🖋️ Einsatzbericht Nr. 371 vom 22.07.2025 – Chernarus... du mieses Stück Dreck!
"Hallo, hallo...? Test, eins, zwei, drei – irgendwer noch da draußen, der zuhört?"
Was jetzt kommt, ist nicht schön. Nicht edel. Kein großer Sieg, kein Happy End.
Nein, das hier wird dreckig.
Und traurig.
Bitter wie eine dieser unbekannten Konservendosen. Und es macht genauso krank.
Ha!... ich liebe diese Metapher. Langsam hab ich den Dreh raus.
Das Ding ist: Du isst sie, weil du nichts anderes hast, aber du weißt dass sie dich unweigerlich krank machen wird.
Gneau wie diese Nachricht.
Nein es sind nicht wieder Kugeln in Prigorodki geflogen. Weit gefehlt!
Da war es heute verhältnismäßig ruhig,
Nein, dieses Mal kam die Bombe per Funk, per Brief... Die Nachricht sie war überall und in fast aller Munde.
Westwald.
Eine Leiche.
Silas.
Tot.
Zumindest behauptete man das.
Ja, richtig gelesen. Der schweigende Hausmeister mit dem Hang zum dramtischen Latein, unser Fels in der Funkstille.
Tot.
Für immer.
Da... jetzt ist es raus.
Und ich? Ich glaubte es erst, als ich die Bilder sah.
Aber von vorne.
🚔 Herz und Hainsi
Also gut. Es begann – wie so oft – mit einem Bambi.
Ein Unbekannter am Brunnen. Kein lautes Auftreten. Kein nervöses Um-sich-Schauen.
Einfach ein Mann, der aussah, als wäre er schon eine Weile unterwegs – aber noch nicht ganz fertig mit der Welt.
Ich machte mich bereit. Sicher ist sicher. Vielleicht ein Scout. Vielleicht einer von denen, die „nur mal gucken“ wollen – und dabei gleich das ganze Lager ausräumen.
janinesta (Selina) und Pinky kamen zum Brunnen von Prigorodki, Samariterin in Blau und ihre moralische Unterstützung mit blauem Armband. Ich sicherte die beiden vom Rohbau aus. Wie sich das gehört für ne ordentliche Campwache.
Aber nein. Es blieb ruhig und ich hatte alles im Blick.
Stellte sich vor: Hainsi.
Selina übernahm das Gespräch. Sachlich ruhig, einfühlsam. Als hätte sie nie was anderes getan.
Herz-Aus-Gold wäre stolz auf sie. Naja war sie später dann auch.
Und ich… ich beobachtete weiter. Fokus auf Bewegungsmuster. Aber nix. Keine falsche Bewegung. Nur dieser Hainsi, der höflich blieb. Abwartend. Kein Rumgeeiere.
Er stellte keine überflüssigen Fragen. Wollte nix „nur mal probieren“ wie ein gewisser Atze und ein gewisser Fabian.
Und das allein machte ihn schon fast schon verdächtig. Ich mein, ehrliche Leute in Chernarus sind doch fast schon ein Mythos.
Waren es die Nägel in ihrer Tasche oder die Nachricht von Hainsi, die sie zurück nach Prigorodki brachten?
Ich wusste es nicht, aber Herz beschloss ihre Reise für einen Augenblick zu unterbrechen und kam tatsächlich ans Camp zurück.
Sie tauschte ein paar Worte mit ihm.
Ihr Blick? Interessiert.
Ihr Tonfall? Offen. Aber nicht unvorsichtig.
Wenn Herz dir mehr als zwei Sätze sagt, ohne dich mit einem Begrüßungsteddy zu beschenken oder doch in Gedanken an einer ihrer Bluttransfusionen zu sehen, dann hast du irgendwas richtig gemacht.
Dann vermittelst du den Eindruck, du weißt was du da tust.
Hainsi war in der Tat ein netter Zeitgenosse. Ruhig, bedacht und irgendwie auf Anhieb sympathisch. Ich mochte ihn gleich und Pinky und Herz wohl auch.
Am Ende letzte sie ihre Nägel ab, wechselte noch ein paar Worte mit Hainsi und zog dann wieder los. Diesmal wirklich.
🔫 Dan - Neue Gesichter, alte Geschichten
Ich war gerade im Industriegebiet unterwegs – ein bisschen Patrouille, ein bisschen zielloses Herumstapfen, wie man das eben so macht.
Dann der Funkspruch von Pinky: „Da ist noch ein Bambi in Prigorodki.“
Ich also wieder umgedreht, Selina rückte aus. Klare Stimme. Englisch. Höflich.
Und bei mir schrillten alle inneren Alarmglocken.
Englisch... so sprachen ja auch die MISA-Leute. Und bei denen wusste man nie, was Phase war. Je nach Person, Tagesform und Umständen waren sie mal freundlich und hilfsbereit oder wahre Killermaschinen. Hatten Jammet und Black Lion ja schon ihgre Erfahrungen mit gemacht. Gut... man muss sagen, dass sie in den Camps immer höflich waren.
Die Betonung lag auf "IN" den Camps.
Ich blieb also wachsam. Waffe nicht ganz im Anschlag, aber sagen wir: bereit zum Überreden.
Der Fremde stellte sich vor als Dan. Und stellte gleich mal die Frage aller Fragen: „Is this your base?“
Base...
Ich musste lachen. Trocken. Lautlos.
"Base... my ass", dachte ich.
Das hier war kein Hochsicherheitsbunker. Das war ein verdammtes Auffanglager. Herz’ kleines Stück Utopie im Angesicht der Apokalypse.
Aber Selina nahm sich Zeit. Zeigte ihm das Lager, sprach ruhig und erklärte ihm alles.
Dan benahm sich. Und das war’s, was zählte.
Bis – ja, bis der Name fiel.
Er sei ein Freund von Lars.
Und da war es. Der Moment, in dem ich alles in mir gegen das Bedürfnis zusammenreißen musste, einfach direkt den Hügel runterzurennen und ihm eine moralische Vollbremsung zu verpassen.
Lars... wie in "Mosin Lars"?
Der Typ war eine Legende. Auf die eine oder andere Art.
Damals, nach einer Einführung von Bert [CIA] , dem Rheingauer! und Cala-j , war er bei seinen Freunden vorm Lagerfeuer in Prigorodki einfach eingeschlafen.
Drei Tage hatte er durchgepennt. Am Stück.
Der war so zu... ich sag's euch!
Herz hatte ihm später ihre Mosin gegeben – im Tausch gegen ein paar Nägel. Und glaubt mir, das macht sie sonst nie. Also Waffen an jemanden geben.
Aber bei ihm... da war was. Dieses „Der gehört zu dieser Waffe“-Gefühl.
Und so wurde aus Lars: Mosin Lars.
Süße Geschichte, oder?
Tja. Bis er mit seinen Kumpels die Base von Karotte und Cliffy (Cliffz) auseinandergenommen hat.
Und danach im Camp auf dicke Hose machte: „Ist mir egal, ob ich hier die Waffe ziehe. Dann killt ihr mich halt. Ich komme eh wieder an der Küste raus.“
Das war der Moment, in dem selbst Herz mal schluckte.
Dass die Campwache (ich) und die anderen Samariter nicht so gern auf Leute abknallten und er sie durch das Töten in einen moralischen Abgrund drängte, den sie keinesfalls hinabsteigen wollten... geschenkt.
Und als er dann später mit dem Visier vom Rohbau aus auf's Camp zielte… Nun ja. Ein anonymer Schütze hat ihn aus dem Spiel genommen.
Spoiler: Ich war's nicht. Auch keiner der anderen Samariter.
Aber irgendwer da draußen hatte die Schnauze von seinem voll gehabt.
Jaja, der Mosin Lars.
Der, der mir damals beim großen „Lass krachen in Elektrozavodsk“ mit der Shotgun von der Seite eine reindrückte und mich ziemlich hilflos aussehen ließ.
Natürlich nachdem ich ihm eine Waffe in die Hand gedrückt hatte, damit er schneller wieder aufs Schlachtfeld stürzen konnte.
Weil ich nett war.
Weil ich mal wie Herz sein wollte, nur für einen Moment.
Was daraus wurde?
Er schoss mich über den Haufen. Ronin schoss ihn anshcließend über den Haufen und Pinky schoss den dann im Reflex kaputt.
Sein anderer Kumpel, Stronghold, hatte vorher schon auf mich geschossen und Pinky im Kochhaus erwischt.
Ich hatte ihnen später beide einen Denkzettel verpasst. Drei Leben für zwei.
Fairer Tausch.
Und jetzt stand dieser Dan hier.
Friedlich und respektvoll.
Ich überlegte, ob ich noch einen Rest Wut auf ihn hatte.
Aber das war wie mit altem Blut an deinen Händen: Entweder du wäscht es ab, oder du lernst, damit zu leben. Im letzten Falle macht es dich aber früher oder später krank.
Dan schien das Camp zu respektieren. Zumindest heute.
Und das war genug.
Selina zeigte ihm, wo er was finden konnte. Er nahm sich Kleidung, keine Waffen. Keine Spielchen.
Auch Jannik kam vorbei – halbgares Bambi in Jogginghose – und setzte sich dazu.
Für einen Moment sah Prigorodki aus wie früher.
Wie ein Ort, an dem selbst die alten Geister noch mal durchatmen durften.
Auch die von Mosin Lars.
⚡ Dann kam der Knall – laut, hässlich und endgültig
Silas.
Tot.
Gerüchte zuerst, wie immer. Dann Bilder. Irgendwo zwischen undeutlich und zu echt, um wegzuschauen.
Westwald. Nähe der Kneipe. Der Ort, den er sich ausgesucht hatte. Zum Leben, nicht zum Sterben.
Sie sagten: Wölfe.
Andere raunten: Selbstmord.
Ich sagte: "Halt die Klappe. Noch ist nichts sicher!"
Später dann das Video. Die Bestätigung. Ein Rudel, gierig wie die Realität selbst. Er hatte keine Chance.
Und doch... irgendwas stimmte nicht. Kein Besen. Ein Shemagh.
Ein Detail, das Herz sofort misstrauisch gemacht hätte. Mich machte es wütend.
Aber der Pilzjunkie – ein inoffizieller Kontaktmann im Westwald – identifizierte ihn. Sagte, er sei’s gewesen. Der, dem er tags zuvor noch den Kneipencode gegeben hatte. Der, der dort wohnen wollte. Der schweigende Hausmeister, der nicht sprach und niemandem was zuleide getan hat.
Und Herz?
Zur selben Zeit ganz in der Nähe. Auch von Wölfen angegriffen. Mit nichts als einer Armbrust.
Sie überlebte. Ob das Rudel schon von ihm satt war oder von ihr aus zu Silas unterwegs gewesen war? Ob es Gnade war? Oder einfach nur wieder mal einer dieser zynischen Zufälle, für die Chernarus so berüchtigt ist? Ich weiß es nicht.
Und manchmal – ja manchmal – frag ich mich: Was wäre gewesen, wenn Herz ihre Reise nicht kurz unterbrochen hätte?
Wenn sie nicht noch mal nach Prigorodki zurückgekehrt wäre.
Wenn sie einfach weitergegangen wäre, wie sie’s sich vorgenommen hatte.
Richtung Kneipe und unbekannterweise auch in Richtung Silas.
Vielleicht… vielleicht hätten sie sich dort getroffen.
Zwei vom Leben Ausgefranste.
Beide müde, beide wachsam.
Beide mit einer Armbrust in der Hand und dem Wunsch, einfach mal kurz nicht auf alles achten zu müssen.
Vielleicht hätten sie Rücken an Rücken gestanden. Gegen das Rudel. Gegen die Welt.
Vielleicht hätten sie's überlebt. Zusammen.
Aber vielleicht ist eben auch nur das: Ein Wort, das immer dann auftaucht, wenn’s schon zu spät ist.
Am Ende habe ich mit ihr gesprochen. Sie erzählte vom Wolfsangriff auf sie aber auch von der friedlichen Stille des Waldes und dass sie lieber einen Bogen um die zahlreichen Pilze machte. Man wisse ja nie...
Ich konnte es ihr nicht sagen.
Das mit Silas.
Noch nicht.
Ich hörte sie im Funk. Ihre Stimme. Diese zarte Linie zwischen Stärke und Zerbrechen. Und ich wusste: Noch ein Stich – und sie fällt.
Silas war ihr Ruhepol. Der, der keine großen Reden schwang. Der, der einfach da war und zuhörte ohne zu urteilen.
Und jetzt?
Jetzt ist er weg.
Und die Welt klingt ein bisschen hohler.
🔥 Fazit?
Wenn du denkst, du hast in Chernarus schon alles gesehen, kommt irgendwo ein Wolfsrudel her und beißt dir deine letzte Konstante weg.
Kein Kampf. Kein Knall. Nur ein Schweigen, das zu laut war.
Herz-Aus-Gold ist noch unterwegs. Silas ist tot. Und ich? Ich sitz hier. Schreib Berichte wie 'ne Dritte im Bunde, weil sonst keiner mehr tut.
Chernarus macht keine Gefangenen. Es reißt Lücken. Und wir? Wir stopfen sie unter zusammengebissenen Zähnen mit Erinnerungen, Hoffnung und dem letzten Rest an Wut, den wir noch haben.
Bis nächste Runde.
Nr. 371 - Ende.