Alles anzeigenErschütterung
"Ich erinnere mich dunkel an die Zeit vor der Apokalypse. Ich erinnere mich an diesen Mann, unscheinbar, fahl, gezeichnet, ein Kriesgveteran aus dem 1. Süd-Zagorischen Krieg."
Regelmäßig besuchten er und seine Familie meine Gottesdienste in Lumbermill. Sie saßen immer in der gleichen Reihe. Traurigkeit lag in seinen Augen, eine tiefe Unsicherheit in seinen Bewegungen. Er fiel mir auf in der Menge der Gläubigen, obwohl er immer still war. Nickend begrüßte und verabschiedete er sich, ohne jemals ein Wort zu wechseln. Niemals beichtete er. Seine Familie, teilnahmslos und benommen...
"Seine leeren, glasigen Augen erscheinen wie ein Bild in meinem Kopf... "
In Lumbermill wurde viel geredet, ein Dorf eben. Seiner Frau wurde nachgesagt viel zu trinken. Aber taten das nicht alle in Chernarussland? War der Alkoholismus nicht eine Volkskrankheit? Der alltägliche Wahnsinn des permanenten Kriegszustandes machte uns alle allmählich krank und verrückt. Die Friedhöfe quollen über... Eine schreckliche Zeit!
Vielleicht ahnte ich nicht, dass die Familie bereits zerbrochen war, die Frau den Mann in seiner Apathie nicht mehr erkannte. Ablehnung, Untätigkeit, Scham... Und dann, in der grauen dunklen Jahreszeit, irgendwann im November, erhielt ich einen anonymen Brief. Wie naiv ich doch gewesen bin?! Aber spätestens als die Polizei die vier Leichen entdeckte, wurde mir alles klar. Den Brief übergab ich der Polizei...
Krieg macht Menschen zu Unmenschen. Die Geschichte der Menschen ist die Geschichte einer Ansammlung von Untaten und Verbrechen, von Gewalt und Mord. Jeden Tag bekommt diese Chronik neue Seiten... Moralische Abgründe überall.
"Ich habe nicht alles getan um zu helfen, um Beistand zu geben, Unterstützung anzubieten. Ich bedauere meine Untätigkeit! Ich war ahnungslos! Gurkenschäler, verzeih mir!"
Wenn Johan Cisar (seine neue Identität nach den Morden) noch am Leben sein sollte, dann übermittele ich ihm diese Gedanken.
"Du hast den Weg der Heimatlosigkeit gewählt. Du hast vier Menschen getötet, dein eigen Fleisch und Blut! Du berufst dich auf einen falschen Glauben.
Nicht der Tod befreit uns von allem Negativen. Nein, das Leben ist der Heilsbringer!
Es bedarf keines äußeren Erlösers, sondern der Mensch ist durch sich selbst befähigt, die absolute Befreiung zu erlangen. Du bist kein Erlöser!
Unser Anteil besteht darin, die Liebe des goldenen Gurkenschälers im eigenen Leben zur Entfaltung kommen zu lassen. Das ist die wahre Erlösung!"
In 8. Buch des GG (43:11) spricht der Apostel Fetelovo:
"Ich, ich bin der goldene Gurkenschäler, und außer mir gibt es keinen Retter."
Und auch das fünfte Gebot mahnt:
"Du sollst nicht töten!"
"Ich werde für deine Familie beten, insbesondere für deinen Sohn, ich werde für dich beten. Ich fordere dich auf, dich den postapokalyptischen Ermittlungsbehörden der UNOC zu stellen. Auch für dich gibt es einen Weg der Erlösung, einen Ausweg aus deinen dämonischen Gedanken, nur du kannst dich befreien! Nur durch die Liebe zum goldenen Gurkenschäler kannst du Erlösung erfahren!"
Amen!
Priester, mir kann nicht mehr geholfen werden. Es ist zu viel Zeit vergangen. Nach all diesen Jahren wieder von dir zu hören, weckt in mir das Gefühl von Hoffnung und Glauben, was sofort von Wut und Trauer überdeckt wird. Wut auf dich, auf mich, Trauer, weil ich das alles nicht mehr rückgängig machen kann, weil mein Weg keinen Wendepunkt mehr hat.
Dass du mir den Erfolg meiner verzweifelten Tat absprichst, obwohl du selbst so untätig warst, lässt in mir noch ein weiteres Gefühl entstehen... Ein mich übermannendes Verlangen nach Vergeltung, danach,
...dich lebendig zu begraben, am besten ohne Gliedmaßen, damit du dich - selbst, wenn du es wolltest - auch nicht davon erlösen könntest.
Und was der kleine Fetelovo sagt, ist mir sowieso egal.