kann ich nur mutmaßen. Vielleicht fehlte ihr einfach eine Aufgabe.
Dann, nach getaner Arbeit, kamen neben dem Erzbischof auch noch Mitglieder anderer Gruppen hinzu und packten tatkräftig mit an. Sie alle hatten Mitleid mit dem Schicksal der Kirche und auch wenn sie teilweise skeptisch gegenüber ihren Ritualen und den Gerüchten waren (so geht es mir ja auch), waren sie alle bereit zu helfen. Man stand zusammen gegen einen vermeindlichen Gegner.
Ersetzbares Crewmitglied begegnete auch einer Ordensschwester bzw. Akolytin namens Schwester Yeva. Es scheint, als sei der Orden doch größer, als ich angenommen hatte. Als alles gepackt war, bewegte sich ein Konvoi aus Ada, zwei Sarkas und zwei LKW an der Küste entlang. Ich funkte HC_GraveDiggers Freund Daniel an, dass gerade eine große Gruppe durch Berezino fahren würde und er sich nicht wundern solle. Das
Letzte, was sie nun gebrauchen konnten war, dass es eine Schießerei gab.
Mit bedächtiger Hand setzte Erzbischof vonBausch und Schwester Yeva ihre LKW in Bewegung. Der rote Sarka wurde vom Erzbischof Nickolus ( Nickel) persönlich gefahren, den gelbe Sarka der Kirche fuhr @Cala-Ja, der sich als Umzugshelfer anbot. Auch er hatte Mitleid mit dem Schicksal der Kirche, zumal er ja selbst vor kurzem geraided worden war. Der Konvoi machte ordentlich Fahrt, die Laune war gut.
Es muss ein merkwürdiger Blick gewesen sein, wie eine Schlange aus Fahrzeugen die Küstenstraße entlangraste.
Was dann passierte, war irgendwie klar: Mitten in Berezino kam der erste Crash.
Ein Knall, ein Aufprall und jede Menge Rauch, der aus dem Motor des LKW von vonBausch aufstieg, begleitet von einem dumpfen Stöhnen der Maschine, die den Dienst verweigerte.
Die Situation war klar: Der LKW war hinüber. Die Gruppe sprang sofort in Aktion. Kisten wurden geschleppt, Baumaterialien gerettet, Rucksäcke neu gepackt. Was ich vom Funkkanal aus mitbekam war chaotisch, aber irgendwie wohl auch geordnet.
Doch dann fiel ein Satz, beiläufig fast, der mir einen kalten Schauer über den Rücken jagte: „Was ist eigentlich in den Kisten da hinten?“ Die Antwort blieb aus – oder wurde bewusst vage gehalten. „Fragwürdiger Inhalt“, hatte Sueda mir zuvor gesagt. Mehr nicht. Allerdings war mir klar, was das bedeutete.
Aber wer war ich, die Gewohnheiten anderer zu hinterfragen, wenn ich selbst versuchte, mit meiner eigenen Geschichte klarzukommen?
Ganz langsam ging es dann weiter und die Karawane nahm mit einem LKW weniger wieder Fahrt auf. Je weiter sie in Richtung Süden kamen, desto schneller schienen sie zu fahren. Ersetzbares Crewmitglied war in Berezino geblieben, um dort nach dem Rechten zu sehen.
Irgendwo dann zwischen Nizhnoye und Solnichniy kam der Wendepunkt. Ich fragte beiläufig im Funkkanal, was die Gruppen denn tun würden, wenn sie einem Bambi begegneten. Der Anblick der ganzen Autos musste wirklich beeindruckend sein und lockte bestimmt Schaulustige auf den Plan.
Nun, kaum hatte ich meine Frage ausgesprochen, bekam ich die Antwort. Ich weiß nicht genau, wie es gewesen ist. Ich hörte, wie einer aus der Gruppe versuchte, freundlich zu grüßen. Dann ein entsetzter Schrei, ungläubiges Gelächter und ein verlegendes Eingeständis. Der Fahrer des roten Sarka hatte ein Bambi überfahren. Einfach so.
Sofort zuckte ich zusammen. Lachen folgte, kurz, nervös, ungläubig. Dann das verlegene Eingeständnis: Der Fahrer hatte ein Bambi überfahren. Einfach so.
Ich blieb stumm.
In mir rang alles.
Ich wusste, wie gefährlich Bambis für Autos sein konnten – ich hatte es selbst erlebt, vor wenigen Wochen, als mich ein Fremder heimtückisch im Auto abgeschossen hatte. Auch ich hatte Angst gehabt. Ich konnte also nachvollziehen, dass Panik manchmal schneller war als der Verstand. Und doch… ein Leben?
Die Mission sei zu wichtig gewesen, sagten sie. Er sei nur ohnmöchtig. Es war ein Unfall gewesen, sagten andere. Und doch – am Steuer saß ein Geistlicher, ein Mann, der sich auf die Worte der Erlösung berief – und nun stand da dieser stille Fleck Erde, wo ein Mensch hätte leben können. War das die Art von Erlösung, die die Kirche von Morthana bringen wollte?
Peinlich berührt versuchte ich herauszufinden, wer das fremde Bambi gewesen war. Auf meine Nachfrage meldete sich HC_GraveDigger. Ausgerechnet einen der beiden Daniels, die ich noch versucht hatte zu warnen, hatte es erwischt. Und wieder war jemand gestorben, nachdem ich eine Warnung ausgesprochen hatte. Wie viele würden noch folgen?
Seitens der Kirche wurde mir zugesichert, dass man sich dazu noch äußern würde. Und ich hoffte, dass sie es tun würden. Nicht mit den üblichen Rechtfertigungen, sondern mit ehrlicher Reue.
Jedoch fragte ich mich innerlich: Was, wenn die Kirche eben doch genau so war? War mein Bild einfach falsch und verklärt gewesen? Oder hatte ich doch Recht, wenn ich an das Gute in Erzbischof Nickolus ( Nickel) und Erzbischof vonBausch glaubte?
Als im Funkkanal jemand fragte: "Herz... was sagst du eigentlich dazu?" schwieg ich.
Ich schwieg, weil ich wusste: Dieser Fehler wog schwerer als ein ganzer Konvoi voller Vorräte.
Und weil ich spürte: Dieses Schweigen war notwendig. Um zu prüfen, ob sie es selbst würden durchbrechen können.
Und so war aus dem "Exodus" ein "Exitus" geworden. Auf die eine oder andere Art.
Reue empfand sogar ich und bot HC_GraveDigger eine Wiedergutmachung an. Das was geschehen war, war nichts, für das wir Samariter standen und ich fühlte mich schuldig.
Hatte ich durch meine Warnung den Tod Daniels verschuldet, obwohl ich eigentlich das Gute hatte tun wollen?
Jedenfalls würde ich zu meinem Wort stehen, aber es würde noch etwas dauern, bis ich wieder in ihrer Gegend war.
Am Ende kamen alle Autos wohlbehalten am Ziel an und die Kirche konnte ihre neue Heimat beziehen.
👕Ein Tausch mit Tobi
Den Abend verbrachte ich in Prigorodki und traf dort auf Nousen (Tobi). Er gab mir ein Nachtsichtgerät und ich versprach, ihm dafür eine Plattenweste zu beschaffen.
Für das Gerät war ich dankbar, denn meine Jungs freuten sich bestimmt auch darüber. Oder Sueda.
Auch Silas hatte wieder eines Kunstwerk hinterlassen. Leider hatte ich ihn nicht getroffen, ich glaube seine Stille hätte mir gut getan.
🌅 Zum Schluss...
Ich glaube, manchmal ist es nicht der Knall, der uns aus dem Gleichgewicht bringt – sondern das Echo danach.
Die Stille, wenn niemand mehr spricht.
Das Gewicht eines Schreis, den niemand zurückholen kann.
Es war der Moment, indem das Bambi überfahren wurde.
Und während in Gorka Schutt geschleppt und in Chernogorsk Pilze gespendet wurden, während wir lachten, fuhren, bauten und heilten, geschah etwas, das sich nicht ungeschehen machen lässt.
Vielleicht ist „Exodus“ doch nicht der Aufbruch, sondern die Prüfung.
Vielleicht zeigt sich wahre Erlösung nicht in großen Worten, sondern darin, wie wir mit unseren Fehlern umgehen.
Ich weiß es nicht. Noch nicht.
Aber ich weiß: Ich werde weiter zuhören. Weiter schreiben. Weiter hoffen.
Sofern unsere Handlungen Spuren hinterlassen, führen sie vielleiht am Ende doch zu einem Ort, an dem wieder jemand sagen kann: „Hier bin ich sicher.“
In diesem Sinne: Bleibt am Leben und passt auf euch auf.
gez.
Herz-Aus-Gold 💛