Tagebuch eines Samariters in Chernarus (Vanilla) - Band 1: Prigorodki (1.20)

  • 3. Mai 2023 – Anspannung

    Nur kurz eine Nachricht, da ich gerade auf der Durchreise bin.

    Ich habe vor, nach Staroye und Solnichniy zu gehen und das Bambilager zu überprüfen. Die Lage am Bambi-Auffanglager ist angespannt. Proxxo ist etwas weiter nördlich beschossen worden. Blue war vor einigen Stunden allein am Camp und sah einen Spieler mit rotem Rucksack vor dem Haus. Zum Glück hielt er sich versteckt. Vielleicht hat sich mein Training doch schon ausgezahlt. Jedenfalls ist er mir nicht mehr böse für meine kleine „Lektion“ vom Vortag. Er hatte auch etwas Gelegenheit sich zu revanchieren, indem ich friedlich die Hände hob, als ich ihn sah, aber er scheint keine Rachegelüste zu haben. Immerhin. Aber irgendwie sieht er aus wie ein gemeiner Bandit mit seinem roten Halstuch...

    Eigenartiger Weise entdeckte Wolfgang etwas später am Koch-Haus einen Stolperdraht mit einer entsicherten Granate. Was für ein überaus nettes Geschenk… nicht! Ich kann es nicht fassen, dass wieder jemand unsere Arbeit hier sabotieren wollte. Was sind das für Menschen? Wir müssen wieder doppelt vorsichtig sein.


    Außerdem berichten Max und Kevin von einer Schießerei bei Balota. Charly hatte einen unglücklichen Unfall mit seinem Auto im Industriegebiet von Chernogorsk und vor dem Auto lag jede Menge Menschenfleisch. Von Charly zunächst keine Spur, sodass ich mir schon ernsthaft Sorgen gemacht habe. Später kam er aber von der Küste am Bambi-Camp vorbei, also scheint es ihm gut zu gehen.

    Die Base seiner Gruppe bei Novodimitrovsk hatte ungebetene Gäste. Allerdings müssen die „Besucher“ enttäuscht wieder abgezogen sein, denn besonders weit kamen sie nicht. Er meinte, das müsse eine extrem frustrierende Erfahrung für sie gewesen sein. Das kann ich glauben. Ich habe von Kanu und den anderen gehört, dass diese Basis etwas an Fort Knox erinnert.


    Abends komme ich müde in Staroye an, prüfe die Zelte und lege mich schlafen.

    Es war eine lange Reise hierher… mal sehen, was der morgige Tag bringt.


    2023-05-03_Collage

  • 4. Mai 2023 – Alleingang

    Ich beginne den Morgen mit einem morgendlichen Rundgang am Auffanglager in Staroye. Alles so weit ruhig und friedlich und das Lager ist gut gefüllt. Kanu hatte berichtet, vor einigen Wochen dort die Anfänge einer Basis gesehen zu haben, aber als ich am Ort ankomme, entdecke ich keine Spuren mehr davon. Ich beschließe, eine Intuition folgend, meine blaue Samariterkleidung in Staroye zurückzulassen und breche auf in Richtung Solnichniy. Dort habe ich ja eine grüne Ausrüstung versteckt und irgendwie gefällt mir die Idee, mit unterschiedlichen Standorten in unterschiedlichen Farben zu agieren. Es bringt etwas Farbe ins Spiel. Während ich meinen Weg durch Wälder, über Wiesen, Straßen und Felder suche ordne ich meine Gedanken. Trotz des kurzen Eintrags gestern ging es im Grund genommen doch hoch her. Wer ist der Fremde, der uns mit Sprengfallen beehrt? Oder sind es doch, wie vermutet, mehrere? Hat die Person etwas mit dem Ursprünglichen Minenleger zu tun oder sind es lediglich Trittbrettfahrer? Wird in Solnichniy wieder ein Menschenfleischlager auf mich warten und komme ich heil aus der Stadt raus? Bisher hatte ich unverschämtes Glück, aber wenn man den Aufzeichnungen meines Vorgängers glaubt, scheint es ein heißes Pflaster zu sein.


    Es dauert nicht lange, dann habe ich die Stadt erreicht. Sorgfältig prüfe ich die Unterstände, mache einen Abstecher zur Krankenstation und sammle alles zusammen, was ich kriegen kann. Leider sind die Unterstände in der Tat gut genutzt worden. Na ja, was heißt „leider“.. Eigentlich sind wir ja froh, wenn unsere Angebote genutzt werden und jemandem helfen können. Allerdings müssen wir bald wieder die Vorräte hier aufstocken. Mir kommt die Idee, eventuell eine Lagerhalle zu „mieten“ und dort zusätzliche Güter zum Auffüllen zu lagern. Ähnlich wie bei Solnichniy. Aber das muss ich mit den anderen besprechen, denn jedes Lager verlangt auch eine entsprechende Arbeitskraft, Absicherung und Logistik. Jedenfalls befülle ich die Unterstände so gut es geht und setze dann meinen Weg wieder in Richtung Prigorodki fort. Allerdings wechsele ich die grüne Ausrüstung nun wieder meiner „Wanderausrüstung“, nämlich einer Jägerjacke und entsprechender Hose. Natürlich bin ich so optisch nicht zu erkennen, aber für den Moment gefällt es mir, bei Bedarf unauffällig zu sein. Nach den letzten Tagen eine willkommene Abwechslung und ich muss mich tatsächlich noch immer an die neue Rolle als Samariter gewöhnen. Hätte ich geahnt, was das Auslösen würde, als ich den die Opfer des Autounfalls zufällig gefunden habe… Hmm wobei. Ich glaube, ich hätte nichts anders gemacht. Das Tagebuch und die Jacke an mich zu nehmen war ein Ausbrechen aus meinem Einzelgängertum. Im Inneren ist der Mensch wohl doch ein extrem soziales Wesen. Na ja… zumindest die meisten von uns und ich bin sehr froh, die Gruppe getroffen zu haben und nun als Samariter meine Runden drehen zu können. Allerdings bin ich auch über die Abwechslung und das Umherstreifen dankbar: Ein guter Kompromiss.


    Mit gemischten Gefühlen laufe ich wieder in Richtung des Bambi-Auffanglagers, hoffend nicht versehentlich auf eine Mine zu treten oder eine Stolperdrahtfalle auszulösen. Ob andere Überlebende uns wirklich testen wollen? Jedenfalls scheint alles sicher zu sein. Lediglich das Essen wurde komplett entwendet, aber das ist kein Problem. Ich denke, nach einer Tour in Richtung Cherno werde ich wieder einiges beisteuern können. Allerdings wabert eine gefährlich grüngelbliche Giftwolke über der Stadt und ich kann einfach nicht weiter in diese Richtung gehen. So mache ich einen kleinen Abstecher zur Lagerhalle und hole ein paar Vorräte, den Rest fülle ich mit Gütern von der Tankstelle und aus dem nahegelegenen Dörfchen auf. Ein Hühnchen wird ebenfalls gejagt und steuert so ungewollt seinen Teil zum Überleben anderer bei. Unterwegs meldet sich Proxxo berichtet noch kurz, etwas weiter nördlich überfallen worden zu sein, aber von dem Täter fehlt jede Spur. Also ist so weit alles ruhig bei uns. Kanu kündigt an, für die kommenden Tage ein kleines Event für alle Überlebenden hier organisieren zu wollen. Ein Autorennen und am Folgetag eine kleine gespielte Schlacht. Auch wenn ich mich fingierten Kämpfen nicht viel anfangen kann, freue ich mich auf die gemeinsamen Aktionen. Ich war viel allein unterwegs und etwas Gesellschaft ist nun genau das Richtig. So freue ich mich auf die nächsten Tage und hoffe, dass das Morgen keine bösen Überraschungen für uns bereithält.


    Tabasko ist noch so freundlich und fährt mit seinem LKW in Richtung Norden, um „Requisiten“ für das Event zu besorgen. Sehr nett, dass sie ihre Ausrüstung zur Verfügung stellen. Ich bin gespannt, was das werden wird.


    2023-05-04_Collage

  • 5. Mai 2023 – und...Action!

    Ein neuer Tag und neues Glück. Heute möchte ich Ravini etwas dabei helfen, seinen Fahnenmasten aufzubauen. Opi müsste noch irgendwo eine Hühnchen-Fahne haben, die wäre so perfekt geeignet! Irgendwie haftet Ravini nämlich der Ruf an, Hühner magisch anzuziehen. Sehr zu seinem Leidwesen. Es macht in der Gruppe sogar der Spruch die Runde: „Wenn du einen Hahn hörst, ist Ravini nicht weit.“ Im Funk ist Opi etwas desillusioniert und macht sich Sorgen, ob zum Event am morgigen Tag oder vor allem übermorgen genügend Leute da sein werden und wir hoffen zumindest, dass Hikaru es noch schaffen wird. Er malt mal wieder alles in tiefschwarzen Farben, aber ich kann ihn schon verstehen. Er wünscht sich einfach etwas „Action“ hier in Chernarus. Adrenalin ist sein Motor… oder so ähnlich. Aber hey, ich bin mir sicher, dass wir so oder so Spaß haben werden. Natürlich schlägt er vor, dass ich mich auch ins Getümmel werfen soll. Aber ich habe wirklich massive Schwierigkeiten, auf andere Menschen mit einer Waffe zu zielen, ganz zu schweigen davon auf sie zu schießen. Schon bevor ich zum Samariter wurde, blieb ich lieber im Hintergrund und habe nie versucht, aktiv jemanden zu töten. Da habe ich einfach zu viel Respekt vor dem Leben. Opi meint, Leute, die nicht mitmachen, hätten nur Angst zu sterben. Nein, ich glaube, wenn ich davor Angst hätte, wäre ich in meinem Unterschlupf im Wald geblieben, hätte nicht die rote Jacke angezogen und wildfremde Menschen angesprochen, um ihnen meine Hilfe anzubieten. Ich werde das Gefühl nicht los, dass ein Teil von mir oder meinem Vorgänger auch immer etwas den Tod sucht, um zu spüren, dass er noch lebt. Einfach, weil hier alles so automatisch abläuft in dieser katastrophalen Welt. Wie philosophisch… lassen wir das lieber. Wir werden sehen, was das mit der „Chernarus-Rallye“ und dem sogenannten „Team Battle“ wird. Eventuell macht es auch die Runde und fremde Schaulustige, Zaungäste und Meuchelmörder erscheinen. Das befürchten zumindest einige. Ja, schwarze Schafe gibt es leider immer wieder. Aber ich vertraue den Leuten hier. Trotzdem müssen wir auf alle Fälle vorsichtig sein. Eigentlich sollte heute Charly schon die erste Runde fahren, aber er hat nun doch beschlossen, zum Haupttermin anwesend zu sein. Also haben wir heute noch etwas Schonfrist, die wir mit Vorbereitungen nutzen.


    Während ich so meinen Gedanken nachgehe, transportiere ich mehrere Ladungen Steine vor die Basis in Chernogorsk. Leider ist Ravini gerade nicht da oder er reagiert einfach nicht auf mein Rufen. Erst einige Zeit später kommt er raus. Da ich die rote Kleidung nicht trage, beschließe ich, mich etwas versteckt zu halten. Nicht, dass er versehentlich auf mich schießt und mein Leben frühzeitig endet. Als Ravini die Steine aus den Unterständen holt, versuche ich ihn anzusprechen, aber so richtig reagiert er nicht. Schließlich läuft er sogar an mir vorbei, ehe ich mich dann doch zu erkennen gebe. Er ist nicht so ganz begeistert davon, dass ich mich einfach so an ihn ranschleiche. Ja.. verständlich. Aber ich muss einfach vorsichtig sein und ich hoffe, er kann die Steine gebrauchen. Als ich gehe versichert Ravini mir noch mit seiner Holzfällerstimme: „Ich hätte keinen erschossen!“. Irgendwie glaube ich ihm das jetzt aufs Wort. Er ist auf seine Art ein absolut herzensguter Mensch. Nur… Unfälle passieren und ich bin für den Moment froh, dass es nicht soweit kam. Auf dem Rückweg zum Bambi-Auffanglager durchsuche ich noch einige Gebäude in Chernogorsk und jage unterwegs noch einen laut schreienden Hahn. Blue, Opi, Chewie und ein paar andere sind ebenfalls unterwegs. Fast hätte es Blue erwischt, aber ein beherztes Reanimieren durch Chewie im Takt von Staying alive bringt unseren Frischling gleich wieder auf die Beine. Haha… Frischling. Ja, jetzt ist Hikaru das nicht mehr. Aber dafür hält sich Blue wirklich wacker in dieser grausamen Welt. Auch ich habe unterwegs mit Zombies zu kämpfen. Diese Viecher sind einfach überall! Blue und Chewie experimentieren für das Event etwas mit Blendgranaten, wie ich über Funk mitbekomme. Ob das so eine gute Idee ist? Chewie droht das Bewusstsein zu verlieren, zumal sich wieder ein paar Zombies auf die beiden stürzen. Aber er bleibt wacht und beide schlagen alle Zombies heldenhaft in die Flucht. „Tja… gut, dass du noch lebst, sonst wärst du jetzt wohl tot.“, versuche ich die Situation etwas aufzuheitern. Chewie lacht: „Der zündet lange!“. Möglich. Aber ich fand ihn gut.


    Auf dem Weg zurück ins Lager meldet sich Ravini nochmals. Er benötigt noch genau einen Stein und hat sich deshalb auch auf den Weg ins Bambi-Auffanglager gemacht, da es bei uns ein paar Felsen gibt. Ich bin bereits dort angekommen und fülle erst einmal alle Vorräte wieder auf. Es wurde wieder einiges gegessen, aber wir sind gut aufgestellt und Sprengfallen scheinen auch keine gelegt worden zu sein. Puh! Als Ravini ungefähr auf Höhe des Bahnübergangs bei Prigorodki ist, fragt er per Funk in die Runde, ob jemand mit einem roten Rucksack über die Schienen läuft. Wir verneinen, wissen aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wo sich unser Farmer gerade aufhält. „Welche Schienen, Ravini?“, frage ich etwas angespannt nach. „Weiß ich nicht. So um…“, beginnt er und Opi setzt seinen Kommentar fort. „Das sind die Schienen hier beim Güterbahnhof. Ich weiß, wo Ravini ist!“ Super, wenigstens hat er den Überblick. Aber Opi mahnt zur Vorsicht: „Passt auf, alle!“. Recht hat er. „Ich meine gelb oder so nen roten Rucksack oder was…“, versucht Ravini wieder den Überlebenden möglichst genau zu beschreiben. Wer könnte das sein? Paul bzw. Bubi? Der Bambi-Killer oder vielleicht der Minenleger oder jemand ganz anderes? Ein Bambi in Nöten? Leider verstehe ich akustisch nicht ganz, in welche Richtung sich der Fremde bewegt. Ich verstehe nur etwas wie „zwischen dem Camp hoch… Richtung Berg.“ und gehe davon aus, dass er sich am Berg befindet. Daher beschließe ich, dort einmal nachzusehen und mache mich auf den Weg. Opi bestätigt: „Am Medical oben“. Das sagt mir leider nichts, aber noch ehe ich mir Gedanken machen kann, kommt es von Ravini: „Scheiße, der schießt auf mich! Ich bin platt.“ Ich nehme meine Beine in die Hand und renne so schnell ich kann zu den Schienen beim Berg. Und sofort sehe ich auch einen Überlebenden auf der anderen Seite der Schienen über das Feld rennen. Ich verstecke mich und schleiche mich an. Schließlich kommt der Fremde in einem Busch zum Stehen. Es sieht so aus, als würde er eine gelbe Mütze oder einen Helm tragen. Hat er mich gesehen? Während ich mich an den Fremden heranschleiche, meldet sich Ravini noch mit letzten Worten: „Ich bin tot… danke!“. Verdammt! Warum habe ich nur so lange gebraucht? Alles in mir will sich nun auf den Fremden im Busch stürzen, aber ich mahne mich zur Vorsicht und beobachte. Einen Schuss habe ich von ihm jedenfalls nicht gehört. Tabasko schwört Ravini noch, dass sie den Kerl bestimmt finden werden. Auch Blue, Opi und Chewie rücken an. Ich verstecke mich in einem kleinen Stahlschuppen und beobachte den Busch weiter. Opi ermahnt uns zur Vorsicht, denn es könnten auch mehrere sein. Warum schieße ich nicht endlich? Wolfgang meldet sich nun auch zu Wort. Er hört Schritte! Mein Herz rast, ich gebe mir Mühe, ruhig zu atmen. Zielen. Ruhig. Chewie meldet Schüsse in Cherno. Blue gibt an, es seien seine. Was ist da los? Ich kann nicht denken! Als ich wieder auf den Busch schaue, habe ich den Fremden aus den Augen verloren. So ein Mist! Dann sehe ich jedoch aus einem anderen Busch wieder eine Bewegung und gebe es der Gruppe durch. Schnell greife ich zu meiner Waffe, ziele erneut und… „HALT HALT!“, donnert es von Wolfgang. Was ist jetzt schon wieder los?! Offenbar war er das die ganze Zeit… Puh. DAS hätte auch ins Auge gehen können. Wolfgangs blonde Haare sahen auf die Entfernung aus wie ein Helm. Krass.. Aber wenn der Fremde Wolfgang war, wo liegt denn dann Ravini und wo ist der Fremde nun wirklich? Da berichtet Opi etwas von wegen Güterwaggons. Mir wird schlagartig meine falsche Einschätzung bewusst. Ich packe meine Waffe weg und renne über das Feld, immer im Schutz der Heuhaufen. Für Reden bleibt keine Zeit. Da ist jemand draußen, der es auf uns abgesehen hat und der sicherlich nicht verhandeln oder freundlich reden möchte und er hat Ravini angegriffen und vermutlich ausgeraubt. Ausgerechnet ihn! Ich beobachte aus einem Busch heraus die Straße und die Waggons und tatsächlich gibt sich ein paar Minuten später ein Überlebender die Ehre, der sich vermutlich komplett mit Ravinis Kleidung ausgestattet hat und seine Weste trägt. Seine Weste, für die ich extra eine Tasche besorgt und die ich gegen die Bambi-Fahne eingetauscht habe. So ein Mistkerl! Nein, für Reden bleibt jetzt wirklich keine Zeit, als er in meine Richtung sieht. Es heißt nun entweder er, oder ich. Wie durch eine glückliche Fügung bin ich dieses Mal auch nicht in Rot gekleidet, sondern in Tarnfarben. Ich hatte ja zuvor ein paar Steine geschlagen und nicht viel Wert auf eine Kugel im Kopf gelegt. Daher scheint mich der Fremde nicht wirklich zu sehen und er dreht mir den Rücken zu. Ich zögere und kläre ab, ob es wirklich keiner von meinen Freunden ist. Nein, keiner scheint es zu sein… da! Er versucht zu fliehen! Es widerstrebt mir. Ich hasse das! Aber für Ravini…ich drücke ab. Einmal, zweimal, dreimal, viermal… Getroffen, aber die Schutzweste ist stärker. Er rennt weiter, ich springe auf und laufe hinterher. Zeit zum Überlegen habe ich nicht. Er bewegt sich extrem flink in Richtung Rohbau. Ich muss unter der Mauer durchkriechen. Wolfgang und auch Tabasko sind direkt hinter mir. Der Fremde zieht sich in den Rohbau zurück. Da sitzt er in der Falle! Zu dritt erstürmen wir das Gebäude, aber der Angreifer ist wie vom Erdboden verschluckt. Wie kann das sein? Er muss sich buchstäblich in Luft aufgelöst haben! So eine Schweinerei… Wir durchkämmen einige Zeit noch akribisch das Gebiet. Ich möchte wissen, wer das war und warum er einfach auf Ravini geschossen hat. Wolfgang und ich beschließen im Moor und Richtung Elektro nach Spuren zu suchen. Am Cap Golova liegt die Leiche eines Überlebenden und ich stolpere fast über sie. Entweder hat der Fremde hier auch gewütet oder aber die Person fiel versehentlich oder absichtlich vom Leuchtturm. So oder so, hier scheint niemand durchgekommen zu sein. Unverrichteter Dinge kehren wir zurück, da funkt Opi, dass er wieder jemanden beim Rohbau gesehen hat. Aber auch dieser Fremde verschwindet spurlos. Was ist hier bloß los? Es ist gerade so, als würde sich jeder in Luft auflösen. Die anderen Jungs reden etwas von wegen „Combat Log“, aber ich kann dem nicht ganz folgen. Jedenfalls versuchen Chewie und Opi den Fremden zu stellen, aber ohne Erfolg. Er ist nicht mehr da. Ich habe das Auffanglager noch nicht ganz erreicht, da meldet sich Wolfgang, der schon etwas vorgelaufen ist über Funk: „Überlebender am Bambi-Camp!“ und „Er ist jetzt ins Essenhaus.“ Ich renne wieder, was das Zeug hält. Könnte das derjenige sein, den Opi gesehen hat? Ravinis Killer? Wobei, wenn ich das richtig verstanden habe, ist Ravini wieder unter den Lebenden und auf dem Weg zurück. Wenigstens etwas… Aber ein Fremder ist am Camp, also genießt dieser zunächst einmal meinen Schutz. Ganz außer Atem komme ich am Lager an, da klärt uns Wolfgang auf: „Es ist der Paul.“ Ah.. Puh. Da bin ich aber beruhigt. Langsam komme ich näher und grüße ihn freundlich. Ich stelle ihn nochmals wegen der Fahne zur Rede, aber so wirklich böse kann ich ihm nicht sein. Welpenschutz eben. Er bietet mir eine Waffe an, aber ich lehne dankend ab. Warum meinen alle immer, ich könnte mit diesen Dingern etwas anfangen? Er wurde von den Schüssen zuvor angelockt und kam dann am Militärlager vor Chernogorsk vorbei und hat jetzt einiges zu tragen. Wir tauschen uns kurz über seine Basis aus und er beklagt, dass jemand ihm das Essen geklaut hat. Tragisch, aber er hat die Basis auch nicht wirklich geschützt. Offenbar fehlt es ihm am Werkzeug und ich leihe ihm für die Wand eine Gartenharke, mit der er das Fundament bauen kann. Gemeinsam mit Wolfgang begleite ich ihn zurück zu seiner Basis, dann verabschieden wir uns und kehren zum Lager zurück. Unterwegs durchkämmen wir nochmals den Wald vor Elektro, aber auch hier findet sich keine Spur des fremden Schützen. Der kann sich doch nicht wirklich in Luft aufgelöst haben!


    Um auf andere Gedanken zu kommen und die anderen, die noch immer nach dem Schützen suchen nicht zu stören, beschließe ich, mit Kanu und Wolfgang im Bambi-Mobil eine Spritztour nach Tulga zu machen, wo das Event morgen stattfinden wird. Vielleicht ist schon jemand dort. Allerdings gestaltet sich das schwerer als gedacht. Immer wieder rutscht unser treuer Gunter vom Feldweg ab und den Hang wieder hinab. Fast wie in einer Badewanne… Es benötigt einige Anläufe, ehe Kanu dieses Hindernis endlich überwinden kann und wir in der Nähe ankommen. In Tulga ist jedoch alles ruhig. Gerade beschließen wir umzukehren, da meldet sich Opi per Funk. Er hört Schritte unter sich im Rohbau und kurz darauf verliert er das Bewusstsein. So ein Mist! Der Killer ist zurück. So schnell wie möglich ziehen wir uns alle zum Bambi-Camp zurück und versuchen den Fremden ausfindig zu machen. Chewie findet Opi, der komplett ausgeraubt worden ist. Der Mistkerl, der ihm das angetan hat, muss aber noch irgendwo in der Gegend sein. Wir durchsuchen wieder das ganze Gebiet und da entdeckt Tabasko unseren Täter. Wieder beim Rohbau! Dieses Mal entkommt er den Jungs nicht. Ein gezielter Schuss und er geht zu Boden! Wir retten, was zu retten ist. Allerdings sitzt uns der Schock noch tief in den Knochen. Zumindest mir… was für ein verrückter Tag. Dieser Typ hat tatsächlich Ravini und Opi komplett ausgeraubt. Und es ist noch nicht zu Ende!


    Einige Zeit später meldet einer über Funk, dass ein Spieler mit Baseballschläger über die Schienen rennt. Tabasko macht sich auf den Weg, um mit ihm zu reden, aber er kommt nicht schnell genug hinterher. Kanu fragt: „Soll ich ihn ein bissl‘ aufhalten? Ich könnte schießen.“ Was zum…?! Warum um Himmels Willen… Seit wann genau schießen wir jetzt auf unsere Gäste!? Es kann doch nicht sein, dass ein Vorfall das ganze Camp so in Aufruhr versetzt. Ich setze zum Protestieren an, aber es ist schon zu spät. „Ja mach mal nen Warnschuss.“, antwortet ihm Tabasko. „In die Beine“, fügt Charly hinzu. Ich glaube ich höre nicht recht…tja und dann höre tatsächlich nur noch mehrere Schüsse. Unbarmherzig, gezielt. „Ich hab ihn erschossen.“, gibt Kanu kleinlaut zu. „DU SOLLTEST IHN EIN BISSCHEN AUFHALTEN!!!!“ ruft Tabasko per Funk. Ich glaube ich bin im falschen Film. „Der ist tot… zu hundert Prozent.“, sagt er kalt, nachdem er bei der Leiche angekommen ist. In mir macht sich Trauer breit. Das ist einfach unfassbar und mir fehlen die Worte. „Warum?“, fragt Jammet stellvertretend für mich, ebenfalls traurig. Wir verstehen es nicht. „Ich hätt nie geglaubt, dass ich den treff‘. Nie im Leben!“, verteidigt sich Kanu. „Du bist so ein Monster!“, sagt Charly stichelnd. Als ob er es anders gemacht hätte… „Ich mach nicht mit beim Event!“, gibt Wolfgang offensichtlich gespielt von sich. Kanu hat dem Fremden einen Warnschuss gegeben. Ins Bein. In SÄMTLICHE Beine: Jochbein, Schlüsselbein, Nasenbein, Kreuzbein… Oh Mann. „Wir sind tot! Noch bevor das Event gestartet hat, hat Kanu uns alle in die Luft gesprengt!“, kommt es noch scherzend von Charly. Ich schüttle traurig den Kopf. Nach Scherzen ist mir nicht zu Mute. Ob ihnen der Ernst der Lage bewusst ist? Das Leben, das sie ihm genommen haben? Die anderen geben zu bedenken, dass es durchaus sein kann, dass dieses Bambi etwas mit dem Typen vom Rohbau zu tun gehabt hat. War er vielleicht ein Mörder? Erneut verteidigt sich Kanu: „Der hatte die Chance zum Bambi-Camp zu kommen!“ Alles, was ich tun kann, ist zu stammeln: „Aber, aber, aber…“ Doch weiter komme ich nicht, denn Jammet funkt uns eine wichtige Warnung durch: „Da kommt jemand über die Stahlbrücke in Richtung Prigorodki-Camp gelaufen!“ Ich unterbreche meine Grillarbeiten am Steinofen sofort und renne in Richtung der Straßensperre bzw. Brücke. Die Stimmen der anderen versuche ich auszublenden, aber es geht gerade drunter und drüber. Als ich einen Metallschuppen sehe, rufe ich laut: „Haaaalloooo, Haaallooo!!“. Hoffentlich hört mich das Bambi. Dann sehe ich ihn, wie er wieder über das Feld rennt. Er scheint keine Kleidung zu tragen. Eigenartig. Ob er mich gehört oder gesehen hat? Ich beschließe ihm so schnell wie möglich zu folgen, renne den Hügel hinauf und rufe ihm hinterher. Aber ich bin viel zu langsam mit meinem ganzen Gepäck. „Hallo, liebes Bambi! Warte mal…“, rufe ich ihm mehrfach nach, aber das arme Ding scheint so verängstigt, dass es sofort in Richtung Wald rennt. Wolfgang bietet an, den Überlebenden „abzufangen“. Aber ich lehne ab. Nicht schon wieder! Da ruft Kanu aus einem Busch: „Halt, stehen bleiben!“. Na klasse,… wenn das arme Ding schon zuvor fast kein Vertrauen in uns hatte, dann hat sein Vertrauen spätestens jetzt den Nullpunkt erreicht. Wann hätte jemals ein „Halt, stehenbleiben!“ jemanden am Wegrennen gehindert?! Ich versuche nochmals mit Englisch Kontakt aufzunehmen, aber das nackte Bambi rennt weiter. Es muss Todesangst haben, da so mit nackten Füßen über das Feld zu rennen. Wolfgang oder Kanu feuern auf das Bambi. Ich kann nicht sagen wer, aber ich rufe verzweifelt: „Halt, nicht schießen! Hey! Bist du des Wahnsinns! Du kannst ihn doch nicht einfach erschießen hier.“ Ich renne den beiden hinterher in den Wald. Kanu meint, er habe ihn einmal getroffen, aber vom Bambi fehlt jede Spur. Jetzt bin ich wütend und schimpfe. „Leute, ihr seid doch nicht mehr ganz bei Trost! Ihr seid ECHT nicht mehr bei TROST!“ Ein solches Bambi war unter Garantie keine Gefahr. Auch wenn viele der Gruppe nach wie vor der Meinung sind, es könnte sich wieder um den Überlebenden von zuvor handeln. Ravinis und Opis Mörder, eventuell ja sogar um den Minenleger oder den Bambi-Killer von Cherno. Doch davon will ich nichts wissen. Das, was hier gelaufen ist, ist unser Aktion einfach nicht würdig. Das war keine Verteidigung, das war ein eiskalter Angriff. Sauer renne ich allein in den Wald und versuche noch etwas zu rufen. Ich entschuldige mich für das Fehlverhalten von gerade eben. Vielleicht hört er es ja: „Hey, du… ich weiß nicht, ob du es hörst, aber es tut mir voll leid, dass die gerade auf dich geschossen haben. Ich wollte das nicht… ich hoffe bei dir ist alles okay. Tut mir so leid, Kumpel. Eigentlich bin ich hier, um Bambis zu helfen. Ist zwar unpassend und vermutlich glaubst du mir das nicht, aber wenn du Hilfe brauchst, bin ich da. Ich hoffe, du kommst durch, Junge. Sorry für das alles…“ Mit gesenktem Kopf und schwerem Herzen kehre ich zum Bambi-Auffanglager zurück. Was für eine Schande. Ich beschließe, das Einzige zu tun, was ich für das erste, unbekannte Bambi noch tun kann und Kanu scheint wieder klarer im Kopf zu werden. Gemeinsam gehen wir zur Leiche des Baseball-Bambis und Kanu schaufelt ihm ein provisorisches Grab. Ich lege den Baseballschläger darauf. Wir schweigen einen Augenblick. Sammeln uns wieder. Ich wünsche mir so sehr, dass sich diese Vorfälle nicht wiederholen.


    Um mich etwas abzulenken, gehe ich ins Industrie-Gebiet, um ein paar Versorgungsgüter zu finden. Allerdings ist in den Containern nicht so viel zu holen. Jammet hat sich an der Straßensperre versteckt und behält die Brücke im Auge. Per Funk tauschen wir uns etwas über alte Erlebnisse aus, um uns etwas aufzumuntern. Plötzlich platzt es aus Jammet heraus: „Überlebender! An der Stahlbrücke, Richtung Elektro.“ Er klingt offensichtlich nervös und aufgebracht. Ich bin dummerweise zu weit weg, aber ich nehme – mal wieder – die Beine in die Hand. Ich sollte dringend ein paar Kilo verlieren… Jedenfalls kann Jammet sie nicht ansprechen und versucht möglichst leise im Busch zu verharren, aber seine Panik, entdeckt zu werden, ist deutlich zu hören. „Der hat ne Waffe in der Hand und guckt hier so rüber. Ich glaube, ich werde gleich beschossen!“, gibt er so ruhig wie möglich von sich. Blue und Opi sind ebenfalls auf dem Weg. Blue möchte ihn begrüßen. „Beeilt euch, der guckt hier rüber und der schießt auf mich, wenn er mich sieht!“. Blue will den Fremden ansprechen, muss aber genauer wissen, wo dieser ist. „Das schmeißt jemand was auf den!“, gibt Jammet verwundert zurück. Wir alle sind perplex. Was soll denn das? „Hä?“, raunen wir reihenweise. „Die sind zu zweit!“, präzisiert Jammet. Ich versuche ihn zur Ruhe zu ermahnen. Es könnten unsere Freunde von vergangener Woche sein. Andi, Florian und Co. „Wenn nicht gleich jemand mit denen redet, bin ich TOT, Leute!“, wird Jammet nun dringlicher. Die Lage scheint wirklich wirklich ernst, aber ich ermahne ihn weiter zur Ruhe. Noch ist unsicher, ob sie ihn gesehen haben und wenn er sich weiterhin still verhält, besteht die Chance, dass sie dies auch nicht tun. Beeil dich, Blue! Da gibt Tabasko durch: „Sie reden, sie reden!“ Puh… ich bin erleichtert. Aber gerade in diesem Moment durchzieht eine donnernde Salve die Stille. Verdammt! Was ist denn nun schon wieder los? „Schüsse!“, bemerkt Chewie. Schnell entschuldigt sich Tabasko. „Sorry, Sorry, das war der Schießbug.“ Was zum…? Das würde ich an seiner Stelle auch sagen. Nervöser Zeigefinger wohl eher! Gnade uns Gott… Alles ist ruhig, aber ich bin nun fast beim Camp. So schnell es geht renne ich die Straße entlang. Jammet hat das Kommando und Blue scheint seine Sache gut zu machen. Schließlich, nach endlos langer Zeit, meldet sich Jammet. „Also die sind anscheinend friedlich und ganz fasziniert, dass es hier sowas wie unser Camp gibt.“ Puh.. Glück gehabt. Gleich bin ich am Lager, die Fahne kann ich schon sehen. „Hallooo!“, begrüße ich die beiden. „Oh eine Fahne gibt’s hier auch!“, sagt der eine. Ich laufe auf den einen zu, während Jammet gerade etwas über unsere Unterstände erklärt. „Macht ihr das alles, oder wer macht das alles?“, möchte der Fremde wissen. Mein Gegenüber scheint sichtlich begeistert und erkennt mich eigenartigerweise wieder. „Da! Da ist doch das CRK, oder nicht?“ Ich blicke ihn ratlos an, aber offenbar gibt es noch eine zweite Gruppe, die Bambis oder Kranke versorgt, die in einer ähnlichen Uniform rumlaufen. Nun, wir gehören nicht dazu, aber ich erkläre den beiden, dass wir die Samariter von Chernarus sind und schön seit Jahren immer wieder anderen Spielern helfen und Bambis versorgen. Unterdessen schiebt sich ein gackerndes Huhn an uns vorbei, das ich mir sofort packe und dem Fremden freundschaftlich entgegenhalte. „Wolle Huhn kaufe?“, grinse ich und lache. Mein Gegenüber hat die Anspielung leider nicht ganz verstanden, aber er erklärt, dass sie beide die „Chernarussen“ sind. Okay… das sagt mir zwar jetzt nichts, aber sie scheinen anständig zu sein und sichtlich angetan von unserer Aktion. Das freut uns natürlich, auch wenn sie direkt jetzt keine Hilfe benötigen. Der Sprechende erklärt mir, dass sein Partner nur Russisch spricht und kein Deutsch versteht. Aha, daher der Name. Das ergibt Sinn. Jedenfalls stellt er sich mit einem russischem Namen vor, den ich mir nur schwer einprägen kann. Ich bin leider kein Experte für das Kyrillische. Aber wenn mich nicht alles täuscht, bedeutet sein Name so viel wie „Furcht“. Auf meine skeptische Nachfrage wählt er einen einfacheren Namen. „Alex ist okay. Nenn mich Alex. Alles gut.“ Ich beschließe den beiden eine Chance zu geben. Frei nach dem Motto: Sie töten mich nicht, sie sind nett. Das müssen Freunde sein.“ Seinen Partner stellt er uns als Gaspard vor. Er lacht: „Naja ihr macht hier schöne Sachen für die Bambis.“ Jammet warnt ihn noch vor den Fremden, die hier unterwegs waren und Alex bestätigt, zuvor Schüsse gehört zu haben. Sie gehen davon aus, dass hier geschossen wird. Wir geben den beiden ein Elektro-Reparatur-Kit, das sie gebrauchen können und kommen ins Gespräch. Ich bitte ihn darum, die Unterstände, Kisten und Fahne nicht abzubauen. Schweren Herzens nuschelt er nach einer kurzen Bedenk-Pause: „Hmm, okay. Ich hab mir schon sowas gedacht.“ Ist er enttäuscht? Auch einer dieser Base-Raider? Hoffentlich halten sie sich daran. Wobei… viel entgegenzusetzen haben wir dem ja nicht. Wir sind einfach auf die Freiwillige Unterstützung anderer angewiesen. Sonst wäre das nicht möglich. Alex berichtet von seinem Sohn, der wohl 15 Jahre alt ist. Bei mir klingelt es… ein Vater. Ist das Pauls Vater? Aber nein… das kann nicht sein. Der Name sagt Alex auch nichts. Trotzdem. Wenn der Bubi mal wieder vorbeikommt, frage ich ihn. Wir bieten den beiden noch etwas Fleisch an und verabschieden uns dann. „Bleibt am Leben!“, rufe ich ihnen noch nach. Da meint Alex ganz locker: „Ach, das gehört dazu, hier zu sterben. Wenn man es nicht so richtig draufhat und ‘ne Kugel abfängt. Also des kann man dann nicht erwarten, ne? Macht’s gut, Ciao!“ Eigenartige Haltung zum Leben, aber gut. Die beiden scheinen eher eine rauere Spielart zu bevorzugen. Ich bin nun richtig froh, dass dieses Treffen trotz aller Widrigkeiten eine solch friedliche Wendung genommen hat und keiner gestorben ist.


    Was für ein Tag… und er ist noch immer nicht zu Ende! Etwas später meldet Kanu per Funk, dass er mit Blue gerade in der Lagerhalle ist und dass die Chernarussen dort vorbeikommen. Scheinbar haben sie in der Garage eine Basis vermutet, die sie „besichtigen“ wollten. Glücklicherweise sind auch sie gegenüber ihm friedlich und lassen unser Lager in Ruhe. Zu holen gibt es dort ohnehin nichts. Nur Kleidersammlungen und eben unser Bambi-Mobil. Nichts von Wert. Dementsprechend sind die beiden auch schnell wieder unterwegs.


    Abends liege ich noch lange wach und versuche Ordnung in mein Chaos zu bringen. Als ich nicht schlafen kann, setze ich mich an ein Feuer und beginne, ein Lied für die gefallenen Bambis des Tages zu schreiben. Schade, dass ich nicht so gut singen kann. Es wäre ein tolles, melancholisches Lagerfeuerlied geworden. Aber ich finde, somit wird ihnen und dem Vorfall zumindest auch in Zukunft noch gedacht.


    2023-05-05_Collage.jpg

  • Nachtrag: Liedtext


    Nachts weinen unsre Bambis

    (Original: Nachts weinen die Soldaten – Saltation Mortis)


    Ein Hügel Dreck

    Das Grab eins unserer Bambis

    Ich frage mich

    Wer du wohl gewesen bist

    Hast du geprahlt

    Mit deinen Heldentaten?

    Warst du geliebt

    Und wer hat dich vermisst?


    Dein dunkles Grab

    Trägt nicht mal deinen Namen

    Nur nen Schläger hat jemand drauf gelegt

    Dir half kein Lag

    Geschick und kein Erbarmen

    Für fremde Habgier

    Hast du mit Blut bezahlt

    Warst du noch jung

    Womöglich selbst ein Killer?

    Hast du's gewusst

    Deinen Loot jemals gezählt?


    Nachts weinen unsre Bambis

    Namenlose Tränen im Gesicht

    Nachts weinen unsre Bambis

    Nur ne Nummer, ohne ein Gewicht


    Dein dunkles Grab steht leider nicht alleine

    Wo es heut steht, stehen bald noch viele mehr

    Von unsren Bambis

    Bleiben nur Gebeine

    Vom großen Kampf

    Bleibt nur die Hülle hier

    Sag mir ganz leis'

    Wie ging es zuende?

    Traf dich am Kopf

    Ein feig gesetzter Schuss?


    Nachts weinen unsre Bambis

    Namenlose Tränen im Gesicht

    Nachts weinen unsre Bambis

    Nur ne Nummer ohne ein Gewicht

    Sag mir warum

    Was zog dich nur zum Airfield?

    Falsche Treue

    Die Idee vom fairen Kampf?

    Waren es Freunde

    Die dich dazu brachten?

    Sag mir, mein Bambi

    Wann deine Hoffnung schwand


    Nachts weinen unsre Bambis

    Namenlose Tränen im Gesicht

    Nachts weinen unsre Bambis

    Nur ne Nummern ohne ein Gewicht


    So steh ich hier

    Und weine mit den Toten

    Und wünsche mir

    Die Welt hätte‘s gelernt

    Der Frühling schickt

    Mir seine ersten Boten

    Und zu hoffen

    Habe ich hier gelernt.

  • 6. Mai 2023 – Die total verrückte Rallye

    Mir brummt der Schädel. Es ist gestern Abend viel zu spät geworden.

    Opi, Chewie, Dani und Blue melden sich über Funk. Sie sind in Tissi unterwegs und „halb gestorben“. Wenn man den Aussagen der Truppe glauben darf, dann hatte Blue am Ende sogar keine Hosen mehr an… und auf dem Rückweg von Vybor stießen sie auf der Straße auf einen Überlebenden. Mitten auf der Straße stand er und zielte auf die Jungs. Tja und Opi? Der gibt natürlich Vollgas. Da ich selbst schon einmal nur mit knapper Not einem Auto entkommen bin, habe ich enormen Respekt vor diesen Dingern. Aber ich bin auch nicht der Typ, der eine Waffe zieht und auf Auto schießt. Beim Camp angekommen hat Chewie dann tatsächlich eine Mine beim Blockhaus an der Straße entfernt. Diese Dinger nehmen langsam echt Überhand…. Einfach barbarisch! Nur für heute muss die Jagd und das Beobachten leider ausbleiben, denn Kanu hat ja für diesen Abend zur ersten Chernarussischen Rallye eingeladen. Es soll von Tulga nach Devils Castle gehen und soweit ich weiß, habe sich einige unserer Freunde und Bekanntschaften angemeldet. Das wird bestimmt eine nette Sache, daher brate ich schon einmal fleißig Fleisch.

    Bald darauf holt mich Kanu in seinem grünen Sarka ab und auch Hikaru trifft im Camp ein. Ich freue mich wahnsinnig, sie zu sehen. Sie war ja einige Zeit unterwegs, aber nun ist sie wieder voll im Einsatz. Wir fahren direkt nach Tulga und nehmen dort wegen des einsetzenden Regenwetters eine Blockhütte in Beschlag. Schnell ist gemeinsam ein Feuer entfacht und wir wärmen uns am gemütlichen Kamin. Blue, Hikaru und ich machen allerhand Blödsinn, während wir auf die anderen Teilnehmer warten. Bald kommen auch die anderen. Viele sind nun im Camp: Jammet, Kanu, s-tlk, Charly, Wolfgang, Kevin, Max, Hikaru, Blue und ich. Einen kleinen Zwischenfall gibt es, als s-tlk aus purer Neugier ausprobiert, was passiert, wenn man einen Gaskanister in einen Kamin stellt… sehr zu meinem Leidwesen, als ich gerade Holz nachlegen möchte. Der Knall schmerzt in meinen Ohren und ich fühle mich benommen. Wild schimpfe ich auf diese Unfähigkeit, aber zum Glück sind meine Verletzungen nicht schwer. Nach ein paar organisatorischen Informationen geht es auch schon los und Kanu begrüßt uns alle:

    „Herzliche willkommen zur ersten Chernarus-Rallye. Wir haben uns heute hier eingefunden, um rauszufinden, wer der schnellste ist. Die Startreihenfolge ist Jammet mit dem grünen Ada, Tabasko mit dem Humvee, Wolfgang in einem grünen Ada, Kanu im grünen Sarka, Kevin und Max in ihrer Olga und am Ende Charly. Das Rennen geht auf Zeit und startet in Tulga bis hin zur Eingangstür der Taverne in Devil’s Castle. Jammet, mach dein Fahrzeug bereit!“

    Er tut wie geheißen und ich darf als Schiedsrichter die Zeit stoppen. S-tlk fährt bei Jammet als Beifahrer mit und los geht die wilde Jagd. Die beiden machen gute Fahrt und sie wählen die Route über Gulovo. Nach einem kurzen Umweg fahren die beiden 19 Minuten und 7 Sekunden später ins Ziel ein. Dort werden sie von zwei Fremden begrüßt, die sich als Jasmine und Jayden zu erkennen geben. Tabasko ist auch schon unterwegs und versetzt losgefahren. Er hat die Route über Dolina gewählt. Trotz seines Humvees und einiger kleinerer Unfälle ohne Todesfolge und Totalschaden landet er 17 Minuten und 8 Sekunden später im Ziel. Beachtlich! Ich steige zusammen mit Hikaru in Wolfgangs grünen Ada ein und los geht unser Weg über Dolina. Er ist wirklich ein beeindruckend entspannter Fahrer und scheint die Route wie im Schlaf zu beherrschen. Im Geheimen verrät er, dass er die letzten Tage viel geübt hat. Es hat sich definitiv gelohnt und wir legen eine super Zeit vor. Allerdings kommt uns eine Giftgasattacke unterwegs in die Quere. Wolfgang sieht glücklicherweise von Tabaskos Hinweis ab, er könne ja einfach durch das Gasgebiet fahren. Nein Danke!

    Stattdessen reißt er gekonnt das Steuer um und fährt Querfeld ein. Für den Ada kein Problem und bald hat er seine Route wiedergefunden. Exakt 12 Minuten und 40 Sekunden später treffen wir im Ziel ein und begrüßen die anderen. Als nächstes sind dann Max und Kevin an der Reihe und Kevin macht wirklich über Berenzino eine gute Fahrt. Allerdings schlägt sein Navigator ihm dann eine Abkürzung durch den Wald vor, doch nach einiger Zeit hat Kevin darin kein Vertrauen mehr. Kurz vor dem Ziel hält er an und deutet Max an, dass er nun fahren solle. Alle anderen feuern die beiden über Funk an, denn sie sind doch schon praktisch fast im Ziel! Und so kommen die beiden, die sich irgendwie wie ein altes Ehepaar benommen haben, 12 Minuten und 51 Sekunden später ins Ziel. Während wir warten, albern Jasmine, Tabasko und wir anderen gemeinsam in der Taverne rum. Jammet hat Posten auf der Burg bezogen und beobachtet die Umgebung, um uns rechtzeitig zu warnen. Aber sonst ist alles ruhig. Opi hat angesichts von Wolfgangs Fahrerleistung nun auch Blut geleckt und beschlossen, sein Auto ebenfalls zu holen und an der Rallye teilzunehmen. Als Nächstes ist dann Kanu an der Reihe, der ebenfalls enorm gute Fahrt macht und seinen Weg über Guglovo gewählt. Eine kleine Abweichung später ist er dann auch in stolzen 11 Minuten und 16 Sekunden im Ziel. Als Letztes fährt nun noch Opi mit Charly, allerdings scheint das Glück nicht auf ihrer Seite zu sein, denn bei Solnichniy ist für die beiden Schluss. Zum Glück sind beide wohlauf und so holt ein Rettungstrupp die beiden ab. Während wir warten, berichten Hikaru und ich die idyllisch gelegene Burg Devil’s Castle.

    Langsam wird es dunkel und als alle endlich da sind, wird mit Knicklichtern, Leuchtmunition und jeder Menge Musik in der Taverne getanzt. Essen gibt es reichlich und nach einem gemeinsamen Gruppenfoto brechen wir in einer Kolonne auf, um mit lauter Musik und einem Hupkonzert wieder zurück an die Küste zu reisen.

    Am Bambi-Auffanglager erhält Blue noch durch Opi und Hikaru sein Initiationsritual und er darf sich nun offiziell als ein Teil von uns betrachten.

    Was für ein Tag und so manch einer wünscht sich eine Revanche.


    2023-05-06_Collage.jpg

  • 7. Mai 2023 – Zoff bei Radio Zenit (Event)


    Den ganzen Tag über habe ich mit Vorbereitungen für den großen Abend verbracht. Kanu hat über Funk alle Interessierten zu einem kleinen Event eingeladen, bei dem es darum geht, als eine Gruppe zu agieren, um ein Ziel zu erreichen und eine andere Gruppe quasi zu dominieren. Oder so… jedenfalls hat er es irgendwie auch als Übungsszenario verkauft, das gleichzeitig Spaß bringen soll. Über Funk habe ich dann auch noch Bex kennengelernt. Wirklich nett und er ist gleich bereit, am Abend kräftig mitzumischen. Das lob ich mir! Am späten Nachmittag fahren wir dann alle nacheinander mit einem Zwischenstopp in Chernogorsk in Richtung unseres Zielorts, den Funkturm von Radio Zenit, den wir dann auch sogleich absichern. Tja und dann kommt der Truck. Meine Güte! Tabasko, Charly und die Jungs haben sich echt selbst übertroffen. Im Truck waren fässerweise Waffen, Munition, Seemannskisten mit Schutzausrüstung, Granatwerfer, Granaten, etc. Alles, was man für ein gelungenes Event benötigt, und jeder durfte sich frei daran bedienen. Sehr großzügig, muss ich schon sagen. Ich für meinen Teil verzichte zwar dankend und beginne stattdessen damit, ein kleines Lager unter einem der Funktürme zu errichten, wo ich Nahrungsmittel einlagere, damit mir hier bloß keiner vom Fleisch fällt. Östlich und westlich vom Funkturm werden anschließend zwei Camps bestehend aus einem Zelt und einem geparkten Auto errichtet. Jammet und ich fahren jeweils mit einem Team dorthin und laufen dann zurück zum Turm mit einer Zündkerze. Der Plan ist, dass diese Zündkerzen nun auf dem Gelände in Kisten versteck werden. Eine Aufgabe, die Jammet sehr gewissenhaft ausführt. Anschließend beraten sich die beiden Teams. Team Orange besteht aus Kanu, Opi, Blue, Bex, Toly und Alexej. Mit Team Blau stehen Wolfgang, Adrian, Tabasko, Charly, Dani und Brah ihnen gegenüber. Tja und als Jammet und ich endlich den Turm erklimmen, fällt auch schon der Startschuss. Beide Teams sollen sich nun vorsichtig dem Altar-Gelände nähern, eine Zündkerze finden und das Auto des Gegners (!) wieder flott machen und damit verschwinden. Von unserem Aussichtspunkt können Jammet und ich alles überblicken, aber etwas unwohl ist mir dann doch. Wir haben ständig die Befürchtung, dass sich jemand doch nicht an die Regel hält und versehentlich auf uns schießt. Oder, dass jemand von außerhalb unserer Gruppe kommt und das Ganze für bitteren Ernst hält und ebenfalls wild drauf losschießt. Gelegenheit dazu gibt es genug, denn es wird laut geschossen. Tarnanzüge wie Ghillies oder schallgedämpfte Waffen sind verboten. Wir wollen ordentlich Krach hören, oben auf unserem Turm. Es dauert auch nicht lange, da fallen die ersten Schüsse. Ich vermute, es war Brah, der versucht den Gegner aufzuscheuchen oder abzulenken. Leider kann ich durch den wahnsinnig dicken Nebel kaum etwas in der Entfernung erkennen und auch mein kleines Fernrohr ist alles andere als geeignet für diese Aufgabe. Ich hätte ein ordentliches Fernglas oder eine Waffe mit Zielfernrohr benutzen sollen… Tja, daran lässt sich nichts ändern. So vertraue ich darauf, dass Jammet den Überblick behält. Ich höre in den Funkkanälen immer mal wieder etwas munkeln. Kanu scheint eine komplette Angriffsstrategie entwickelt zu haben und hat zuvor mehrere Karten mit Positionsbeschreibungen und Szenarien entworfen, die er seinem Team haargenau erklärt hat. Ob das den erhofften Sieg bringt? Die andere Gruppe spricht sich dagegen zeitnah ab. Allerdings scheinen Tabasko und Charly sich zwischenzeitlich vom Ziel unbeabsichtigt entfernt zu haben. Das Gelände ist leider nicht allen so gut bekannt, aber am Ende kommen sie dann doch genau dort raus, wo wie es sich erhofft haben. Die Aktion geht los. Ich sehe, wie einer von ihnen auf die anderen losrennt und das Feuergefecht beginnt. Granaten fliegen, Wolfgang trifft vermutlich Bex. Er ist draußen. Aber das andere Team holt auf, als Alexej sich Adrian holt, allerdings ist dieser nur bewusstlos, wird aber dann versehentlich durch seinen Teamkollegen Tabasko aus dem Spiel genommen, der ihn kampfunfähig macht. Oh Mann… das ist ja echt ein Ding. Aber Tabasko fängt sich wieder und erwischt Alexej und Blue, als die beiden nach einer Kiste suchen. Respekt, die beiden hatten kaum eine Chance. Team Blau hat die Oberhand, aber da schnappt sich Kanu Wolfgang, der ebenfalls schon beim Funkturmgelände angekommen ist. Mit letzter Kraft rappelt sich Wolfgang auf, der nur bewusstlos war. Er verliert auch zu keinem Zeitpunkt die Nerven und verfolgt weiter seinen Plan. Es gelingt ihm, eine Zündkerze zu sichern, die er nun nur noch zu seinem Team bringen muss. Er schleppt sich schwerverletzt tapfer vorwärts, trifft sich mit Tabasko und Charly und tauscht Munition und die Zündkerze mit ihnen. Was für ein Kämpfgeist! Respekt. Brah ist unterdessen wieder zurück am Auto und bewacht es. Es sieht gut für Team blau aus. „Ah scheiße! Meine Schuhe sann au no kaputt. Der hat meine Schuhe ruiniert, der Bastard! Naaaa die sin ruiniert!!“, schimpft Wolfgang plötzlich, „der hat mich so zerfetzt, der Kerl!“. Leider kann er sich keine Fußlappen basteln, aber irgendwie geht es für ihn schon weiter. Team Orange ist ebenfalls noch im Rennen und Opi erwischt aus einem Busch heraus Tabasko, allerdings ist dieser zunächst nur bewusstlos. Anschließend nimmt der gut trainierte Scharfschütze Charly aus dem Spiel. Wolfgang schüttelt hörbar den Kopf: „I muss mit kaputte Schuhe die Welt retten!“, stöhnt er umgeben von Schussgeräuschen. Tabasko will das nicht auf sich sitzen lassen und versucht, eine Granate In Richtung Opi abzufeuern. „Ich probier jetzt mal was Dummes!“, kündigt er an. „Wie viele leben von denen überhaupt noch?“, fragt Dani dazwischen. Da kommt es von Tabasko: „Ja ähhh… Ich hab‘ doch gesagt ‚was Dummes probieren‘, oder?“ Es folgt eine kurze Pause. Danach erklärt er geknickt, dass er sich mit dem Granatwerfer selbst kampfunfähig gemacht hat. Die Granate hatte sich wohl in einem Ast verfangen. Was für ein Pech…. Jungspund Brah greift nun wieder aktiv ins Geschehen ein und arbeitet sich in Richtung Schlachtfeld vor, um den Schützen ausfindig zu machen. Unterdessen kann Opi aber weiter ungestört seine „Arbeit“ verrichten und er hat ein neues Ziel: Wolfgang. Dieser kämpft sich weiter schwerverletzt vorwärts, aber am Ende wird er doch erwischt. Brah kommt am Ort des Geschehens an, bekommt aber von Opi ebenfalls eine Ladung ab und geht zu Boden. Allerdings ist er noch nicht ganz aus dem Spiel. Dani versucht zu retten, was zu retten ist und wird ebenfalls von Opi erwischt. Am Ende schafft es Brah aber noch mit letzter Kraft, Opi zu erledigen. Dann muss auch er gehen. Team Blau ist Kampfunfähig und somit ist Team Orange siegreich. Alle im Norden sammeln sich wieder an der Radiostation. Ich sammle noch die übrigen Waffen zusammen und bringe alles wieder zum Truck. Dann geht es in verschiedenen Autos wieder runter zum Bambi-Auffanglager. Am Auffanglager angekommen albere ich noch etwas mit Blue rum und ich bekomme von Charly als Andenken noch eine „Erziehungsvaiga“ überlassen. Strahlend halte ich mein neues Spielzeug in Händen. Ich bin ja prinzipiell gegen Waffen und Gewalt, aber so eine Vaiga mit Gummigeschossen, um auf angriffslustige Bambis zu schießen und sie dann „sanft“ außer Gefecht zu setzen ist schon eine tolle Option. So wie ein Hammer der sanften Korrektur. Den Truck parkt Kanu vor der Basis in Cherno, da keiner aus Charlys Gruppe da ist, um ihn entgegenzunehmen. Schließlich lasse ich mich völlig erschöpft in mein provisorisches Bett fallen.


    Was für ein Tag!


    2023-05-07_Collage.jpg

  • 8. Mai 2023 – Adrenalin


    Als ich beim Camp ankomme, brennt ein Feuer. Kein Mensch ist zu sehen. Eigenartig. Alles liegt aber ruhig und friedlich vor mir. Per Funk meldet sich Wolfgang, der den Rauch ebenfalls entdeckt hat. Wer auch immer hier war, weit kann er noch nicht gekommen sein. Ich verstaue meine Erziehungs-Vaiga™, meine roten Sachen und wähle etwas Unauffälligeres in Grün, um nicht so schnell überrascht zu werden. Wir drehen eine kleine Runde und entdecken bei den Gleisen den leblosen Körper eines Bambis. Einsam und verlassen liegt es da. Ein trauriger Anblick. Ich untersuche die Leiche etwas genauer und stelle fest, dass etwas ihn von rechts getroffen haben muss. Entweder ein anderer Überlebender oder diese grässlichen und lästigen Zombies. Da weder Wolfgang noch ich Schüsse in den letzten Minuten gehört haben, tippe ich auf die Zombies, die ihn überrascht haben müssen. Armes Bambi… was ist dir wohl passiert und wer bist du gewesen? Ich lege eine Schweigeminute für den Unbekannten ein und begrabe dann seine Überreste.


    Zurück am Camp bekomme ich eine M4 und eine VSD überreicht, um etwas „üben“ zu können. Durch das Event ist mir klar geworden, dass es nichts schadet, zu wissen, wie eine Waffe funktioniert, wenn ich ihren Gefahren besser ausweichen möchte. Ich drehe mit Wolfgang noch eine Runde durch das Industriegebiet und übe etwas auf Zombies zu schießen. Es ist einfach unglaublich, wie schnell so eine M4 den Zombies den Gar aus macht. Kein Wunder, dass so mancher Killer da draußen leichtes Spiel hat. Allerdings muss ich mich an das Gewicht Schutzweste, die Waffe und den ganzen Rest noch gewöhnen. Diese ganzen Magazine und Munition verwirren mich komplett. Irgendwie habe ich auch kein gutes Gefühl dabei, eine solche Waffe mit mir zu führen. Schon die Vaiga ist grenzwertig, auch wenn sie nur mit Gummigeschossen geladen ist. Aber üben schadet, richtig? Nach einer kurzen Runde durch den Containerhafen, lege ich mich noch etwas in der Nähe des Lagers hin, um für die Abendstunden fit zu sein.


    * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * *


    Ich wache auf durch laute Schussgeräusche und Wolfgangs Warnung an Blue und mich. Was? Wie? Wo? Schüsse und vermutlich auch Explosionen im Industriegebiet vor Cherno. Es klingt, als ob jemand sich gewaltsamen Zutritt zu unserer Lagerhalle oder Opis Garage ™ verschaffen möchte. Sofort bin ich auf den Beinen. Ich behalte meine grüne Kleidung an und renne in Richtung der Garagen. Bei Hikaru und Blue ist alles in Ordnung, dort ist niemand. Es muss also bei unserem Bambi-Mobil oder Opis Garage sein. Vor unserer Garage stehen 7 Zombies, die Einlass begehren. Die Geräusche werden lauter, dann verstummen sie. Jupp, da muss jemand drin sein. Nun gut, dass dieser Tag kommen würde, war uns klar. In dem Lager gibt es auch nicht viel zu holen, lediglich Kleidung und Versorgungsgüter, aber….das rote Bambimobil! Es fährt mir eiskalt den Rücken runter. Was wenn…? Ich breche ab und begebe mich zu Wolfgang und seinem Aussichtspunkt. Für einige Momente beobachten wir einfach nur. Blue stößt zu uns und positioniert sich am Piano-Haus. Gerade beschließen wir, nach unten zu gehen und nach dem Rechten zu sehen, da eskaliert die Situation. Wir hören einen Motor. Der oder die wollen verschwinden! Mit unserem Bambi-Mobil! Sofort packe ich meine Waffe und renne, was das Zeug hält, in Richtung Halle. Ich kann noch sehen, wie das Mobil aus dem Tor fährt und nach rechts abbiegt. Mist! Wir müssen ihm den Weg abschneiden. Wolfgang, Blue und ich rennen um die Halle herum, sehen das Mobil und schießen.


    Ein ungeheurer Adrenalinschub. Ein Nervenkitzel. Die Erwartung, was jetzt passiert, weil ich so eine Situation überhaupt noch nicht kenne und weiß, dass ich jetzt definitiv eine Grenze überschreite, die ich noch nie überschritten habe. So paradox es auch ist, es löst bei mir eine Art Euphorie und eine Neugier aus, was jetzt passieren wird. Der Moment, indem ich durchziehe und auf das Auto halte, ist der Augenblick, an dem es kein Zurück mehr gibt. Ich wünschte, ich könnte einfach behaupten, dass ich nur auf die Räder schießen wollte. Ich wünschte, ich könnte jeden Gedanken daran, einen anderen zu Töten von mir weisen. Aber als ich die Waffe in Händen halte, geschieht alles automatisch. Wir feuern aus allen Rohren, wie man so schön sagt. Das Auto scheint zu entkommen, aber dann meldet Wolfgang, dass es im Waldstück zwischen der Halle und dem Militärposten zum Stehen gekommen ist. Wir sichern die Stelle provisorisch und ich prüfe das Bambi-Mobil. Keine Spur von dem oder den Tätern, aber ich bin mir sicher, dass wir demnächst flankiert werden. Die Reifen sind getroffen, der Kühler ist kaputt. Sonst scheint es jedoch noch fahrtüchtig. Wir schleichen uns zurück zur Basis und sehen das Unglück: Das Tor wurde gewaltsam aufgebrochen. Die Bambi-Kiste vor der Basis komplett zerlegt und alles verteilt. Jede Menge Güter fehlen und was ist das? Vor dem Tor liegt ein totes Bambi! Entweder hat der Täter es hier überrascht, oder aber es waren mehrere und einer von ihnen ging beim Experimentieren mit Sprengstoff zu Boden. Mein Mitleid hält sich im letzteren Fall in Grenzen. Wir sichern die Garage und beginnen mit den Aufräumarbeiten. Knapp 40 Minuten später möchte ich draußen einen Zombie erledigen, als mich etwas am Kopf trifft. Heimlich, still und leise. Ohne Vorwarnung. Ich gehe zu Boden, warne aber noch Wolfgang und Blue. Blue stürmt heraus, geht ebenfalls zu Boden. Ich komme wieder zu mir, aber der Zombie schlägt unbarmherzig auf mich ein. Ich besiege ihn, gehe aber erneut zu Boden. Ein paar Sekunden später krieche ich vorwärts in Richtung der rettenden Garage, in der auch Wolfgang wartet. Sind meine Beine gebrochen? Es tut so weh…Ein Schuss. Ich verliere erneut das Bewusstsein.


    Erst viel später, als alles vorbei ist, komme ich wieder zu mir und schleppe mich stöhnend ins Bambi-Lager. Wolfgang hat es am Ende auch erwischt. Wir sichern alles, was zu sichern ist, aber die Einbrecher haben sehr viele Dinge mitgenommen. Der Rest liegt wahllos in der Garage verteilt. Natürlich haben sie auch meine Wolfgangs und Blues Waffen mitgenommen. Na toll… die M4 und die VSD wollte ich doch wieder meinem Spender zurückgeben. Naja, viel gebracht hat mir das Training heute leider nicht. Es ist schon so, wer eine Waffe trägt, kommt mir ihr um. Ein Gutes hat es aber: Das Bambi-Mobil steht noch im Wald. Wenigstens etwas. Wir beschließen es wieder flott zu machen und Wolfgang spendet Reifen und einen Kühler. Ich entscheide, die Garage für die Allgemeinheit zu öffnen und beginne damit, so gut es geht die Brettermauern abzubauen. Anschließend sortiere ich noch die Dinge ein, die übrig geblieben sind. Blue hält unterdessen Ausschau, aber wir haben keine ungebetenen Gäste mehr. Sie sind wie vom Erdboden verschluckt. Leider hält das Schicksal noch eine traurige Wende für mich bereit. Wolfgang beschließt, nicht durch das Tor zu fahren, sondern durch die Lücke in der Mauer, um das Bambi-Mobil an einen sicheren Ort zu bringen. Dummerweise übersah er ein Stück Mauer und der gute alte Gunter bockte auf. Wir versuchen eine halbe Stunde lang, das Auto dort wegzubewegen, aber es hilft alles nichts. Es sitzt fest. Wenn der Schütze bzw. die Räuber noch in der Nähe wären, dann würden sie über unsere Aktion wohl herzhaft lachen. Tabasko kommt am Ende ebenfalls dazu. Er schafft es, das Auto zu befreien und ich habe Hoffnung. Aber dann setzt heftiger Regen ein. Ich habe keine Ahnung, was genau passiert. Vielleicht habe ich Halluzinationen aufgrund meiner Verletzungen, aber der Gunter bäumt sich auf und versinkt laut krachend im Boden. Viel mehr als Salutieren können wir nicht.

    Lebe wohl, mein stolzes Bambi-Mobil. Lebe wohl.



    2023-05-08_Collage.jpg

  • 9. Mai 2023 – Lichterfest mit Hindernissen


    Heute war ein ereignisreicher Tag, voller unerwarteter Begegnungen und aufregender Ereignisse. Mal wieder… aber fangen wir vorne an.

    Nach dem gestrigen Tag könnte ich wirklich einen Ruhetag gebrauchen. Hatte ich ja gesagt. Aber wie immer hat das Schicksal andere Pläne. Ich wache erst spät auf, meine Wunden sind zum großen Teil geheilt und ich ziehe mir wieder meine rote Ausrüstung inklusiver der neu erworbenen Erziehungs-Vaiga ™ an. Gegen Abend treffen Opi, Charly, Jammet und ich uns mit Dani am Bambi-Auffanglager. Ich bitte Jammet darum, etwas zu Grillen und so das kleine Fest für Hikaru vorzubereiten. Kanu hatte schon in den vergangenen Wochen einige Leuchtpistolen und bunte Rauchgranaten organisiert, die ich am Vortag noch aus der geplünderten Garage in Sicherheit gebracht habe. Er möchte mit den ganzen Sachen ein Lichterfest veranstalten und meine Idee war, das mit Hikarus Geburtstagsfeier zu kombinieren. Daher brauchen wir viel Essen und Jammet sollte etwas Fleisch grillen. So weit, so gut. Es soll ein schöner, entspannter Abend in einer kleinen Gruppe werden. Dann passiert es: Während Jammet am Grill steht, wird er plötzlich hinterrücks von einem Bambi mit einem Messer angegriffen. Er blockt und ruft uns zu sich. Durch Danis schnelles und beherztes Eingreifen kann Schlimmeres verhindert werden. Er wehrt das Bambi ab. Jammet beginnt mit dem Bambi zu reden, ein echter Samariter eben. Er erklärt ihm, dass wir hier ein Lager für Bambis aufgebaut haben und er sich gerne bedienen kann. Frei nach dem Motto: „Du hättest doch nur zu fragen brauchen. Gewalt ist unnötig.“ Ich komme vorsichtig dazu und spreche den Fremden ebenfalls an. Wie eine Ansage vom Band erkläre ich ihm, dass wir die Samariter von Chernarus sind und gerne anderen helfen. Er stellt sich mir als Pascal vor und ich bitte ihn eindringlich darum, keinen weiteren Schaden anzurichten und vor Allem die Unterstände, Fahne und Kisten nicht einfach abzubauen. Er zeigt sich absolut verständnisvoll und kooperativ und bedient sich schweigend an den Sachen, eher er wieder aufbricht.

    Nach dieser turbulenten Situation setzen wir uns erst einmal zusammen, um gemeinsam zu essen und uns zu entspannen. Gut, für Dani ist es nicht so entspannend, denn wir testen an ihm die Erziehungs-Vaiga™. Der erste Schuss in seinen Bauch bewirkt nichts, beim zweiten Fällt er um. Sofort reanimiere ich ihn, entschuldige mich und päppele ihn wieder auf. Es scheint so, als ob die angespannte Atmosphäre schnell abklingt und wir wieder zur Ruhe kommen können. Das ist bitter nötig, wie es sich zeigen wird. Ich beschließe, mich nochmals kurz aufs Ohr zu legen, um fit für das Fest am Abend zu sein. Ein voller Magen schläft gut. Zumindest in der Apokalypse.


    * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * *

    Ich wache auf. Ein Schock jagt den nächsten. Die gesamte Umgebung des Lagers wurde verwüstet. Überall liegen Holz, Nägel und zerstörte Kisten herum. Sträucher wurden herausgerissen. Alle Unterstände sind abgebaut, sämtliche Vorräte verschwunden. Sogar unsere Flagge ist nicht mehr zu sehen. Der Fahnenmast wurde beschädigt. Es ist ein Bild des Chaos und der mutwilligen Zerstörung. Jemand hier scheint unsere Aktion ganz und gar nicht zu mögen. In der Küche im Nebenraum, wo ich normalerweise mein Nickerchen mache, liegt demonstrativ ein rosafarbener Teddybär neben einer zerstörten Kiste. „Charly….!“, durchzieht es meine Gedanken, aber ich verwerfe ihn schnell wieder. Das würde er nie tun. Ich funke schnell Jammet und Kanu an und wir begeben uns sofort auf die Suche nach möglichen Eindringlingen, um die Gegend zu sichern. Es kann noch nicht lange her sein, die Spur ist noch frisch.

    Während unserer Patrouille entdeckt Jammet plötzlich ein Bambi in weißer Kleidung auf den Gleisen. Es warf etwas Leder weg. Jammet und Kanu mahnen mich zur Vorsicht. Ja, bestimmt hat er etwas mit den Vorfällen zu tun. Aber zunächst trete ich ihm freundlich gegenüber. Er sieht mich nicht kommen, ich stehe jetzt direkt hinter ihm und spreche ihn an. Panisch weicht er ein paar Schritte zurück. Es dauert etwas, bis er seine Sprache findet und sich mir als Tim vorstellt. Er ist wohl erst vor Kurzem in Chernarus angekommen. Lustigerweise passt seine Zeitaufgabe haargenau auf die Zeitspanne, in der hier das Lager verwüstet wurde. Ich erkläre ihm, dass das Lager gerade erst zerstört worden sein muss und der oder die Täter vermutlich noch in der Nähe sind. Hier auf offenem Feld zu stehen ist brandgefährlich, also bitte ich ihn, sich mit mir hinter den Holzzaun zurückzuziehen. Aber ich bezweifele, dass es nur ein Täter war. Dafür ist der angerichtete Schaden zu groß. Mit gemischten Gefühlen aber einem kleinen Vertrauensvorschuss führen wir ein durchaus freundliches Gespräch. Ich erkläre ihm, was wir hier machen, und entschuldige mich für den Zustand des Lagers. Es tut ihm nun fast schon etwas leid, dass er sich an unseren Vorräten bedient hat, sagt er. Aber das ist schon in Ordnung, dazu war das Lager ja da. Er bittet mich, kurz zu warten und ich bleibe in einigem Abstand stehen. Plötzlich greift er nach seinem Vorschlaghammer und schlägt auf mich ein! Zum Glück kann ich blocken und ausweichen. Jammet tut instinktiv das Richtige: Er feuert. Auch ich ziehe meine Erziehungs-Vaiga™. Nachdem ich sie zu Testzwecken zuvor an Dani ausprobieren konnte, beschließe ich, sie nun auch hier richtig zum Einsatz zu bringen. Allerdings habe ich den Rückstoß total unterschätzt. Ich drücke ab und treffe ihn ein paar Mal, aber er rennt weiter. Jammets Schüsse knallen ebenfalls, aber Tim – oder wie immer er in Wahrheit heißen mag– ist flink. Schließlich treffe ich ihn auf der Höhe des Bahnhofs nochmals in den Rücken. Er sackt bewusstlos zu Boden. Yay für die Erziehungs-Vaiga! Nun würde ich ihn gerne aufrichten und befragen, was das sollte, aber dummerweise machen mir acht Zombies einen Strich durch die Rechnung, die durch die Schüsse angelockt wurden. So ein Mist! Ich wehre sie ab und schließe mich im Bahnhofsgebäude ein. Dort versorge ich erst einmal meine Wunden. Ich höre Tim, wie er wieder aufwacht und etwas Unverständliches ruft, ehe er sich entfernt. Er scheint sich köstlich zu amüsieren. So ein Dreck! Aber Jammet ist ihm auf den Fersen und verfolgt ihn ins Industriegebiet. Dort endet jedoch seine Spur plötzlich in einer Lagerhalle. Ein toter Zombi und ein lebender sind noch dort. Hat er sich in Luft aufgelöst, wie so viele Überlebende in letzter Zeit? So ganz geheuer ist mir das nicht. An einer Ecke trifft Jammet ein unbekleidetes Bambi. Eine Frau. Er schießt, um sich zu verteidigen, sie stürzt und ist tot. Sehr eigenartig… was ist hier bloß los? Gehört sie zu Tim? Und warum war sie kaum bekleidet?

    Wir beschließen, zum Lager zurückzukehren, um uns neu zu organisieren. Wolfgang ist inzwischen auch angekommen. Wir beginnen mit dem Wiederaufbau und der Sicherung des Lagers, als Jammet wieder den Fremden „Tim“ mit dem selbstgenähten Rucksack bei der Bus-Halle sieht. Er rennt sofort hin, versucht ihn zu stellen und als sein Gegenüber ihn angreift, muss er schießen. Das war es dann wohl… Aber eigenartig, er hat die typische Kleidung gar nicht mehr an. Das Ganze ist hochgradig verwirrend. Wir gehen wieder ans Lager und räumen weiter für Hikaru auf. Das Lichterfest muss stattfinden. Jetzt erst recht! Hikaru verdient eine tolle Feier.

    Plötzlich meldet jedoch jemand erneut das Auftauchen eines Bambis an der Mauer des Rohbaus. Ich versuche ihn anzusprechen, doch er reagiert nicht und lockt mich stattdessen in den Rohbau. Mann, war ich dumm ihm einfach so nachzurennen. Im Rohbau fängt er dann an, auf mich zu schießen. Ich schlage Haken. Raus hier. Bloß raus! Ich kann mit knapper Not aus dem Haus entkommen, werde jedoch draußen erneut mehrmals von ihm getroffen und verliere das Bewusstsein. Als ich wieder zu mir komme, liegt der Räuber neben mir. Der Drecksack hat meine HOSE!!! Dieser Perversling! Ich versuchte mich aufzurichten, aber er nimmt meine Gartenharke und schmettert mir diese auf den Kopf. Schwärze. Später erfahre ich, dass Kanu, Wolfgang und Jammet den Kerl noch erwischt haben und meine Sachen zum großen Teil sichern konnten. Mann, es tut echt gut solche Freunde zu haben!

    Während ich noch immer außer Gefecht bin, tauchte ein weiteres Bambi auf, das nicht auf Ansprache reagierte und schließlich erschossen wird. Als ich wieder unter den Lebenden weile, mache ich mich auf den Weg zum Bambi-Auffanglager. Tja und was sehen meine Augen? Dort sind bereits zwei weitere Bambis. Pascal und sein Freund Shadow. Was ist heute bloß los?! Ich glaube, ich bin im falschen Film. Außerdem ist ein russischsprachiger Überlebender dabei, der später als Alexejs Freund identifiziert werden wird. Er berichtet Alexej von dem desolaten Zustand des Bambi-Auffanglagers. Leider schaffen wir es kaum, mit ihm zu reden und er ist wohl krank. S-tlk und Blue sind ebenfalls am Camp und helfen beim Aufbau. Tja und was soll ich sagen? Die beiden haben die Bambis sogar angesprochen. Das haben sie gut gemacht. Und Jammet hat meine Sachen in Sicherheit gebracht. Sogar die Erziehungs-Vaiga™ ist noch da. Ich sorge also dafür, dass ich mich wieder ausrüste. Schließlich kommt Hikaru dazu und gemeinsam packen wir an, um alles wieder aufzubauen. Jammet meinte scherzhaft: „Tja, wir hatten eine richtige Torte für dich, aber nun musst du doch mit einer YES-Torte und einer einzelnen Kerze vorlieb nehmen…“. Aber ich glaube, sie ist uns nicht böse. Nach einiger Zeit stehen wieder die ersten Unterstände und Kisten und wir sortieren alles ein. Auch die Fahne können wir wieder aufrichten. Zur Feier des Erfolgs veranstalten wir doch noch das Farbenfest mit Musik von Modern Talking….. Frag nicht.

    Also wenn jemand an dem Abend am Camp gewesen wäre, der nicht zu uns gehört, er hätte uns alle erschossen oder für komplett verrückt erklärt. Opi ist schuld! Definitiv. Am Ende des Tages sind wir alle wieder einigermaßen zufrieden mit der Arbeit und Blue, Hikaru und ich schlendern noch bei Nacht durch Cherno, um die medizinischen Güter wieder aufzufüllen. Dann geht es wieder ohne Zwischenfälle zurück. Alles scheint für den Moment wieder in Ordnung zu sein.

    Puh… was für ein aufregender Tag! Mal wieder. Ich hoffe wirklich, dass morgen ein ruhigerer Tag auf uns wartet.


    2023-05-09_Collage.jpg

  • 10. Mai 2023 – Hinterhalt

    Als ich mich heute in unserem Lager einfinde, treffe ich direkt auf zwei Schweine. Ohne zu zögern, nehme ich sie ins Visier und treffe eines von ihnen. Allerdings flüchten beide. Ich hinterher. Die Zombies, die daraufhin aufmerksam werden, jagen den Schweinen ebenfalls hinterher. Auf offenem Feld schaffe ich es schließlich das verwundete Schwein zu erlegen und zwei Zombis abzuwehren. Gekonnt zerlege ich das Schwein und begebe mich zum Küchenhaus, um das Fleisch zu grillen. In diesem Moment erreichen mich plötzlich Nachrichten von Wolfgang und Hikaru. Sie haben Schüsse gehört und sind verunsichert. Ja… logisch. Verständlicherweise sind wir alle momentan nervös und empfindlich. Ich entschuldige mich bei ihnen für die Verwirrung.


    Am Abend jedoch werde ich beim Grillen am Ofen heimtückisch niedergeschlagen. Um mich rum mal wieder Schwärze und ein Gefühl der Anspannung. Wer ist der Fremde und was hat er vor? Als ich wieder zu mir komme, liege ich beinahe entblößt auf dem Tisch und meine eigene Kleidung ist verschwunden. So ein Perversling! Ich ziehe mir hastig die beschädigte Polizeikleidung an, die mein Angreifer hinterlassen hat, jedoch fehlen mir Schuhe. Ohne weitere Verzögerung renne ich los, um der Gefahr zu entkommen. In diesem Moment taucht Tabasko auf, der sich gerade im Rohbau befindet. Er schießt auf einen Überlebenden in roter Kleidung, doch dieses Mal bin das nicht ich. Gekonnt erwischt er den Übeltäter. YES! Vor dem Haus werde ich plötzlich von acht Zombies attackiert. Sie schlagen auf mich ein und ich erleide zahlreiche Schnittwunden. Der Boden schmerzt unter meinen nackten Füßen und ich beginne zu humpeln. Kaum noch in der Lage zu laufen, kommen mir Tabasko und Brah zur Hilfe. Ohne sie hätte ich es wohl nicht geschafft. Ich erhalte eine dringend benötigte Infusion und schaffe es schließlich, meine Sachen, inklusive einer Bluttransfusion, wiederzuerlangen. Nachdem ich mich im Bambi-Auffanglager ausstatte, taucht Pascal auf. Leider sind zwischenzeitlich meine Handschuhe ruiniert worden, weshalb ich krank werde, als ich Hühnchen zerlege und anschließend aus dem Brunnen trinke.


    Plötzlich taucht ein Überlebender namens Traxxor am Brunnen auf, der vermutlich aus dem Ausland kommt. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob das sein Name ist, ich konnte ihn nur schwer verstehen. Zumindest spricht er nur Englisch. Ich erkläre ihm die Situation und er nimmt dankbar einige Gegenstände aus unserem Fundus an sich, bevor er weiterzieht. Anschließend mache ich mich auf den Weg, um Flo in Cherno abzuholen. Doch kaum erreiche ich unsere Garage, höre ich Schüsse, die aus dem Bambi-Auffanglager kommen. Es dauert nicht lange, bis Ravini, Max, Kevin, Charly und einige Zeit später sogar der unschuldige englischsprechende Besucher von zuvor in ein handfestes Gefecht verwickelt werden. Zunächst erwischt ein Schuss Kevin am Lager und kurz darauf auch leider unseren lieben Ravini, der gerade am Feld Gemüse anbaut. Charly stößt zur Gruppe und schießt auf die einzige Person am Lager, die er nicht kennt. Dabei merkt er nicht, dass es sich dabei um Traxxor handelt, der vermutlich aufgrund der Schüsse Schutz bei uns gesucht hat. Tragisch und es tut mir sehr leid für ihn. Anschließend wird Max noch getroffen, bis Wolfgang den Scharfschützen in einem Busch erspäht und Tabasko in mit einem gezielten Schuss erwischt. Wieder am Lager lecken wir unsere Wunden und ich stelle der Gruppe Flo vor. Tabasko und Pascal führen noch ein kleines Experiment „für die Wissenschaft“ durch und Tabasko geht zu Boden. Granatwerfer sind wirklich böse… Kevin erhält am Ende von Charly auch seine geliebte Schusswaffe zurück, die ihn schon zwei Monate durch Chernarus begleitet hat. Am Ende kümmere ich mich um den gefallenen Traxxor. Als Grabstein verwende ich einen rosa Teddybären. Wir werden uns an dich erinnern. Selbst die fremden Angreifer erhalten eine entsprechende Bestattung. Heute gibt es leider sehr viel zu tun für mich.


    Ja, dieser Tag birgt viele Gefahren, in gewisser Weise auch Verrat und unerwarteten Wendungen. Es ist ein ständiger Kampf ums Überleben in dieser feindseligen Welt. Ich bin dankbar für die Unterstützung meiner Mitstreiter und für jede Situation, in der ich dem Tod knapp entkommen konnte. Dennoch bleibt die Gewissheit und die Unsicherheit bestehen. Jeder Schritt, den wir setzen, kann potenziell unser letzter sein. Wir müssen wachsam bleiben. Wie immer.


    Der Verrat, dem ich beinahe zum Opfer gefallen wäre, lässt mich grübelnd zurück. Das hätte ins Auge gehen können… Es scheint, als ob sich nicht jeder in unserer Gemeinschaft den gleichen Zielen verpflichtet fühlt. Oder aber wir haben hier wirklich Feinde, die alles daransetzen, uns das Leben schwer zu machen. Vermutlich empfinden sie eine diebische Freude daran. Ich werde weiterhin vorsichtig sein müssen, denn die Bedrohung geht nun klar nicht mehr nur von den Untoten aus, sondern besonders von den Überlebenden. Es ist nicht nur der Kampf ums Überleben. Wir kämpfen auch gegen die dunkelsten Seiten der Menschheit.


    Die Begegnung mit Traxxor hat mir aber auch klar gezeigt, dass nicht alle Fremden Feinde sind. Es besteht immer noch die Möglichkeit, neue Verbündete zu finden und sich gegenseitig zu helfen. Ein Funken Menschlichkeit eben. Ich bin erleichtert, dass der Sniper letztendlich gestoppt wurde und Kevin seine Waffe zurückerhalten hat. Es sind die kleinen Siege, die uns Hoffnung geben und uns daran erinnern, dass wir nicht aufgeben dürfen. Wir müssen zusammenhalten. Jetzt mehr, denn je.


    2023-05-10_Collage.jpg

  • 11. Mai 2023 – Konfrontation


    Es ist bereits schon Mittag, als mich ein Funkspruch von Wolfgang in meiner wohlverdienten Mittagspause erreicht. Das Lager wurde wieder geplündert. Es seien keine Kiste mehr da, auch keine Unterstände. Selbst unsere Fahne wurde geklaut. Am liebsten würde ich gleich zum Camp rennen, aber ich habe gerade an einem anderen Ort einen Einsatz und bin dort unabkömmlich. So macht sich Wolfgang alleine an die Arbeit. Diese treue Seele… Wolfgang repariert, Wolfgang baut auf. Erst etwas später komme ich am Lager an und bringe eine neue Bambi-Fahne sowie zwei Kisten für die Küche. Als Tabasko von der verlorenen Fahne hört, meint er das würde nun Krieg bedeuten. Ich sehe das anders. Seit dem ersten Überfall auf unser Camp, ist mir das relativ egal geworden. Natürlich ist es ein schönes Symbol, aber wir sind mehr als ein bemalter Fetzen Stoff. Abgesehen davon führen wir Samariter keinen Krieg. Das dürfen die Jungs gerne unter sich ausmachen. Uns geht es dagegen nur ums Helfen. Aber zugegeben, ich wüsste schon gerne, wer hinter all dem steck und vor Allem: Warum.


    Langsam entwickle ich einen Plan, um auf solche Situationen weiterhin regieren zu können. Als Ich meine Runde durch Cherno drehe, bemerke ich außerdem, dass die Unterstände vor der Riesenbase dort auch allesamt abgebaut wurden. Auch aus Solnichniy ereilt uns der Funkspruch, dass es dort nicht anders aussieht. Es ist also definitiv eine großangelegte Aktion, aber von wem und aus welchem Grund? Ich werde das Gefühl nicht los, dass ich etwas übersehen habe. Immer und immer wieder stöbere ich in meinen Aufzeichnungen, aber ich komme nicht darauf. Die letzten Tage waren einfach viel zu hektisch, um nun alles klar analysieren zu können. Ich benötige dringend eine Pause und beschließe, mich etwas abseits vom Camp auszuruhen.


    * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * *


    Ich wache wieder auf, als der Tag sich dem Ende neigt. Schon, als ich auf das Lager zulaufe, ahne ich Schreckliches. Meine Befürchtungen bestätigen sich, als ich die abgebauten Unterstände sehe. Überall sind Gegenstände verteilt. Auch in der Küche liegen Nägel, Bretter und diverse Sachen auf dem Boden. Einige Dinge scheinen die Fremden auch mitgenommen zu haben. Im offenen Feld entdecke ich beispielsweise eine Kabelrolle. Die Vandalen sind wohl zurückgekommen und haben hier buchstäblich keinen Stein auf dem anderen gelassen. Auch unser Ofen wurde abgebaut, die Bambi-Fahne entwendet. Glücklicherweise haben wir noch eine von Wolfgang bekommen vor einiger Zeit, nach den ersten Plünderungen, aber mir wird schnell klar, dass wir dieses „Spiel“ nicht ewig weitermachen können und möchten. Während ich die Gegend absuche, frage ich mich, wer denn so einen tiefen Hass gegen uns hat und vor allem, warum. Es ist nicht nur ein einfacher Base-Raid. Die Art und Weise, wie vorgegangen wird, spricht eine deutliche Sprache. Aber ich glaube auch nicht mehr daran, dass es nur Tim war oder nur der mysteriöse Minenleger, der Bambi-Killer oder gar der Schatten, der sich immer wieder in Luft auflöst, nachdem er gemordet hat. Mir kommt es fast so vor, als seien es zwei Gruppen, die sich hier einen Spaß daraus machen. Meinen Verdacht teile ich auch mit Wolfgang, aber noch sind alles nur Vermutungen.


    Also beschließe ich, mich zum zweiten Mal an diesem Tag dem Wiederaufbau zu widmen. Wir werden sehen. Andere unserer Freunde und Verbündeten fangen bereits an zu sagen, wir sollten besser das Lager räumen. Das sei den Aufwand nicht wert, bloß weil einige dort solche „Arschlochmoves abziehen“. Vermutlich haben sie recht, aber eine gewisse Sturheit, Vehemenz und vielleicht auch Naivität ist für das Leben als Samariter Grundvoraussetzung. Und man muss derartige Schmerzen ertragen können oder es zumindest lernen. Aber ich gebe zu, dass ich nicht jeden Tag das Camp zu seiner vollen Größe aufbauen werde. Wir werden zurück zu unseren Wurzeln kehren und trotzdem Bambis mit allem Nötigen versorgen und so neue Kontakt schließen.


    Ich mache mich besser an die Arbeit.


    * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * *


    Notiz vom 11.05.2023, gegen Abend.


    Samariter-Rot ist tot. Beim Schneiden einiger Äste kam ein Bambi vorbei und schoss mit der Schrotflinte direkt in seine Brust. Samariter-Rot war allein und hat noch versucht zu reden. Opfer wurde in der Nähe der Kirche von Cherno auf dem Friedhof begraben.


    Mögest du in Frieden ruhen, mein Freund.


    ~ Samariter-Blau


    * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * *


    Nun übernehme ich schweren Herzens den nächsten Eintrag, auf dass die Geschichte und der Traum weiterleben. Der Tod meines Freundes schmerzt sehr.


    Als ich am Lager erneut Ordnung ins Chaos bringen wollte, kam plötzlich ein splitterfasernacktes Bambi vorbei. Aber dieses Mal war ich vorbereitet und hatte Verbündete zur Verstärkung dabei. Lediglich Schuhe trug es. Ich versuchte den Fremden anzusprechen und stellte ihn zur Rede, warum er meinen Freund getötet habe. Doch der Fremde, der gutes Englisch sprach, gab keinerlei Informationen Preis und tat sehr geheimnisvoll. Im Gegenteil: Es sei an uns ihm Informationen zu geben! So eine Frechheit! Wie kann er es wagen hier aufzukreuzen und solch eine Nummer abzuziehen? Ich sah nur noch Rot. Dani schoss auf den Fremden, da dieser offensichtlich keine guten Absichten mit ins Lager brachte.


    Kurz darauf kam erneut ein nacktes Bambi mit erhobenen Händen auf uns zu, das gutes Englisch sprach. Ich ignorierte ihn zunächst demonstrativ, während ich das zuvor erwähnte Bambi begrub. Doch er winkt mir vom Brunnen aus zu. Er hob die Hände und wollte so ausdrücken, dass er keine Gefahr sei. Wer’s glaubt… er ist bestimmt nicht allein. Aber ich auch nicht. „Hey, uh..“, begann er. Ich knurrte: „Is it you again?“ und meinte damit seine ganze verkommende Truppe. Vermutlich hat er meinen Freund getötet und die letzten Tage das Camp hier verwüstet. Ob er auch hinter den Angriffen auf die Garage und Max, Charly und vor allem den armen Ravini steckte? Besonderes Letzterer hatte ein solch hinterhältiges Verhalten nicht verdient. Ravini war eine der friedlichsten Personen, die ich in der letzten Zeit getroffen habe. Also, was hatte der nackte Kerl im Camp mit mir nun zu bereden? „Yeah sure I want to talk to you. That’s the reason why I came here.“ Danke, Dämlack. Darauf wäre ich nicht gekommen. Ich wurde langsam etwas ungehalten und begann in sarkastischem Unterton: „Yeah, so what do you want to talk about? About raiding our camp, killing my friends? WHAT DO YOU WANT TO TALK ABOUT?“ Doch falls ich damit die Absicht gehabt hatte, ihn in die Enge zu treiben, schien das nicht geglückt, denn nun schoss er verbal zurück. „Yeah and YOU killed my friends!“ Ich erstarrte. Was soll ich getan haben? „Your friends?“, fragte ich ungläubig und fassungslos. Ich würde nie jemanden umbringen einfach so. Erst reden, dann reagieren. Und überhaupt… was hätte ich davon gehabt? Und ich konnte mir auch nicht denken, dass Samariter-Rot so etwas getan haben sollte. „I wanted information.“, begann der Fremde wieder, aber ich hörte ihm kaum zu. Stattdessen sprudelte es aus mir heraus: „I never killed anyone! I’m a Samaritan and we provide shelter here. Who should we have killed? Tell me!“ Mein Gegenüber antwortet Prompt: „Yes you are“. Ganz so, als ob er mir nicht glaubte. Das schlug dem Fass den Boden aus. Er tat gerade so, als hielte er das alles hier für eine große Falle. Ich konnte nicht anders als ungläubig weiter den Kopf zu schütteln. All die Trauer über den Tod meiner Freunde, das zerstörte Lager schoss mir in den Kopf und nun diese Diffamierung unserer guten Sache und das Pervertieren all unserer guten Absichten ins Gegenteil. Es bildete sich ein großer Klos in meinem Hals. „You play with the other guys together. You play together with the other guys? „What is it with the medic stuff. YOU play a medic, but your friends are sniping people here!“ Ich versuchte mich zusammenzureißen und meine Gedanken zu ordnen. Ja, es stimmte, dass hier in letzter Zeit viel geschossen wurde. Aber erst, nachdem jemand zuvor auf uns das Feuer eröffnet hatte. Zwischendurch hatten wir immer wieder versucht, das Gespräch zu suchen und niemanden einfach so umbringen wollen. Gut, dass manche mit den lilafarbenen Armbändern einen nervösen Zeigefinger hatten, stimmte. Und dass nicht jedes Bambi auf unsere Ansprachen reagierte und vielleicht nicht immer alles verstand, ebenfalls. Aber wir versuchten stets, jede Situation so gewaltfrei wie möglich zu lösen, auch wenn es eine große Eskalation vor einigen Tagen gab. Mir dämmerte es. Damals waren auch zwei unbekleidete Bambis unterwegs gewesen. Allerdings hatten sie die Möglichkeit gehabt, sich zu äußern oder zu reagieren. Also versuche ich die Vorwürfe nicht an mich heranzulassen. Ich bin mir keiner Schuld bewusst. „There are many different groups here. We set up a bambi-camp here to provide food and stuff for…“, begann ich ruhig. Dann werde ich rüde unterbrochen. Ich komme mir fast vor wie bei einem Verhör. „YOU or WE?“, donnerte es von meinem Gegenüber. Die Situation wäre nicht so absurd gewesen, wenn sein Magenknurren nicht über Meter weit zu hören gewesen wäre und er nicht die Hände über dem Kopf gehalten hätte. Das alles war falsch. So falsch. Ich ließ mich nicht beirren und erklärte: „Me and two of my friends. We are the Samaritans of Chernarus since 2016. Now… look. We met two other groups with a huge base. And sometimes they come here, start shooting and do some crazy things. But I’m not very much into weapons and such and whatever happend was elf-defense. We were attacked by a player a few days ago. You can check my friend’s vaiga. It’s loaded with slugs made of rubber, okay? So they don’t hurt anyone. We are usually really peaceful.“ Ich hoffte, das überzeugte den Fremden von unseren ehrlichen Absichten, aber ich war mir da nicht so sicher. Er schien wirklich einen regelrechten Groll auf uns zu hegen und so sagt er nur: „Yeah, we see. We see.“. Ich versuchte das Gespräch wieder in Gang zu bringen: „But right now there are some people from the Cherno base around and they got really angry because our camp got raided and they said they’ll look after us.“ Wie als wolle das Schicksal diese paradoxe Situation untermalen, ging eine Bombe mit einem lauten Krachen in einiger Entfernung in Cherno nieder.


    Doch statt auf meine Antwort zu reagieren, beharrte der Fremde auf seiner Frage: „So you play together with the Cherno-guys?“ Was soll man darauf so groß sagen? Ja, wir kennen uns. Ja, wir helfen uns und sind Verbündete und teilweise Freunde. Aber wir sind verschiedene Gruppen, die jede ihrem eigenen Ziel folgt. „Those Cherno-guys are one of the two groups we have contact to. Yes. But they are not the Samaritans. The Samaritans are a third group. And this is our camp.“, erklärte ich weiter. Es war alles kein Geheimnis. In seinem Blick funkelte etwas und er fragt weiter: „What I want to know is, what do you know about the guys in Kamarovo?“ Warum denn nun Kamarovo? Ich verstehe den Typen echt nicht. „Kamarovo?“, wiederhole ich. „That’s what we want to know. These are the guys we want to raid. But we want some information about it so…“ Moment. Moment. Moment… Er wollte also von mir an Informationen kommen, um da irgendwo eine Basis raiden zu können? Und darum das Ganze? Darum die Tode, das Zerstören der Basis? Einfach nur dafür? Wie kaltblütig konnte jemand wie er sein? Wie armselig? Was sollte denn das für ein „Spiel“ sein? Ich überlegte kurz. War das Max und Kevins Base oder doch die von jemand anderem? Ich wünschte mir, ich hätte eine bessere Ortskenntnis, aber manchmal klangen die Namen im Eifer des Gefechts für mich wie Böhmische Dörfer. Har… der war gut… Aber nun da ich dieses Gespräch führte wusste ich plötzlich, warum Samariter-Rot immer wieder sagte, man solle möglichst keine Informationen über Standorte von irgendwelchen Basen oder Codes in Erfahrung bringen. „Okay,I know that there are two survivers who have a base somewhere. Maybe there. Not sure and uh… You really seem hungry.“ Sein Magenknurren war wirklich gut zu hören und ich hielt es fast nicht aus, ihn länger so hungernd und zitternd vor mir zu sehen, obwohl er klar derjenige war, der das Gespräch führte. Eine absolut absurde Situation. „Wait. Here take this.“, sprach ich und warf ihm eine Packung Salzsticks zu. Er lachte nur und ließ sie liegen. „You don’t have to.“, sagte er stattdessen. „I can’t leave you dying here. Take it!“, beharrte ich. „Just answer.“, war alles, was er noch sagte. Ich sagte ihm, dass er doch wenigstens die Hände sinken lassen könne. Solange ich nicht in Gefahr sei, würde sicher keiner auf ihn schießen. Innerlich hoffte ich, dass das stimmte, aber ich vertraute einfach den anderen in diesem Punkt. Seinen Namen wollte er mir auch nicht sagen. Allerdings verriet er, dass er und sein Freund tatsächlich seit drei Tagen unser Camp sowie den Standort in Solnichniy und die Zelte von Cherno geplündert und abgebaut hatten. Dass die Zelte in Cherno nicht von uns waren, konnte er nicht wissen und ich habe es ihm auch nicht verraten. Was ich nicht ganz verstand war, dass er wirklich versucht hatte, uns auf eine gewisse Art und Weise zu erpressen. So nach dem Motto: Wenn du uns die Informationen nicht gibst, kommen wir jeden Tag hierher und zerstören euch alles. Rückblickend klar, aber ich hatte zu dem Zeitpunkt keinen Schimmer, warum jemand das tun wollte. Vor allem, da wir mit Informationen und Hilfe ja in der Regel sehr großzügig umgingen und gerne gaben. Das wussten alle hier. Aber mir wurde nun im Verlauf dieses Gesprächs klar, dass wir wohl bei der Verteidigung des Camps einen seiner Freunde angegriffen haben mussten. Und dass es damals nicht Tim war, der auf Samariter-Rot beim Rohbau geschossen hatte, sondern einer dieser beiden bzw. dieser Nacktbambi-Gruppe. Ich sagte ihm, dass es uns leidtäte, auf ein Bambi vor einigen Tagen geschossen zu haben, aber ich berichtete auch, dass wir zuvor angegriffen worden waren und sie so vermutlich ins Kreuzfeuer geraten waren. Die Tatsache, dass sein Freund Samariter-Rot vor dem Ofen niedergeschlagen und komplett entkleidet hatte, half auch nicht wirklich dabei, Vertrauen aufzubauen. Egal, was er damit vorhatte. Ich versuchte ihm mehrfach zu erklären, dass diese ganze Gewalt so sinnlos sei. Er hätte nur fragen müssen und alles wäre geklärt gewesen, aber offenbar wollte er das „Spiel“, wie er es nannte, nicht so spielen. Stattdessen stellte sich heraus, dass es wohl eine größere Gruppe von Banditen gibt, die uns seit einiger Zeit beobachten und sich einen neuen Gegner suchen. Traxxor oder wie er hieß gehörte wohl auch dazu. Aber wenn dem so war, warum hat er dann am Vortag nicht mit Samariter-Rot über alles gesprochen? Die Chance war da und je mehr ich darüber nachdachte, desto sicherer wurde ich mir, dass unser Gegenüber uns absichtlich ein schlechtes Gewissen einreden wollte. Täter-Opfer umkeh oder emotionale Erpressung. Ich glaubte so etwas schon einmal gelesen zu haben. Jedenfalls schien die Basis in Kamarovo ihnen wohl zu klein und kein lohnendes Ziel. Sie erschien ihrer unwürdig, aber die Basen in Cherno und Novo zogen ihr Interesse an. Am Ende entschuldigte er sich noch halbherzig dafür, die Vaiga meines Freundes genommen zu haben und das Camp ausgeplündert zu haben und sagte, sie würden uns fortan in Ruhe lassen. Aber so ganz glaubte ich ihm nicht. Ein Satz ging mir nicht mehr aus dem Kopf: „I’m sorry for raiding your bambi-base and the vaiga and I like the medic stuff but it’s not my way of playing this game. But the medics are the people that are in contact with this people on the server. It’s always the same. So we alaways attacked first the medics try to get some information and search for the clan.“ Er muss viel rumgekommen sein und an anderen Orten schien es auch Leute wie uns zu geben. Aber sich ausgerechnet diese Leute als Ziel aussuchen? Das war wirklich erbärmlich. Vor allem, wenn wir selbst ohnehin keine Gegenwehr leisten wollten. Ich verstand ihn einfach nicht und brachte das auch zum Ausdruck. Anschließend fragte er mich noch dreist nach einem Messer, um sich selbst umzubringen. Sein Leben schien ihm keinen Pfifferling wert, was auch zeigte, dass da eine größere Gruppe dahinterstecken musste. Aber ich wollte ihm den Gefallen nicht tun und bot ihm stattdessen an, mich anzugreifen, damit mein Backup ihn zerlegen konnte. Aber das wollte er dann wohl auch nicht. So rannte er zum Zeltplatz und ich dachte, er wollte sich nun einen angespitzten Stab in den Bauch rammen oder mich damit angreifen. Da schoss Opi. Wieder ein absolut unnötiger Tod hier am Camp, weil man nicht offen miteinander geredet hatte. Ich begrub ihn und blieb fassungslos zurück. Was sollte ich von all dem halten? Die Trauer, die Erschöpfung… all das forderte ihren Tribut und ich zog mich erst einmal zurück. Gemeinsam mit den anderen räumten wir das Camp auf und Hikaru durfte zu Ehren des gefallenen Samariters die neue Bambi-Fahne hissen.Aber inmitten dieser traurigen Zeiten gab es wieder einen Lichtblick: Wolfgang berichtete noch von unterwegs, dass er zumindest einige Dinge, wie die Fahne und andere Versorgungsgüter wiedergefunden habe und auf seinem Streifzug durch Elektrozavodsk hatte er einen potenziellen neuen Samariter aufgegabelt, der eventuell in die Rolle von Samariter-Rot schlüpfen wollte. Als könnte man den so einfach ersetzen… Die Jobbeschreibung war nicht besonders ansprechend und vermutlich hat Wolfgang ihm verschwiegen, dass sein Vorgänger erschossen wurde. Aber ich habe das Buch in der Hütte hinterlegt und denke, wenn er es liest, weiß er besser, was auf ihn zukommt. Er sollte vorbereitet sein. Ich ziehe mich nun erst einmal zurück zu meinem Standort. Weit weg von dem Ganzen hier in Prigorodki.


    2023-05-11_Collage.jpg

  • 12. Mai 2023 – Geduldsprobe

    Liebes Tagebuch,


    gestern bin ich im Lager angekommen. Nachdem ich Wolfgang in Elektrozavodsk getroffen hatte und wir ins Gespräch kamen, habe ich beschlossen, einmal bei den Samaritern vorbeizuschauen und mein Glück zu versuchen. Außerdem schulde ich ihm einen Gefallen und ich habe ohnehin kein richtiges Ziel. Da ich über grundlegende medizinische Grundkenntnisse verfüge und an chronischem Helfersyndrom leide, bin ich wohl der perfekte Kandidat für diesen Job. Achja, im früheren Leben habe ich Psychologie studiert. Vielleicht hilft mir das ja auch etwas weiter. Ich habe dementsprechend viel Zeit damit verbracht, das Tagebuch oder auch das „Logbuch“ zu lesen und ich begreife langsam, was die Samariter bewegt. Was sie „ticken“ lässt, wenn man so will. Wobei ich zugebe, dass die Situation momentan sehr angespannt ist. Samariter-Blau ist auf Wanderschaft und am Morgen ist die Basis in Ordnung. Nachdem, was alles hier passiert ist… aber vielleicht schaffen wir es zusammen, dem ganzen Chaos Einhalt zu gebieten. Außerdem habe ich die Hoffnung, dass die Nachbambi-Assis (so nennt sie Samariter-Blau, weil sie ihre Namen nicht preisgeben wollten) uns nun endlich in Ruhe lassen. Nach der Lektüre des Tagebuchs kann ich noch weniger nachvollziehen, warum jemand täglich das Camp verwüstet und auf diese paradoxe Art und Weise versucht, Kontakt zu uns aufzunehmen. Vielleicht war das alles auch nur vorgeschoben und die Gruppe hat eigentlich ein ganz anderes Ziel. Wir werden sehen.


    Ich beginne meine Schicht damit, dass ich das Lager weiter aufbaue. Ich bastle neue Kisten und hoffe, dass der Albtraum nun vorbei ist. Alles fühlt sich gut an. Ich drehe meine Runde nach Chernogorsk. An der Militärbasis gibt es Giftgas, aber ich bemerke es zu spät. Plötzlich renne ich um mein nacktes Überleben. Ich werde krank und habe keine Bandagen mehr dabei…. Ein toller Samariter bin ich. Also nehme ich einen Stofffetzen. Aber es ist klar, was das bedeutet. Die Krankheit breitet sich aus! Da meine Blutgruppe 0+ ist, entscheide ich mich für eine Blut-Transfusion. Ich leite das Blut meines getöteten Vorgängers in meine Venen. Irgendwie makaber, aber mir geht es schon bald besser. Und ich bin geheilt. Hurra! Ich begebe mich erneut nach Chernogorsk, um rote Ausrüstung zu suchen. Auf dem Weg komme ich am Grab des Samariters vorbei. Dort liegt ein blauer Helm, den ich an mich nehme. Wolfgang hatte mir noch erzählt, dass er ihn am Vorabend in einer Tanne gefunden habe. Die Banditen müssen ihn dem toten Samariter abgenommen und ihn dann in der Tanne versteckt haben. Ein krankes Spiel. Das Lustige: Der Helm ist in makellosem Zustand. Wenn ich das Tagebuch richtig deute, ist das auch schon eine Form von Ironie des Schicksals. Der Helm hatte schon so viele Träger, aber er selbst blieb unversehrt. Vielleicht bringt er mir ja mehr Glück. Ich laufe zurück zur Basis und kümmere mich um den Wundbrand, der mich natürlich ereilt hat. Aber zum Glück habe ich etwas Kräutertinktur, mit der ich meine Wunden desinfizieren kann, sodass sich die Infektion nicht noch weiter ausbreitet. Ich brate viel Fleisch und fülle alles auf. Ravini bietet mir eine Vaiga an, aber ich lehne dankend ab. Dann ruhe ich mich etwas weiter entfernt vom Lager aus und lese weiter im Tagebuch.




    * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * *


    Es ist schrecklich. Das Lager wurde wieder angegriffen, und Samariter-Blau sowie zwei unserer Verbündeten wurden erschossen. Unsere Verbündeten meldeten sich per Funk und berichteten von der Verwüstung und den Schüssen eines Scharfschützen. Nicht schon wieder! Es ist absurd, dass die Nacktbambi-Assis behaupteten, uns in Ruhe zu lassen. Von wegen! Nun ist es an mir, Samariter-Blau zu beerdigen. Ich kannte ihn kaum, aber er war gleich nach Wolfgang der Erste, der mich hier willkommen hieß. Lebe Wohl.


    Hinter dem Blockhaus finde ich eine achtlos weggeworfene Vaiga. Etwas sagt mir, dass das eine Botschaft der Nachtbambi-Assis ist. Ich suche im Tagebuch und tatsächlich… „I’m sorry about …the vaiga“, sagte der eine. Das muss die Erziehungs-Vaiga ™ sein. Ravini hat sie jedenfalls nicht dort hingelegt, aber er ist etwas… - kann man sagen enttäuscht? -, dass ich diese Vaiga nun nehme, obwohl ich seine „verschmäht“ habe. Vielleicht spielt er das aber auch nur. Ich kenne ich noch nicht gut genug, um das beurteilen zu können. Aber ich habe das Gefühl, dass ich genau diese Vaiga noch benötigen werde. Wenn der Bericht zutrifft, wurde Samariter-Blau direkt am Brunnen erschossen. Kanu und Blue suchen zusammen mit Max und Kevin die Umgebung ab, aber sie finden, wie so oft, keine Spur. Wir überlegen einen Schlachtplan, während ich alles vorbereite und damit beginne, das Camp nochmals neu aufzubauen. Das scheint wohl ab jetzt meine tägliche Aufgabe zu werden. Natürlich achte ich peinlich genau auf meine Umgebung und hoffe, nicht auch ein Opfer des Scharfschützens zu werden. Aber bis zum Abend geht alles gut und ich gleite in meinem Versteck in einen unruhigen Schlaf.


    2023-05-12_Collage.jpg

  • 13.05.2023 - Beschäftigungstherapie

    Liebes Tagebuch,

    Als ich die Basis heute prüfe, ist so weit alles in Ordnung. Lediglich die Baustelle mit einem Unterstand wurde demoliert, aber es stehen noch zwei Zelte samt Inhalt. Also beginne ich wieder damit, das Lager zu befüllen.

    Etwas später am Abend sind aber dann leider auch wieder der Unterstand und sogar der Ofen weg. Alles scheint verwüstet und dieses Mal regelrecht verbrannt worden zu sein, denn von den ganzen Sachen gibt es dieses Mal keine Spur. Wir suchen und suchen, aber es findet sich kein Krümelchen mehr. Es scheint, als wollten uns die Fremden ein klares Signal setzen: Brecht eure Zelte hier ab, sonst wiederholen wir das beliebig oft. Tatsächlich wäre es wirklich einfacher, alles aufzugeben und sich einen anderen Ort zum Helfen zu suchen. Wir sind nicht an Prigorodki gebunden und selbst eine Fahne benötigen wir nicht. Aber es widerstrebt mir, nach all dem, was wir bzw. auch die anderen hier durchgemacht haben, einfach aufzugeben. Abgesehen davon ergibt das alles keinen Sinn. Also mache ich mich wieder vorsichtig an die Arbeit und beginne nochmals von vorne. Mit stoischer Geduld. Zwischendurch fahre ich mit Jammet und Kanu auch noch kurz das Sommerlager ab, um neue Kleidung für die Zelte zu besorgen.

    Bevor ich die Zelte befülle, hat Wolfgang aber eine Idee. Er hilft mir dabei, zwei Zelte etwas sicherer zu platzieren. Auch um die Fahne kümmert er sich. Ich weiß nicht genau, wie er es schafft, aber durch seine akrobatischen Höchstleistungen gelangt er auf das Dach eines Hauses und gemeinsam mit Blue bauen wir die Fahne dort oben wieder auf. Somit ist sie zumindest vor einem Gelegenheitsdieb besser geschützt und wir senden nun unsererseits ein klares Signal: Wir sind nicht damit einverstanden, dass jemand ständig unser Lager zerstört. Wir lehnen weiterhin jegliche Form der Gewalt ab. Immerhin geht es darum, ein Auffanglager für alle Bedürftigen zu errichten und nicht um das Sammeln von Tötungen in einer Statistik. Wolfgang meint, man müsse solche Leute „beschäftigt“ halten. Nur so lassen sie die anderen in Ruhe. Vielleicht hat er damit recht. Auf jeden Fall bin ich abends sehr erschöpft, aber auch froh, dass das Camp wieder einigermaßen steht. Abends grillen wir gemeinsam mit Kanu und Jammet noch am Meer und genießen die schöne Aussicht.

    Wir werden sehen, was der morgige Tag bringt. Für heute gab es jedenfalls keinen weiteren unerwünschten Besucher. Somit beende ich meinen heutigen Tagebucheintrag und hoffe, dass es dir, lieber Leser, soweit gut geht und du wohl auf bist.


    2023-05-13_Collage.jpg

  • 14.05.2023 - Schonfrist


    Liebes Tagebuch,


    am Lager ist soweit alles in Ordnung und es scheint, als sei heute nun endlich der langersehnte Ruhetag, den sich meine Vorgänger so sehr herbeigesehnt hätten. Ich kontrolliere alles dreimal, aber es gibt keine besonderen Vorkommnisse und das Lager ist wieder einigermaßen aufgebaut. Was allerdings fehlt, sind noch ein paar Kleidungsstücke mehr und eventuell soll auch das Lager in Solnichniy wieder aufgebaut werden.


    Ich gehe etwas jagen und statte dem Grab des Samariters einen Besuch ab. Ich nehme meinen Helm ab und salutiere einsam. Wie lange es wohl dauert, bis ich daneben liegen werde? Ich verdränge solche düsteren Gedanken. Wer so denkt, kommt in dieser grausamen Welt nicht weit. Es geht stets darum, vorwärts zu blicken. Als ich zurück am Lager bin, beschließend Kanu, Blue und ich an der Küste entlang zu fahren. Ich darf heute das erste Mal dabei sein, wenn die Bambi-Kisten befüllt werden. Viele von ihnen wurden gut genutzt und sind leer. Das freut uns natürlich. Unterwegs kommen wir an einem Zug vorbei und schlagen uns recht gut gegen die Zombies. Leider bleibt das erhoffte Zelt aus. Trotzdem geht’s weiter in unserem grünen Sarka, bis nach Solnichniy. Dort bauen wir ein Reserve-Zelt am Brunnen auf und hissen wieder eine „Refuge“-Fahne. Das Zelt wird so gut es geht befüllt und anschließend fahren wir wieder zurück.


    Es war Alles in Allem wirklich ein erholsamer Tag, liebes Tagebuch. So könnte es doch glatt weitergehen.


    2023-05-14_Collage.jpg

  • 15. Mai 2023 – Hass-Spirale

    Der heutige Tag beginnt, wie erhofft. Das Wetter ist ordentlich und ich kann endlich weiter am Bambi-Auffanglager die Aufbauarbeiten vorantreiben. Auch Ravini kommt vorbei und packt mit an. Sehr nett von ihm! Ich hoffe, er bereut seinen Entschluss nicht und kommt durch unseren mysteriäsen Saboteur oder Scharfschützen nicht wieder in Gefahr. Aber alles bleibt ruhig und schließlich möchte Ravini weiterziehen. Über Funk meldet er sich schließlich. Er habe gerade einen Überlebenden „getroffen.“ Ganz in der Nähe, zwischen Prigorodki und Cherno im Waldstück. Ich frage nach und es stellt sich heraus, dass Ravini dieses Mal beschlossen hat, zuerst zu schießen und dann Fragen zu stellen. Nur in diesem Punkt war dann keiner mehr da, den er befragen konnte. Ich traue meinen Ohren nicht… Haben die Vorfälle am Camp so derartig düstere Früchte getragen, dass nun auf jeden geschossen wird? Ich verurteile die Tat zutiefst, aber ich kann verstehen, was Ravini dazu bewogen hat. Nachdem in der letzten Zeit so viel auf ihn geschossen wurde… aber man muss doch diese Hass-Spirale irgendwie durchbrechen können. Es ist ja nicht nur Ravini. Am Camp sind alle momentan etwas angespannt seit sich diese fremde Gruppe zu Erkennen gegeben hat. Wobei ich inzwischen nicht mehr glaube, dass sie allein handelt. Hier haben eindeutig mehrere ihre Finger im Spiel und wir bieten leider ein perfektes Ziel für ihren Machthunger und ihre Zerstörungswut.

    Ich beschließe für den fremden Überlebenden das Einzige zu tun, das ich noch tun kann. Ich lasse mir von Ravini den Weg beschreiben, aber da ich etwas unfähig bin, muss er mich doch abholen und mir die Stelle zeigen. Ich sichere die ganzen Dinge in einem Rucksack. Vermutlich war es ein Einzelgänger auf Wanderschaft. Natürlich hatte er auch die eine oder andere Waffe dabei, aber eine Angel, ein Fischfilet, eine Wanderkarte, ein Kompass… all das spricht da eine andere Sprache. Es tut mir sehr leid um den Gefallenen und ich beerdige die Überreste, ehe ich die Sachen zum Lager schaffe. Ravini beschließt etwas über das Camp zu wachen. Ich lagere den Rucksack im Koch-Haus zwischen und gehe meiner Arbeit nach. Wieder etwas die Umgebung erkunden und nach Vorräten suchen. Das Camp braucht neue Nahrung. Unterdessen kümmert sich ein neuer Verbündeter um das Camp. Er möchte, dass ich seinen Namen hier nicht nenne, aber er stellt sich als Lockvogel für den Sniper zur Verfügung. In Grün gekleidet und ohne viel Brauchbares bei sich zu haben, geht er ins Camp. Ravini meldet über Funk, dass er zwei Spieler im Camp sieht. Mir ist sofort klar, was das bedeutet und unser Freund versucht auch den anderen Spieler auszumachen, aber da ist es schon zu spät. Ein lautloser Schuss trifft ihn und er sackt leblos vor dem Blockhaus neben dem Koch-Haus zusammen. Ravini bekommt alles von seinem Aussichtspunkt aus mit und ich beiße die Zähne zusammen. Verdammt! Der Sniper hat wohl wieder einen erwischt, aber nun wissen wir, dass er im Lager ist. Mein Freund Cyfox scannt das Lager ab, aber es scheint, als habe sich der Schütze wieder einmal in Luft aufgelöst. Elender Feigling, aber das war zu erwarten. Mehr als heimtückisch schießen und sofort auf unlautere Art und Weise zu verschwinden, kann er nicht. Eventuell natürlich auch unbewachte Camps ausräumen, aber das wird noch zu prüfen sein. Cyfox meldet, dass er unseren Freund begraben und seine Ausrüstung gesichert habe. Viel war es nicht. Das Camp scheint wieder ruhig zu sein. Außerdem erhalte ich einen weiteren Funkspruch. Clas hat sich gemeldet und der Gruppe vorgestellt. Er funkt ab jetzt auch auf unserer Frequenz und ich biete ihm den Rucksack an, den ich zuvor von dem toten Überlebenden gesichert habe. Clas hat ihn wohl gut gekannt, aber er ist nicht böse auf uns, sondern ist dankbar, dass ich zumindest seine Sache gesichert und seinem Freund eine angemessene Beerdigung gegeben habe. Ich laufe also, nachdem ich die Sachen vom Camp geholt habe los und versuche Clas in Cherno bei der Tankstelle zu treffen. Dort angekommen nimmt er alles dankbar an sich und ich biete ihm an, mich zum Camp zu begleiten. Allerdings warne ich ihn auch gleich vor, dass es derzeit dort hochgradig gefährlich ist. Trotz der Warnung beschließt er, mir zu folgen und gemeinsam setzen wir unseren Weg fort. Cyfox hat sich wieder in seine Schatten zurückgezogen und ich zeige Clas das verlassene Camp. Wolfgang stößt mit Charly zur Gruppe, aber sie sind noch etwas weiter weg. Als ich Clas das Koch-Haus zeigen möchte, stehen wir plötzlich einem in Grün gekleideten Fremden gegenüber. Ich frage auf Deutsch und Englisch, wer er ist. Aber es kommt keine Antwort, außer eine grüßende Geste und ein typischer Q/E-Tanz. Etwas seltsam anmutend… schützend halte ich mir meine Fäuste vors Gesicht, denn es kam einfach zu oft vor, dass ich angegriffen worden bin. „Der gefällt mir nicht…“ geht es mir noch durch den Kopf, als er schweigen an mir vorbeirennen möchte. Nochmals hebt er die Hand zum Gruß. Auf meine erneute Frage, ob er denn reden könne, kommt keine Antwort. Nur eine Geste, die wie ein Kopfschütteln interpretiert werden könnte. Nein, der gefällt mir wirklich ganz und gar nicht. Charly gibt durch, dass er unterwegs sei, da bricht der Fremde an mir vorbei ins Nebenzimmer. Clas hinter mir hebt warnend sein Gewehr, doch ich merke zu spät, was gerade vorgeht. Als der Fremde wieder durch den Türbogen läuft, hält er eine M4 im Arm und hält voll drauf. Getroffen gehe ich zu Boden, dann wird alles um mich herum Schwarz.

    Ich erwache auf einem Bett. Es muss das Bett im Haus neben dem Koch-Haus sein. Schmatzgeräusche lassen mich aufschrecken. Richtig… ich hatte mich hierher nach dem heimtückischen Angriff gerettet. Clas… oh nein! Hat es ihn erwischt? Schnell gebe ich per Funk durch, dass ich die Positionen der einzelnen benötige. Clas erklärt kurz, was passiert ist. Nachdem ich einige Zeit bewusstlos war, hat er sich, mehr tot als lebendig, zum Brunnen geschleppt. Dort traf er dann auf ein Bambi, mit dem er versuchte in Kontakt zu treten. „Yo yo yo, friendly!, grüßte das Bambi und Clas erwiderte: „Ja, bin auch friendly.“ „I’m friendly, man.“, kam es dann wieder von dem einen. „Yeah, I’m too. Did you see anyone around? Because I was killed here, lately“, fragte Clas ihn nach dem Schützen. „Yes, I’ve seen someone at Balota. I almost got killed there.“, erklärte das Bambi am Brunnen. Das kann nun stimmen oder auch nicht. Aber mir kommt das alles sehr suspekt vor und auch Clas hat so im Nachhinein seine Zweifel. Der Schock mit dem Schützen sitzt bei uns allen noch tief, aber Clas bleibt bei all dem erstaunlich ruhig und gelassen. „Okay.“, bestätigte er nach seiner Aussage dem Bambi noch kurz. Dann ging der Fremde wieder und ein anderer Überlebender kam an den Brunnen. Auch diesen versuchte er anzusprechen. Allerdings kam nur ein „Shit, man!“ von ihm und die beiden schlugen ihn kampfunfähig. Sehr feige Aktion! Leider bin ich selbst mehr tot als lebendig und kann so hilflos am Boden liegend nichts für ihn tun. Allerdings meldet sich Cyfox nun per Funk. Er zieht sich in einer Hütte zurück und hält sich in einer Ecke versteckt. Seine Ruhe wird belohnt, denn vor ihm taucht einer der beiden Bambis auf. Vielleicht ist es die Tatsache, dass ich im Sterben liege, vielleicht ein Fieberschub, aber mir kommt es so vor, als würde ich durch Cyfox‘ Augen alles mitansehen. Das Verräterische Essgeräusch des Fremden dringt an mein Ohr. Er scheint ihn nichts zu sehen, nichts zu ahnen. Behalt bloß die Nerven! Mit einer stoischen Geduld nehme ich die USG-45 in meine Hand. Erbarmungslos und kalt. Mein Gegenüber ahnt noch immer nichts, kniet ahnungslos kauend vor mir auf dem Boden. Ich hole tief Luft. „Für Clas und Herz!“, brülle ich und drücke ab. 7 Schüsse, dann ist es ruhig. Mein Gegenüber sinkt leblos zu Boden. Cyfox hat ihn erwischt. „Hab einen! Blockhaus, hab einen.“ ist über Funk zu hören. Charly ist überrascht: „Echt?“ Aber ich weiß, dass die Gefahr noch nicht gebannt ist. Es waren mindestens zwei und der am Boden sieht nicht nach dem Schützen mit der M4 aus. Daher bleibt Cyfox in seiner versteckten Position und wartet geduldig auf den Freund, der bestimmt gleich kommen wird. Allerdings machen ihm da ein paar Zombies einen Strich durch die Rechnung, die durch die Schüsse aufgeschreckt wurden. Leise und geduckt schleicht sich Cyfox zur Tür und schließt diese. Zurück ins Versteck. Schritte. Die Tür öffnet sich. Der Fremde tritt ein und zielt. Cyfox zielt ebenfalls auf den Kopf, oder besser gesagt auf das Gesicht. Auf dem Kopf trägt er den funkelnden blauen UN-Helm. Meinen Helm! Meinen Helm, der mich und die Samariter vor mir so makellos begleitet hat. Der Fremde schießt, trifft aber nicht. Dafür durchsieben Cyfox‘ Kugeln ihn unbarmherzig. In der Ecke des Hauses geht er hinter einem Schrank stöhnend zu Boden. „Down, hab ihn!“, gibt unser Mann durch. Wieder scheint es mir, als würde ich alles miterleben. Wie noch einen Zombie erschießt und die Tür zuschmettert. Wie der dann zu dem Überlebenden läuft und merkt, dass der Fremde noch atmet. Wie er panisch nach etwas zum Fesseln sucht, aber nichts findet. Wie der Fremde wieder aufwacht und nach seiner Schrotflinte greift. Wie Cyfox schnell abdrückt, allerdings keine Kugeln mehr im Magazin hat. Wie er dann um den am Boden Liegenden herumtanzt, zum Speer greift und ihm dann den Rest gibt. Trauer durchfließt mich, kein Stolz. Auch Cyfox nicht, aber es war das Einzige, was er tun konnte. Immerhin haben die beiden aller Wahrscheinlichkeit Clas angegriffen. Charly feiert den Erfolg, aber erleichtert sind wir noch nicht. Beunruhigend ist, dass auch dieser Fremde keine M4 bei sich hatte, also müssen es mindestens drei gewesen sein. Cyfox sichert alles, was zu sichern ist. Um mich rum wird alles Schwarz.

    Ich wache auf in der Nähe von Solnichniy. Ist das ein Traum? Ich prüfe das Lager und durchstreife die Krankenstation. Ein toter Zombie. Hier muss jemand vor Kurzem gewesen sein. Vorsichtig gehe ich zum Brunnen. Wenn das hier ein Traum ist, dann müsste ich doch aufwachen, wenn die Zombies mich erledigen, oder? Ich gehe auf die Straße und lasse auf mich einprügeln, ohne mich zur Wehr zu setzen. Na los, ihr Bestien! Zeigt, was ihr drauf habt. Die Schläge fühlen sich verdammt realistisch an. Aber ich bleibe gefasst stehen, plötzlich kommt ein Überlebender in einer gelben Daunenjacke vorbei und schlägt auf den Zombie ein. Der möchte mir helfen! Wie süß… ich beschließe, doch noch nicht aufwachen zu wollen und klammere mich mit aller Kraft an dieses seltsame Leben. Ich bedanke mich bei dem Fremden. Er stellt sich als Shizo vor und er war sogar auf der Suche nach mir. Naja… was heißt „nach mir“. Er wollte das Bambi-Auffanglager bei uns besuchen und hatte gehofft, dort jemandem zu begegnen. Wie eigenartig, dass wir uns nun ausgerechnet hier über den Weg laufen. Ich zeige ihm das Camp in Solnichniy und biete ihm ein paar Dinge an. Ja, dieses Camp lohnt sich definitiv. Hier sollten wir mehr Zeit investieren. Nach einem kurzen Gespräch verabschieden wir uns und ich beschließe, mich allein zurück auf den Weg nach Prigorodki zu machen.

    Am Camp passen unterdessen Wolfgang, Charly, Jammet und Clas auf alles auf. Die Fremden wurden gelootet und im Rohbau hat Charly noch den Schweinehund erwischt, der mit seiner M4 voll auf uns draufgehalten hatte. Ende gut, alles gut? Wer weiß. Diese drei gehörten jedenfalls nicht zu dem Sniper und auch nicht zu der Gruppe, die täglich unser Camp zerlegt. Eine neue Bedrohung schleicht sich an uns heran. Als hätten wir nicht schon genug zu tun…

    Völlig erschöpft und entkräftet komme ich am Abend dann am Lager an, nehme mir meine Sachen, inklusive dem noch immer makellosen blauen Helm (das grenzt wirklich an einem Wunder) und lege mich erschöpft nach einem reichhaltigen Abendessen ins Bett.


    2023-05-15_Collage.jpg

  • 16. Mai 2023 - Ausflug

    Am nächsten Morgen kontrolliere ich noch vorsichtiger das Lager als sonst. Jeden Baum und Strauch suche ich ab, schaue mehrmals auf den Berg und den Rohbau, ehe ich das Lager betrete. Alles ist ruhig. Ich drehe eine Runde am Containerhaften, um neue Rucksäcke zu besorgen. Als ich ans Lager zurückkomme, sehe ich einen fremden Überlebenden. Meine Hände spannen sich um meine Waffe, aber ich lasse locker. Nein, dieser Überlebende hat mir nichts getan. Ich bin hier um zu helfen. Also gehe ich langsam auf ihn zu und grüße freundlich. Erst jetzt fällt mir auf, welchen schrecklichen Fehler ich begangen hätte, wenn ich zuerst abgedrückt hätte. Bei dem Fremden handelt es sich um keinen Geringeren als unseren Bubi! Ich bin froh, dass es ihm offenkundig gut zu gehen scheint. Gemeinsam ziehen wir uns ins Koch-Haus zurück und essen etwas. Er berichtet mir, dass er bei einem Militär-Konvoi ziemliche viele Waffen gefunden hat und zeigt mir stolz seine ganzen Knarren. Auch Munition hat er für die meisten. Allerdings fragt er auch, ob wir schon darüber Bescheid wissen, dass unser Camp geplündert wurde. Ich muss lachen. Natürlich. Das war ja nicht zu übersehen. Ich kontere, dass wir auch mitbekommen haben, dass seine Scheune leider kaputt ist. Er nickt. Jemand hat sich wohl den Weg freigesprengt und dabei ein Zelt zerstört sowie das Partyzelt und sämtliche Sachen in seiner kleinen Scheune gestohlen. Auch der Fahnenmast und die Fahne sind verschwunden. Ich drücke ihm mein Beileid aus. Ich kann gut nachfühlen, wie es ihm gerade geht. Aber davon lässt er sich nicht beirren. Er hat vor, weiter in Richtung Westen zu gehen. Eventuell zur Gefängnisinsel oder nach Balota. Ich bitte ihn, vorsichtig zu sein und rate ihm, nicht alle seine neuen Waffen „am Mann“ zu tragen. Ob er sich daran hält? Wir werden sehen. Wir verabschieden uns und ich bleibe allein zurück. Da ich momentan nicht viel tun kann, beschließe ich quasi meine Wunden von gestern zu lecken – im übertragenen Sinne – und ruhe mich für den Abend noch etwas aus. Kanu wollte mit Hikaru, Jammet und Blue gemeinsam vom Lager aufbrechen und eine kleine Reise unternehmen und auch ich wollte sie begleiten. Ein kleiner Abstand von dem Sniper hier wird uns allen sicher ganz guttun.


    * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * *


    Abends treffen wir uns dann alle am Camp. Jammet, Hikaru, Blue, Kanu, Shizo und ich. Auch Wolfgang ist per Funk dabei, aber er geht seiner eigenen Wege. Das ist in Ordnung, ich denke er braucht das ab und an einfach. Ich lasse meine rote Samariterkleidung zurück, um möglichst wenig Aufsehen zu erregen. Gemeinsam suchen wir uns unseren Weg durch Cherno, vorbei an der Feuerwehr und statten nach einem Streifzug über Balota unserem lieben alten „Onkel Boris“ einen Besuch ab. Vor Jahren haben Jammet und Kanu diese riesengroße Statue im Wald gefunden und sie liebevoll nur „Onkel Boris“ genannt. Jammet und Kanu schwelgen in alten Erinnerungen. Hier war es, wo Opi die Gruppe das erste mal „getroffen“ hat, im wahrsten Sinne des Wortes. Es gab ein Feuergefecht, aber am Ende entstand daraus eine jahrelange Kameradschaft. Romantisch. Irgendwie… aber ich wäre trotzdem froh, wenn nicht jede Beziehung hier in Chernarus mit einem Feuergefecht starten müsste. Da es stark zu regnen anfängt, verbringen wir die Nacht in einem leerstehenden Haus vor dem Kamin, ehe es dann am Morgen weitergeht. Unterwegs sehen wir, wie ein Helikopter abstürzt und gemeinsam mit Blue und Shizo rennen wir vor, um die Gegend auszukundschaften. Ich entdecke einen großen Rucksack im Wrack, aber außer einem Zombie sind keine Überlebenden zu sehen. Wir ziehen weiter in Richtung Pavlovo. Von einem Berg aus haben wir noch einen wunderschönen Ausblick auf die Gefängnisinsel und besuchen das Grab des anonymen Krieges. In Pavlovo selbst hat Blue hat das zweifelhafte Vergnügen, die Gas-Zone auszukundschaften. Mit der richtigen Ausrüstung, versteht sich. 😉 So wie ich das sehe, schlägt er sich gut. Am Ende kann auch Shizo noch eine Runde dort drehen und wir schlagen unser Lager auf. Ich beschließe jedoch, wieder zum Camp zurückzugehen. Laut Wolfgang war der Sniper wohl da, hat aber keine Kundschaft bekommen. Das Gesicht hätte ich zu gerne gesehen 😉 Ich beschließe, die Nacht im Freien zu verbringen und morgen dann bei Tagesanbruch ins Camp zurückzukehren. Sicher ist sicher.



    2023-05-16_Collage

  • 17. Mai 2023 - Rückschläge


    Es ist unfassbar. Ein weiterer Samariter in Blau wurde heute in Staroye erschossen. Die Nachricht traf uns wie ein Schock. Er war ein wertvolles Mitglied unseres Teams und wir werden ihn schmerzlich vermissen. Wenn ich alles richtig verstanden habe, hatte er sich vor knapp 12 Zombies in die Polizeistation gerettet, um sich dort zu verbinden. Zuvor hatte er die Station durchsucht und alles war sicher. Aber als er sich dann um seine Wunden kümmern wollte, brach der Funkkontakt ab. Ein Rettungsteam konnte lediglich einen Rucksack und seinen Speer sichern. Möge er in Frieden ruhen.


    Die Situation hier ist weiterhin chaotisch. Ich habe nach langem Fußmarsch Die Kisten und der Unterstand wurden erneut zerstört. Es scheint, als ob wir nie zur Ruhe kommen werden. Doch ich lasse mich nicht entmutigen. Ich begebe mich auf die Suche nach Leder, um neue Reparaturen vorzunehmen und die Basis wieder aufzubauen.


    Nach einiger Zeit harter Arbeit gelingt es mir, alles wieder aufzubauen. Das Zelt ist gefüllt mit Feuerwehrausrüstung, die ich in Elektro gefunden habe. Es ist beruhigend zu wissen, dass wir im Ernstfall gut gerüstet sind. Leider musste ich feststellen, dass die Basis von Bubi zerlegt wurde. Es ist nur noch eine Kiste und ein kaputter Zaun übrig. Ich frage mich, wer dahintersteckt und was ihr Motiv ist. Aber ich werde nicht aufgeben. Wir werden uns von Rückschlägen nicht unterkriegen lassen.


    Es ist wichtig, dass wir als Team zusammenhalten und uns gegenseitig unterstützen. Die Zeiten sind hart, doch wir werden diese Prüfung überstehen. Ich werde das Tagebuch weiterführen, um unsere Erfahrungen festzuhalten und aus ihnen zu lernen. Es ist ein kleiner Akt der Normalität in einer Welt voller Unsicherheit und Gefahren.


    Möge Samariter Blau in Frieden ruhen. Wir werden seinen Mut und seine Hingabe niemals vergessen.


    2023-05-17_Collage.jpg

  • 18. Mai 2023 - Turmbau


    Heute ist ein seltsamer Tag. Über Nacht steht plötzlich ein riesiger Turm beim Brunnen im Camp! Er ist mindestens 17 Stockwerke hoch, massiv aus Holz und mit vielen Treppen und einem Tor unten. Ich frage mich, wer ihn gebaut hat. Warum entsteht so etwas über Nacht? Ist es eine Art Statement? Oder soll es uns schützen? Ich kann es nicht verstehen. Es wirkt einerseits wie eine Kampfansage, und ich mache mir Sorgen, dass unser Camp dadurch noch stärker bedroht wird. Wie es sich herausstellt, waren es wohl wirklich unsere Jungs. Also die Gruppe um Charly, Tabasko und viele mehr. Nun, jetzt steht er jedenfalls da und ich beschließe, den Unterstand am Brunnen etwas zu versetzen, damit er nicht mit dem Tor des Turns ins Gehege kommt.


    Heute ist auch ein neuer Samariter in blauer Uniform in Staroye aufgetaucht. Ich nenne ihn Joe. Er ist ein stämmiger Kerl und muss sich nun erstmal zurechtfinden und seinen Platz finden. Es ist keine leichte Aufgabe, hier zu überleben und sich durchzuschlagen.


    Am Abend treffe ich Kanu, Jammet, Tabasko, Shizo und unseren Gast Tobi am Bambi-Auffanglager. Tobi erzählt von seiner Zeit beim CRK, dem Chernarus Roten Kreuz. Eigentlich wollte er nach Deer Isle und dort aushelfen, aber dann hatte er sich doch entschieden, einmal bei uns vorbeizuschauen. Die Leute vom CRK sind also gewissermaßen unsere Kollegen, und er teilt viele Informationen über ihre Arbeit mit uns. Auch sie hatten mit Problemen durch Überlebende zu kämpfen, die ihre Lager plündern wollten. Aber da die Gemeinschaft die Arbeit des CRK sehr schätzt, haben sie viele Freunde, die im Ernstfall helfend eingreifen. Er berichtet von einem Vorkommnis, als eine ganze Familie es auf ihre Güter abgesehen hatte und dann die großen Fraktionen gemeinsam den Kampf gegen sie aufnahmen. Ich bin zwar absolut kein Freund von Gewalt, aber ich finde es enorm beeindruckend, wenn eine Gemeinschaft sich zusammenschließt und sich für eine gute Sache einsetzt. Vielleicht ist der Turm der Jungs ja auch so ein Statement. So sagen sie auf ihre Art und Weise, dass sie hinter uns und unserer Sache stehen. Die Jungs nennen das Bauwerk übrigens „den heiligen Manfred“. Whatever…


    Gemeinsam fahren wir nach Solnichniy und besorgen statten dort das Zelt mit neuer Nahrung und Kleidung aus. Zum Ausklang des Tages gehen wir zurück in Prigorodki noch jagen. Es macht Spaß und die Stimmung ist seit Langem endlich mal wieder unbesorgt. Zum Glück gibt es trotz meiner Warnungen keine weiteren Vorkommnisse bezüglich des Snipers. Hoffentlich bleibt es so.



    2023-05-18_Collage.jpg

  • 19. Mai 2023 – Power and Chaos


    Heute gibt es wieder einiges zu berichten. Alni hat mir erzählt, dass er mit seinem Kumpel Mattes unterwegs war und sie sich in der Nähe von Shakhovka aufgehalten haben. Mitten im Feld haben sie gewartet, als plötzlich ein blaues Auto vorbeifuhr. Alni hat den Fahrer angesprochen und er hat die beiden nach einem kurzen Gespräch mitgenommen. Der Fremde, der sich als Durog vorstellte, scheint sehr nett zu sein. Ich frage mich, ob wir Kontakt zu ihm aufbauen können. Jedenfalls haben Alni und er sich gut verstanden, und Alni hat einige nützliche Tipps erhalten.


    Es gibt jedoch auch andere Neuigkeiten. In der letzten Nacht wurde die Chernogorsker Basis überfallen. Die Angreifer haben sie aufgesprengt und sogar Ravinis kleine Basis, in der er zur Untermiete wohnt, leergeräumt. Es tut mir leid für den armen Ravini. Er hat sich so viel Mühe gegeben und nun ist alles weg. Wo er momentan ist, wissen wir nicht. Vielleicht hat er sich einfach etwas zurückgezogen.


    Außerdem gibt es Berichte von Charly, Tabasko und Dani. Sie waren unterwegs von Novo zum Bambilager. Dani war zuvor in Chernogorsk unterwegs, während Charly und Tabasko einen LKW besorgt haben. Charly hat den LKW am sogenannten heiligen Manfred-Turm abgestellt und sich hingelegt. Kurz darauf kam Dani am Bambi-Auffanglager an und wurde plötzlich angeschossen. Opi war sofort zur Stelle und sah den Angreifer, als er gerade fliehen wollte. Er hat sofort ein paar Schüsse auf ihn abgegeben und somit einen unserer größten Feinde niedergestreckt. Vermutlich handelt es sich um den Scharfschützen, der uns in den letzten Tagen fast täglich belagert und dann immer wieder auf mysteriöse Weise verschwindet. Er hat sogar den Truck leergeräumt und Granaten darauf geworfen, obwohl er das ganze Zeug nicht haben wollte. Pure Zerstörungswut! Opi nennt ihn einen "kleinen toxischen Bastard" und vermutet, dass er einen großen Groll gegen uns hegt. Aber warum? Ich verstehe es einfach nicht. Was ist so falsch daran, ein Lager zu haben, in dem wir anderen Überlebenden helfen wollen? Oder hält er uns für die Gruppe mit den lilafarbenen Armbändern, weil sie uns unterstützen?


    Diese Frage wird mich noch eine Weile beschäftigen, denn kurz darauf wird Wolfgang von einem Überlebenden auf der Wiese angeschossen, und auch Tabasko, der ihm zur Hilfe eilen will, gerät unter Beschuss. Über Funk kann ich mithören, wie auf ein Bambi am Brunnen geschossen wird. Sind unsere Jungs wieder so weit gegangen, dass sie auf Unschuldige schießen? Es macht mich so krank! Sätze wie "Wenn wir ihn nicht erschießen, sind wir als Erstes dran" oder "Der gehörte bestimmt zu denen" sind für mich unerträglich. Klar, sie sind keine Samariter. Aber was ist aus unserem Lager geworden? Es wird ständig sabotiert, vandalisiert und von Scharfschützen belagert. Und natürlich passiert es, wie es passieren musste. Andi meldet sich über Funk bei mir. Wir haben ihn vor dem Mister-X-Event kennengelernt, als er mit seinen zwei Freunden am Camp vorbeigekommen ist. Sie sind alle drei sehr nette Leute, aber heute hat es ausgerechnet Florian erwischt. Er war als Unbekannter Spieler am Brunnen, angelockt durch die Schüsse. Florian und Andi melden sich nun auch über Funk. Es herrscht schon ein gewisses Chaos angesichts der vielen Gruppen, aber wir schaffen es zumindest, Florians Ausrüstung zu sichern. Schnell wird klar, dass wir heute mit mehreren Gegnern zu kämpfen haben, insgesamt etwa drei oder vier. Vielleicht auch mehr. Unsere Jungs nehmen die Gruppe ins Visier, und Andi unterstützt uns freundlicherweise tatkräftig. Er schafft es, zwei unserer Gegner auszuschalten, wird aber selbst Opfer von Schüssen. Genauso wie Wolfgang, der erneut angegriffen wird. Danach wird auch Tabasko getroffen, aber wir wissen nicht genau, von wem. Dani gerät ebenfalls unter Beschuss, doch Chewie schafft es, Gegner Nummer drei zu eliminieren. Schließlich erledigt Kanu ein verdächtiges Bambi, das sich bei den Leichen der anderen herumtrieb und nicht auf Ansprache reagierte. Eine schlechte Idee. Danach ist alles ruhig. Totenstill.


    Das Ergebnis? Überall sind Leichen. Leichen... und der Geruch von verbranntem Fleisch... Es ist schrecklich. Die Bilder lassen mich nicht los. Und gerade als ich anfange aufzuräumen, kommt ein Bambi mit erhobenen Händen ins Camp. Zum Glück schaffe ich es, die Jungs davon zu überzeugen, nicht einfach zu schießen. Vermutlich haben seine erhobenen Hände ihn heute gerettet. Er stellt sich uns als Custer vor. Anfangs bin ich skeptisch, ob er nicht zu der Gruppe gehört, die uns gerade überfallen hat, aber er verhält sich freundlich und unsere Gegenseitigen Vertrauensproben bestehen wir gegenseitig. Außerdem nimmt er am Funkkanal teil. Also wird er von uns mit Ausrüstung versorgt. Am Ende bekommt Florian seine Sachen zurück. Immerhin etwas. Doch diese Aktion zeigt mir deutlich, dass wir dringend einen Plan für solche Situationen benötigen. Aber wie sollen wir das bewerkstelligen, mit so vielen Gruppen und Fraktionen? Trotzdem bin ich dankbar, dass die Jungs uns heute so energisch verteidigt haben. Vielleicht haben wir uns nun ein paar Tage Ruhe erkämpft.


    Nachdem alle Leichen begraben wurden, albern die ersten auch schon wieder herum. Auch Jammet gesellt sich zu uns. Nach ungefähr einer Stunde herrscht bereits wieder eine lockere Atmosphäre. Wir passen uns an und feiern unseren Sieg. Zumindest für den Moment. Ich hoffe auf bessere Zeiten und darauf, dass wir uns wieder auf das konzentrieren können, was wirklich wichtig ist: Anderen zu helfen, nicht uns ständig verteidigen zu müssen.


    2023-05-19_Collage.jpg

  • 21. Mai 2023 – Abschluss-Abschuss (Event)

    Überall macht sich Aufbruchstimmung breit und es kommt mir vor, als herrsche eine Ruhe vor dem Sturm. Gestern traf Tabasko einen Fremden in der Polizeistation in Chernogorsk und mit „traf“ meine ich jetzt nicht im Sinne von „mit einer Kugel getroffen.“ Der Fremde zielte auf Tabasko, aber er blieb ungewöhnlich locker und fragte sein Gegenüber ganz ruhig nach seinem Namen. Das ist eigenartig, denn sonst ist Tabasko ja immer der Typ, der einer Gefahr direkt ins Gesicht springt. No risk, no fun oder high risk, high gain. Ich bin darüber keinesfalls traurig oder so. Im Gegenteil, es ist toll, wenn die Jungs nach all den harten und aufregenden Tagen wieder etwas lockerer werden, aber etwas liegt definitiv in der Luft. Der Fremde stellte sich Tabasko als Paul vor und beide gingen nach einem kurzen Gespräch getrennte Wege. Kaum zu fassen.


    Unser guter Vlad war gestern auch ganz fleißig. Er kam wieder am Bambi-Auffanglager vorbei und brachte ganz viele Vorräte ins Lager. Ungelogen, es müssen Tonnen an Fleisch und Kleidungsstücken gewesen sein. Ein paar Waffen hatte er in der Nähe auch versteckt. Es scheint, als wolle er nun ebenfalls aufbrechen und daher noch einmal alle seine Sachen in gute und sinnvolle Hände geben.


    Als ich unterwegs zum Lager bin, melden sich Blue, Tabasko, Dani und Opi per Funk. Ein Fremder ist am Lager. Opi ist sehr nervös, denn er beobachtet, wie der Fremde immer wieder in ein Gebäude rein und wieder heraushuscht. Er vermutet, dass es sich um einen Minenleger handelt, aber ich bitte die Jungs trotzdem erst einmal alles zu beobachten und beschleunige meine Schritte. Keiner spricht den Fremden an, sie beobachten nur. Plötzlich meint Tabasko, der Fremde würde auf ihn zielen. Ich bitte ihn, trotzdem nicht auf ihn zu schießen und er tut mir den Gefallen. Dummerweise fällt gleich darauf ein Schuss, der Fremde hat zuerst geschossen. Mein Freund geht stöhnend und getroffen zu Boden. Die Jungs erwidern das Feuer. Ich renne durch den Kugelhagel zu den Verletzten und versuche zu retten, was noch zu retten ist. Verdammt! Warum habe ich nicht gleich gesagt, dass sie schießen dürfen? Weil ich Angst hatte, dass es wieder einmal einen Falschen trifft und ich Opis Mantra „Es gibt keine unschuldigen Bambis“ nicht teile. Ich weigere mich vehement. Es stellt sich heraus, dass es wieder unser Paul ist. Er entschuldigt sich zutiefst, auf Tabasko geschossen zu haben. Wir sichern alle Ausrüstung und Paul zieht weiter, aber nicht ohne Standpauke meinerseits, warum er denn kein Armband zur Erkennung getragen habe und was ihn dazu bewogen hat, auf Tabasko zu schießen. „Na ja, der hat auf mich gezielt!“. Das ist immer so eine verflixte Sache mit dem Vertrauensvorschuss. Um auf etwas andere Gedanken zu kommen und noch etwas „Spaß“ zu haben, laden Charly und Tabasko für abends alle Interessierten zu einem Event ein. Es soll das Abschluss-Abschuss-Event werden, denn wir wissen, dass nun bald etwas Neues beginnt. Treffpunkt ist Prigorodki um 20 Uhr, sehr zu meinem Leidwesen. Während ich in der Umgebung noch einige Sachen zusammensuche, betritt ein unbekannter Überlebender das Camp. Blue übernimmt und redet mit ihm, allerdings ist der Fremde nur schwer zu verstehen und zieht bald wieder davon. Lediglich etwas Essen und Verbandszeug nimmt er sich. Ich komme gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie er in Richtung Elektrozavodsk den Gleisen folgt. Die Neugier packt mich und ich jage mir einen Adrenalin-Stick in meinen Oberschenkel. Dann sprinte ich los, aber ich schaffe es mit meinem Gepäck nicht, ihn einzuholen und auf Höhe der Brücke verliere ich ihn schließlich aus den Augen. Schade. Erst auf dem Rückweg zum Camp bemerke ich einen toten Mann unterhalb der Brücke. Das muss er sein! War es ein Versehen oder hat er sich absichtlich auf die Gleise geworfen? Ist er seinen Verletzungen erlegen? Wir werden es wohl nie erfahren und so beerdige ich ihn schweren Herzens. Schade, dass ich ihn nicht kennenlernen konnte. Dann ereilt mich erneut ein Funkspruch. Blue hat Zombiefleisch gegessen! Mir wird heiß und kalt und ich erstarre. Oh nein… wir alle wissen, was das bedeutet. Nun ist er unheilbar krank und wird nach und nach dem Wahnsinn verfallen. Der Arme Blue… Ich renne zurück zum Camp. Es muss doch ein Heilmittel geben! Aber da fällt mitten im Camp ein Schuss. Instinktiv nehme ich meine Erziehungs-Vaiga ™ in die Hand und frage, was los ist. Blue meint noch „das war ich“, da löst sich ein Schuss in seine Richtung. Blue geht zu Boden. Ich laufe zu Blues Körper und möchte ihn gerade wieder aufwecken und aus seiner Ohnmacht aufwecken, da merke ich, dass Blue sich nicht mehr regt. Um mich rum wird alles still. So still. Wie… wie kann das sein? Ich schaue auf meine Vaiga. Auf das Magazin. Nein, es waren alles hundertprozentig Gummigeschosse. Ich habe sie selbst am Vormittag noch kontrolliert, da Charly und Tabasko immer mal wieder im Spaß meinten, sie würden eines Tages meine Gummi-Munition gegen scharfe Munition austauschen. Und nun liegt der arme Blue regungslos vor mir. Als ich erkenne, was das bedeutet, lasse ich die Vaiga entsetzt fallen. Mit solch einem Ding möchte ich nichts zu tun haben! Heulend rüttle ich an Blue. „Nein, Blue! NICHT! WACH AUF!“, schreie ich und schüttele ihn, aber sein Körper verharrt in der unnatürlichen Pose. Ich kann mir nicht erklären, wie Blue an dem Geschoss sterben konnte. Hatte ihn die Krankheit bereits so geschwächt? Jemand versucht mich über Funk zu trösten. Blue sei ohnehin unheilbar krank gewesen und es sei besser so. Aber ich möchte davon nichts hören. Ich bin ein Mörder. Immer wieder heule ich „Blue… Blueee! Blueeee!“. Der Regen fällt unbarmherzig auf mich herab, aber es ist mir egal. Ich kann meinen Dienst so nicht fortsetzen. Wie durch einen Schleier bekomme ich mit, dass andere ins Lager kommen. Blues Leiche wird entsprechend beerdigt und alles zieht an mir wie durch einen Schleier vorbei. Samariter-Blau fährt mit Charly noch zu einem merkwürdigen Einsatz, denn er und Tabasko haben unterwegs auf dem Rückweg von Novidimitrovsk einen Fremden namens Sharpai aufgegriffen und ihn zum Camp gebracht. Er konnte zunächst gar nicht glauben, ein solches Bambi-Auffanglager zu finden und vor allem anderen Überlebenden zu begegnen, die ihn nicht gleich umbringen wollten. Er scheint zutiefst misstrauisch und zurückhaltend, aber auch sehr höflich. Jedenfalls wollten Charly und Samariter-Blau ihn nach Dolina fahren, wo ein Freund von ihm Hilfe benötigt. Allerdings verschwand er ganz plötzlich auf dem Weg aus dem Auto. Möglicherweise war es eine Falle, die er und sein Freund in Dolina aufgestellt hatten oder aber seine Angst wurde zu groß und das alles war ihm suspekt. Jedenfalls kommen die beiden unverrichteter Dinge zurück. Ich melde mich für den Abend ab und eröffne der Gruppe, dass ich nun etwas Zeit für mich benötige. Zeit, um über das Erlebte nachzudenken und mir wieder klar zu werden, wer ich eigentlich bin. Ich wandere allein nach Solnichniy, wo wohl alles seinen Anfang genommen hat. Irgendwo in der Ferne höre ich Schüsse aus der Richtung von Prigorodki. Die anderen haben vermutlich ihren Spaß. Ich durchstreife die Krankenstation und lege mein Tagebuch gemeinsam mit dem noch immer makellosen Helm auf einen Tisch und ziehe die rote Notarzt-Kleidung aus. Ich habe das Gefühl, sie nicht mehr verdient zu haben. Blues Blut klebt an ihr und ich beschließe wieder einige Zeit auf Wanderschaft zu gehen. Vielleicht wird man mir irgendwann verzeihen, vielleicht werde ich mir irgendwann verzeihen. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Lebt wohl, meine Freunde. Ein anderer Samariter wird kommen und meine Arbeit fortsetzten. Hoffentlich wird er würdiger sein und ebenfalls ein Herz-aus-Gold haben. Der Traum muss weiterleben. Der Traum wird weiterleben.


    2023-05-21_Collage.jpg

  • *****************************************

    Somit schließe ich offiziell den ersten Band der Reihe "Tagebuch eines Samariters in Chernarus".
    Vielen Dank an alle Beteiligten, die Community und natürlich alle großen und kleinen Überlebenden da draußen. Ihr seid klasse! Unglaublich, was wir alles in den letzten drei Monaten gemeinsam erlebt haben.


    Wir werden sehen, was die Zukunft bringt. Danke an alle fleißigen Leserinnen und Leser da draußen und für eure Nachrichten.

    Wer noch etwas mehr lesen möchte.. ich habe meine fehlenden Einträge seit März inzwischen nachgetragen und nun kann man die GANZE Geschichte lesen.

    Leider konnte ich aufgrund der Zeichenbegrenzung im ersten Post nichts mehr einfügen, aber hier findet ihr nochmals alles in leserlicher Form online:


    Zitat

    Tauche ein in die fesselnden Geschichten und Erlebnisse der Samariter von Chernarus, die seit 2016 als Helfer und Retter in Chernarus aktiv sind. Sie haben eine Mission, Menschen zu helfen und eine Oase der Sicherheit inmitten des Chaos zu schaffen. Erfahre mehr über ihre Begegnungen mit anderen Überlebenden, ihren Herausforderungen und ihren unermüdlichen Einsatz, um etwas Menschlichkeit in der Apokalypse zu verbreiten und den Traum am Leben zu erhalten.

    Bereite dich darauf vor, in eine Welt voller Überlebenskampf, Freundschaft und Verrat einzutauchen. Werde Teil der Geschichte und erlebe unvergessliche Abenteuer in einer Welt, in der jede Handlung über Leben und Tod entscheiden kann.



    Cover_Entwurf_2_thumb.jpg Buchruecken_Entwurf_thumb.jpg


    --> Das Tagebuch eines Samariters in Cheranrus Band 1: Prigorodki bei Heyzine.com



    Oder für den heimischen Reader zum Runterladen:


    [--> Link zur PDF]


    An dieser Stelle auch unbekannterweise einen Dank an Keyser, der in seinem Thema "Die Stimme der Erlösung" meine Inspiration für den Umgang mit Heyzine geliefert hat. Das hat mich tief beeindruckt und ich wollte sowas auch einmal versuchen :)

    Und ganz besonderen Dank auch an Crocodile Dendi. Danke für die Idee mit dem Buch auf dem gemoddeten Server. Ich habe zwar keine Ahnung, ob und wie sowas klappen könnte, aber ich habe ja nun eine PDF erstellt und sobald ich weiß, an wen ich mich da wenden kann, könnte man das gerne in Angriff nehmen :)