Überleben und durchschlagen
Als ich auf unserer Samstagpatrouille vor der Mannschaft plötzlich von Oberstleutnant Wuestenfuchs im Namen von Brig. Mad Dog angesprochen wurde, wurde mir ein wenig mulmig zumute. Wegen "Verstößen gegen die Kleiderordnung der UNOC" wurde ich vom Oberkommando verwarnt. Konsequenz: Eine Einzelmission. "Einzelkämpferlehrgang" wurde es genannt. Es fühlte sich überhaupt nicht gut an, den Trupp verlassen zu müssen und von nun an alleine auf sich gestellt zu sein. Aber ich war auch motiviert, meine Mission alleine zu schaffen und hoffentlich unversehrt mit erfülltem Auftrag zurückzukehren!
Der Auftrag von Brig. Mad Dog:
"Finden Sie das Barett der Vereinten Nationen bringen Sie es zum Hauptquartier! Eine Beschaffung oder Unterstützung von Verbündeten ist verboten! Schlagen Sie sich alleine durch!"
Ein UN-Barett finden? Sollte machbar sein. Aber es sollte nicht einfach nur ein blaues Barett sein, sondern eines mit dem farbigen Abzeichen der Vereinten Nationen. Das machte es schon komplizierter. Ich hatte von Bekannten gehört, dass sie ganze Taschen voll mit Restbeständen dieser Baretts hatten. Aber so langsam bekam ich großen Respekt vor dieser Mission, weil mir ein Phenomen einfiel, das in Chernarus oft vorkam: "Was du gerade dringend brauchst, findest du nicht. Und umgekehrt." Und sowas wie: "Du findest das Codelock nicht. Das Codelock findet dich!"
Am Samstag, den 10.06, nachdem ich meine Befehle erhalten hatte, trennte ich mich somit von der laufenden Patrouille ab und lief los... Mein Weg führte mich von Green Mountain zum kleinen Stützpunkt nördlich von Sosnovka. Nichts. Wär ja auch zu einfach! Ich lief weiter zum alten Militärzeltlager in Myshkino. Was fand ich? Gleich mehrere UNOC-Armbinden und einen UNOC Helm. Ein Barett? Ja! Aber nur eins ohne farbiges UN-Abzeichen. Also weiter nach Tri Kresta. Auch hier das gleiche. UNOC-Armbinden und ein Infizierter, der ein normales UN Barett trug. Vorsichtshalber versuchte ich, es beim Erschlagen des Zombies nicht zu ruinieren, was ziemlich kompliziert war (nur auf die Beine schlagen...).
Über Funk fand ich heraus, dass meine Einheit nur wenige Kilometer von mir entfernt war. Ich fühlte mich verpflichtet, die Armbinden und den Helm abzuliefern. Dabei hatte ich z.B. auch im Hinterkopf, dass es gut wäre, weiteren Praktikanten, die im Vorfeld eine nur mangelhafte Eigenleistung und Vorbereitungsmotivation zeigen, mit unserer Bekleidung und Ausrüstung entgegenzukommen, damit sie nicht gleich die FLinte ins Korn werfen. Ich nahm Kontakt auf und lieferte die Ausrüstung ab.
Dann zurück nach Tri Kresta und anschließend nach Myskhino, in der Hoffnung, dass sich da etwas verändert hatte oder dass ich etwas übersehen hatte. Nichts!
Im Myshkino Military begegnete ich plötzlich unbekannten Überlebenden, die sofort das Feuer auf mich eröffneten. Eine Kugel traf mich an der Schulter. Da ich nur eine beschädigte SKS mit wenig Munition hatte, flüchtete ich zwischen den Zelten in einen Busch außerhalb des Lagers, wo ich mich verband und wartete. Mein Puls raste. Die Unbekannten suchten mich und zogen ganz in meiner Nähe vorbei. Ich überlegte, ob ich schießen soll, fand es dann aber doch zu riskant und blieb still. Nach 10 Minuten warten traute mich mich, wegzulaufen.
Es stellte sich später heraus, dass es die Gruppe von Peachfight und KeremS war, die wegen der Begegnung genau so überfordert und verwirrt waren wie ich.
Ich führte meine Suche weiter. Meine Schulter schmerzte, aber ich konnte nicht aufgeben. In meiner Verzweiflung entschied ich mich, das Risiko einzugehen und in Tisy zu suchen. Nichts. Nur Baretts ohne Abzeichen...
Die bekannten Gefahren in Tisy bestätigten sich. Zum Glück konnte ich sie schon aus sicherer Entfernung aufklären.
Mittlerweile waren meine Stiefel durchgelaufen und es enstanden Blasen an meinen Füßen. Ich war ziemlich ausgemergelt und meine Schulter schmerzte trotz der Schmerzmittel immer noch.
Hunger oder Wundinfektionen zwangen mich immer wieder dazu, meine Mission zu unterbrechen. In Novaya Petrovka versuchte ich verzweifelt, Desinfektionsmittel zu finden. Irgendwann... wurde ich fündig. So konnte ich nach Tisy zurückkehren.
In Tisy blieb ich mehrere Tage. Nachts hörte ich in meinen Verstecken die Wölfe heulen oder die Chymera brüllen.
Immerhin fand ich bald neue Stiefel und hatte bald eine einigermaßen ausreichende Ausrüstung zusammen. NUR KEIN UN-BARETT MIT FARBIGEN ABZEICHEN! Langsam machte sich Frust in mir breit. Ich gab auf und verließ die Gegend wieder in Richtung Süden. In Tri Kresta und Myshkino bot sich aber das gleiche Bild wie davor.
Am fünften Tag meiner Mission näherte ich mich Zelenogorsk von Norden. Kurz vor der Stadt hörte ich im Wald plötzlich einen schallgedämpfen Schuss...
Was der seltsame Heckenschütze da machte, ob er einfach etwas testete oder auf Zombies in der Stadt schoss, weiß ich nicht.
Ich lief in die Stadt und durchkämmte die Militärbasis. Wieder nichts... Ich hatte die Stadt schon in Richtung Süden verlassen, als mir plötzlich einfiel: "Moment, du hast die Container am Bahnhof noch nicht überprüft." Eine andere Stimme in mir sagte: "Das lohnt sich doch nicht, da ist eh nichts..."
Ich musste mich richtig überwinden, lief aber noch mal los. Mittlerweile war mir alles egal und ich lief achtlos einfach durch die Basis durch. Es war mir auch egal, ob der Heckenschütze von vorhin mich vielleicht sehen würde.
Als ich anfing, die Container zu looten, konnte ich meinen Augen nicht trauen...
Ein Barett mit farbigem UN-Abzeichen!
Jetzt musste ich nur noch lebend rauskommen aus Zeleno! So unvorsichtig ich zu den Containern gekommen war, so übervorsichtig und angespannt schlich ich mich wieder heraus. Erst hinter Drozhino traute ich mich anzuhalten, um das Barett zu begutachten, zu reparieren und zu säubern.
Ich hatte es geschafft! Ich schlug mich vorsichtig zu unserem HQ durch und machte Meldung an OTL Wuestenfuchs.
Insgesamt war ich auf meiner Einzelmission fünf Tage unterwegs (//natürlich nicht durchgehend). Die "Legende" über das Nichtfinden von dem, was du gerade dringend brauchst hatte sich wieder mal erfüllt. Wieviele Kilometer ich unterwegs war, kann ich nicht mehr rekonstruieren. Es war ein richtiges Überleben und durchschlagen.
Brig. Mad Dog Wuestenfuchs Mission erfüllt!
Noch ein Satz zu den unmenschlichen Aufnahmeritualen an unseren Rekruten: Die internen Ermittlungen laufen auf Hochtouren. Wir werden da konsequent durchgreifen, wenn wir die treibenden Kräfte dahinter gefunden haben. Die würdevolle Einarbeitung unserer Neulinge auch in herausfordernden, ich sag mal "Kacksituationen" steht für uns ganz oben!