Tagebuch eines Samariters in Chernarus
„Wenn wir überleben wollen, muss der Traum weiterleben.“
⚠ Hinweis: ⚠
Dieses Buch behandelt dem Umgang mit Krankheit, Depressionen, Suizid und verwendet verbale Kraftausdrücke. Wenn du auf derartige Themen sensibel reagierst, lies diesen Eintrag vielleicht lieber mit einer vertrauen Person, mit der du das Lesen auch unterbrechen kannst, um dich über das Gelesene auszutauschen oder lies einfach nicht weiter.
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Das Tagebuch hier im Forum beginnt im April 2023. Wer noch etwas mehr lesen möchte, kann dies online tun. Dort habe ich die fehlenden Einträge seit März nachgetragen und nun kann man die GANZE Geschichte lesen. Leider konnte ich aufgrund der Zeichenbegrenzung im ersten Post nichts mehr einfügen, aber hier findet ihr nochmals alles in leserlicher Form online:
ZitatTauche ein in die fesselnden Geschichten und Erlebnisse der Samariter von Chernarus, die seit 2016 als Helfer und Retter in Chernarus aktiv sind. Sie haben eine Mission, Menschen zu helfen und eine Oase der Sicherheit inmitten des Chaos zu schaffen. Erfahre mehr über ihre Begegnungen mit anderen Überlebenden, ihren Herausforderungen und ihren unermüdlichen Einsatz, um etwas Menschlichkeit in der Apokalypse zu verbreiten und den Traum am Leben zu erhalten.
Bereite dich darauf vor, in eine Welt voller Überlebenskampf, Freundschaft und Verrat einzutauchen. Werde Teil der Geschichte und erlebe unvergessliche Abenteuer in einer Welt, in der jede Handlung über Leben und Tod entscheiden kann.
--> Das Tagebuch eines Samariters in Cheranrus Band 1: Prigorodki bei Heyzine.com
Oder für den heimischen Reader zum Runterladen:
Über Kommentare, Anregungen und Rückmeldungen freude ich mich natürlich. Vielen Dank euch allen!
18. April 2023 - Vandalismus
April… es muss April sein. Bei diesem Mistwetter.
Ich wache am späten Nachmittag auf. Es muss den ganzen morgen durchgeregnet haben, das Gras ist feucht, aber die Sonne kommt endlich etwas hervor. Viel zu lange habe ich in meiner kleinen Hütte geschlafen. Meine kleine Hütte, meine Zuflucht. Wie viele Tage ist es schon her, seit es mich hierher in den kleinen Vorort von Chernogorsk verschlagen hat? Prigorodki, der Vorort.
Für uns seit einigen Monaten mehr ein Zufluchtsort vor der hektischen Großstadt. Wer hätte gedacht, was sich in dieser Zeit so alles entwickeln würde. Aus dem kleinen Unterstand am Brunnen wurde ein stattliches kleines Bambi-Auffanglager mit Feldern, Werkzeugschuppen, Küche und natürlich Unterständen voller nützlicher Dinge. Nichts Besonderes, aber das, was man als Überlebender an der Küste in seinen ersten Stunden so benötigt. Eben ein kleines Stück Menschlichkeit in dieser grausamen postapokalyptischen Welt; Unser Traum von einer besseren Welt, von Mitgefühl, Zusammenarbeit und Menschlichkeit.
Der Traum… auf gewisse Art und Weise, teilen viele hier diesen Traum. Jeder auf seine Weise und jeder packt kräftig mit an. Man kommt ins Gespräch, tauscht Geschichten aus, hilft sich und ist einfach froh, Gleichgesinnte zu treffen. Gemeinsam lachen und weinen. Das tut gut in der oft so einsamen Welt. Dennoch bleibt natürlich ein Risiko. Jeder Kontakt, egal ob bewusst oder unbewusst kann tödlich sein. Aber wir halten an dem Traum fest und freuen uns über jeden, der unser Lager in der Not erreicht und Hilfe findet.
Ich schweife ab, oder? Nun, noch ist von meinem Team keiner zu sehen und ich versinke in Gedanken. Aber es wird Zeit, aufzubrechen. Nachdem ich meine Vorräte überprüft habe, verlasse ich meinen Zufluchtsort und mache mich ins Auffanglager auf. Schon von Weitem grüßen mich die braunen Zeltplanen der Unterstände am Brunnen. Alles sieht ruhig und friedlich aus.
Doch wie so oft, trügt der Schein. Während ich mich von den Strapazen der vergangenen Tage in meiner Hütte erholt hatte, muss jemand im Lager gewesen sein, denn schon als ich es betrete wird dies deutlich: Vor dem Brunnen liegen verschiedene Rucksäcke. Arglos in der Gegend herumgeworfen. Der Medizinunterstand wurde ebenfalls massiv geplündert. Bandagen, Medikamente… jemand hatte es wohl dringend nötig, sich die Taschen vollzustopfen. Auch in Sachen Bekleidung fehlten einige Militärwesten. Soweit so gut. Die Bambis könnte doch wirklich etwas Ordnung im Lager halten. Aber warum sind überall Sachen verteilt? Es wirkt fast so als ob… ich stocke, ringe nach Atem. Es war jemand im Lage, der wollte, dass Dinge verschwinden.
Meine Befürchtungen bestätigen sich, als ich in den Werkzeugschuppen gehe. Auch dort fehlen wichtige Werkzeuge. Als ich die Küche betrete ist der Schock komplett. Aus der Feuerholzkiste wurden Feuerzeug und Streichhölzer genommen, die Essenskiste wurde komplett geplündert. Inklusive der Kiste! Respektlos wurden einige geräucherte Hähnchenbrustfilets einfach auf den Boden geworfen. Die zweite Kiste mit den Kochtöpfen fehlt ebenfalls. Schnell wird mir klar: Das kann keine einzelne Person gewesen sein und es steckte wohl ein Plan dahinter. Das von den beiden einsamen Wölfen Max und Kevin gesponsorte Zelt wurde ebenfalls abgebaut und etwas weiter am Wegrand platziert. Alle Gegenstände demonstrativ im Garten verteilt; ein Anblick der Verwüstung und puren Ignoranz gegenüber dem, was wir hier tagtäglich unter dem Einsatz unseres Lebens auf die Beine stellen wollen. Diese Ignoranz schmerzt, aber nach den letzten Jahren, in denen ich schon als Samariter in Chernarus unterwegs war weiß ich, dass aufregen nichts bringt. Im Gegenteil. Vermutlich wollten die Fremden damit ein Statement setzen. Sich groß fühlen. Aber was ist schon dabei, ein Geschenk unter einem Weihnachtsbaum zu rauben?
Es scheint wohl wirklich so zu sein: Viele Menschen sind einfach nicht in der Lage, Güte und Gnade anzunehmen. Entweder wollen sie etwas dafür tun oder aber – wie in diesem Fall – sich beides gewaltsam nehmen und dem Geber noch dreist ins Gesicht lachen. Bitteschön. Nur, weil da draußen sich einige wie die buchstäblichen Arschlöcher – verzeih die fäkale Wortwahl, aber in diesem Fall ist sie einfach passend und angemessen – aufführen, werde ich nicht selbst zu einem.
Ich packe also alles zusammen, bete um innere Gelassenheit und gebe einen Funkspruch an mein Team heraus. Zunächst versuche ich erst einmal Ordnung ins Chaos zu bringen und mache eine Bestandaufnahme. Über Funk meldet sich auch Ravini aus Chernarus. Unser lieber Farmer, der gerade mal wieder auf Tour ist. Auch ihm hatte das Schicksal gestern übel mitgespielt und für einige Minuten tut es einfach gut, jemanden zum Reden zu haben, während ich die kargen Überreste des Lagers zusammensuche. Unglaublich, wie viel Böswilligkeit mir da entgegenschlägt. Jedes Hemd, dass ich einsortiere, jede Kiste, die ich neu befülle. Alles scheint mir ins Gesicht zu lachen und zu sagen: „Mann bist du doof, dass du das immer wieder machst!“. Tapfer halte ich dagegen. Der Traum darf nicht sterben. Jemand muss anfangen und einen Unterschied machen. In diesem Fall sind wir es.
Etwas später trifft schließlich Hikaru ein, die meinem Funkspruch gefolgt ist. Gemeinsam beschließen wir, uns in die Stadt vorzuwagen und die Vorräte aufzufüllen. Dabei bekommen wir mehr oder weniger moralische Unterstützung von einem jungen Hüpfer aus Cherno, der sich aus seinem warmen Nest über Funk hier und da einschaltet und natürlich von Jammet, unserem Backup und Scout, der uns gegen die Zombies etwas Schützenhilfe leisten möchte.
Allerdings nicht, um uns noch eine weitere Hiobsbotschaft zu übermitteln: Vor lauter Regen und in der Eile hatte ich es nicht gesehen, aber die Vandalen haben doch tatsächlich neben Zelt, Kisten und Waren auch unsere Fahne mitgenommen. Daher also dieses komisch Gefühl, das ich die ganze Zeit hatte. Dies trifft mich persönlich sehr hart, denn sie war für mich so eine Art Symbol für das Lager geworden. Das lustige Bambi, das so freundlich im Wind tanzte, ist nun fort. Ich fasse es nicht und ich spüre eine Wut in mir aufsteigen. Zum Glück habe ich gute Freunde, die mich in dieser Laune aushalten und nachdem sich der erste Zorn über diesen weiteren Schlag ins Gesicht gelegt hat, wird mein Geist wieder klarer. Die Tatsache, dass ich das Fehlen der Fahne nicht selbst bemerkt hatte, zeigt mir rückblickend auch, dass es auf die Fahne gar nicht ankommt. Nein, es geht nach wie vor um die Sache und auch wenn es schade ist, dass nun kein Bambi mehr am Fahnenmast weht, geht das Leben im Camp doch weiter.
Und genau darum machen Hikaru, Jammet und ich uns erneut auf den gefährlichen Weg nach Cherno. Bei einer großen Bushaltestelle gerät Hikaru plötzlich stark in Bedrängnis. Drei Zombies sind einfach zu viel auf einmal. Mit letzter Kraft schafft sie es, noch einen mit dem Baseballschläger niederzuschlagen, verliert dann aber gleich darauf das Bewusstsein. Entsetzt laufe ich zu ihr und zücke meine Waffe. Die Zombies stürmen auf mich zu und mir wird stellenweise schwarz vor Augen. Meine Handschuhe klammern sich fest um das harte Stahl, als ich auf die beiden anderen Zombies feuere. Wieder und immer wieder. Ich hasse Waffen, aber manchmal geht es einfach nicht ohne. Schnell liegen sie vor mir auf dem Boden und ich beuge mich über Hikaru. Alle meine Ansprechversuche schlagen fehlt. „Nein!“, denke ich bei mir, „Nicht du auch noch!“.
Der harten Realität zum Trotz setze ich beherzt zur Druckmassage an. Wieder und immer wieder flehe ich Hikaru an, zu atmen. Das Stöhnen und Grölen einiger nahen Zombies in meinen Ohren.
Nach einigen Sekunden, die mir wie eine Ewigkeit vorkommen, öffnet sie endlich ihre Augen und setzt sich keuchend auf. Sie lebt! Doch die Freude währt nicht lange, schon stürmt der nächste Zombie auf uns zu. Ironischerweise in einer vollen Sanitätermontur. Die Apokalypse hat wirklich Humor. Ich ziehe instinktiv meine Waffe und drücke ab. Getroffen. Mit etwas Kochsalzlösung geht es Hikaru auch gleich schon wieder besser und ich selbst benötigte etwas von meinem eigenen Blut, um die Welt wieder klar zu sehen.
Aber wo bleibt Jammet? Nach Rücksprache über Funk stellt sich heraus, dass er sich an einer anderen Bushaltstelle aufhält und nachdem wir unsere Positionen abgeglichen haben, treffen wir uns dann endlich an der Klinik wieder.
Dort nehmen wir erst einmal so viele Medikamente und Bandagen mit, wie wir tragen können und auch in der Polizei findet sich die ein oder andere Stichschutzweste, die unser Auffanglager sicher gut ergänzt. Alles, was wir an Nahrung finden, wandert ebenfalls in meine „Einkaufstasche“. Manchmal mach Bummeln in Cherno auch Spaß. Das Schicksal meint es wirklich gut. Es ist fast so, als wolle es den erlittenen Schaden wieder gut machen. Zumindest gefällt mir der Gedanke.
Zurück am Bambi-Auffanglager bauen wir erst einmal eine neue Kiste für das Essen auf und bringen unsere gesammelten Vorräte dort unter. Wir bestellen wieder alle Felder und das Lager ist somit wieder einsatzbereit.
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Etwas später stoßen Kanu und s-tlk zum Lager und Tabasko aus Cherno schaltet sich gemeinsam mit Wolfgang über Funk zu uns. Es wird spät. Eigentlich hatten wir geplant, eine Zweigstelle in Form eines Bambi-Auffanglagers zu errichten, aber nun hissen wir erst einmal eine provisorische Fahne, die Kanu mitgebracht hat. Lustigerweise steht in großen Lettern nun „Refuge“ über unserem Lager. Auch irgendwie ganz passend.
Nachdem wir einige Zeit damit verbracht haben, die notwendigen Werkzeuge und Zeltplanen zusammenzutragen, fährt Tabasco mit seinem roten Sarka vor. Schon von Weitem sieht man, dass dieses Auto viele Geschichten zu erzählen hat und so manche Delle von seinen Abenteuern zeugt. Ich beschließe, mit ihm und s-tlk vorzufahren und die Werkzeuge mitzunehmen. Kanu und Jammet fahren mit dem Bambi-Mobil hinterher und füllen unterwegs die Kisten an der Küste wieder mit Nahrung auf. Wir haben das Bambi-Auffanglager kaum verlassen, als s-tlk schreit, Tabasko solle anhalten. Er habe eine Kiste gesehen. Gesagt getan und tatsächlich: Vermutlich hat einer der Vandalen die Kiste nicht mehr weitertragen wollen und sie einfach am Straßenrand abgestellt. Leider stellt sich die Kiste als Leer heraus, aber sie wird gleich für die neue Station in den Sarka gepackt. Weiter geht die wilde Fahrt, als sich der Sarka plötzlich auf gerader Strecke überschlägt. In einer Tanne kommen wir zum Stehen und Kriechen aus dem Auto. Entweder ist es pures Glück, Schicksal oder mein Helm hat mich geschützt, aber wie durch ein Wunder sind wir alle drei unversehrt. Nur das Auto liegt erst einmal auf dem Dach. Mit vereinten Kräften schaffen wir es, das Auto umzudrehen, allerdings steckt es im Baum fest. Wie gut, dass da die Nachhut im roten Bambimobil ankommt. Ich war noch nie so froh, den guten alten Gunter zu sehen. Kanu schiebt behutsam den roten Sarka aus dem Baum und weiter kann die Fahrt gehen.
Auf dem Weg nach Solnichniy sehen wir schon die erste Bambi-Leiche auf der Straße. Welches Schicksal den Armen ereilt haben mag? Es gibt jedenfalls keine Anzeichen für Schussverletzungen, aber wir sind vorsichtig. Ja, dies scheint ein guter Ort für ein Auffanglager zu sein.
Kaum haben wir alles ausgeladen, beginnt auch schon die Arbeit. Tabasco fährt weiter seiner Wege und s-tlk hilft mir beim Aufbau des Lagers aus Zeltplanen und Leder. Auch einen kleinen Fahnenmast stellen wir auf, den eine frisch gefundene DayZ-Fahne ziert. Somit ist auch von der Straße klar, dass sich hier ein Zufluchtsort befindet. Nach getaner Arbeit wird es schließlich dunkel und wir beschließen, zurück nach Hause zu fahren.
Dort angekommen wird klar, dass wir wieder Besuch hatten. Allerdings muss es dieses Mal ein dankbares Bambi gewesen sein, einige Kürbisse wurden geerntet und verspeist. Offenbar hat sich jemand darüber gefreut. Die Mühe hat sich gelohnt.
Müde schleppe ich mich in meine Hütte und lasse den Tag nochmals Revue passieren.
Es ist klar, dass wir in dieser neuen Welt, die von Chaos und Unsicherheit geprägt ist, nicht jedem blind vertrauen können. Wir müssen vorsichtig sein, unsere Ressourcen schützen und uns gegenseitig unterstützen, um zu überleben.
Trotzdem lassen wir uns nicht von unserem Weg abbringen. Wir helfen weiterhin anderen Überlebenden, die zu uns kommen, mit medizinischer Versorgung, Nahrung, Wasser und Unterkunft. Wir tauschen Geschichten aus, teilen Informationen über gefährliche Gebiete und helfen uns gegenseitig, bessere Überlebensstrategien zu entwickeln. Gemeinsam sind wir stärker.
Es gibt auch gute Tage. Tage, an denen neue Überlebende zu uns stoßen, die unsere Werte teilen und bereit sind, sich an unserer Gemeinschaft zu beteiligen. Wir arbeiten zusammen, um das Lager weiter auszubauen, neue Felder anzulegen, Vorräte zu sammeln und Werkzeuge zu reparieren. Es ist ein hartes Leben, aber es ist erfüllend, zu wissen, dass wir anderen Menschen helfen und ihnen Hoffnung geben können.
Ich führe mein Tagebuch und notiere meine Erfahrungen. Es hilft mir, meine Gedanken zu sortieren und meine Motivation aufrechtzuerhalten. Trotz der Rückschläge und Herausforderungen, denen wir begegnen, bleibe ich optimistisch. Ich glaube fest daran, dass der Traum von einer besseren Welt weiterleben wird, solange es Menschen gibt, die bereit sind, sich füreinander einzusetzen und zusammenzuarbeiten.
Tag für Tag setze ich meinen Samariter-Dienst fort und tue mein Bestes, um anderen zu helfen. Ich weiß, dass es nicht einfach sein wird, aber ich werde nicht aufgeben.
Denn inmitten der postapokalyptischen Welt von Chernarus ist Menschlichkeit und Mitgefühl das, was uns am Leben hält. Der Traum muss weiterleben.