Das Meer liegt wie Öl.
Schwer. Schwarz.
Kein Wind, der weiß, wohin.
Echo sitzt mitten drin.
Das Boot schaukelt seicht - fast so, als würde es atmen.
Zwischen seinen Beinen die Akten.
Feucht, wellig,
Tinte läuft über Ränder wie Blut über Wunden.
Er zählt.
Immer wieder.
5....3....8.....15
dann wieder nichts.
Zahlen kreisen,
werden zu Flüstern,
zu Stimmen ohne Körper.
Sein Kopf kippt zur Seite.
Die Lippen bewegen sich,
doch der Hals verweigert den Ton.
Das Salz brennt in den Rissen der Haut.
Vor ihm, über dem Wasser,
Gesichter.
Keine echten.
Fratzen aus Schaum,
Augen aus Licht,
Münder aus Dunkel.
Sie lächeln.
Ziehen Grimassen,
spucken Worte, die er nicht versteht.
Ein Kichern, das nicht vom Wind kommt.
Ein Finger, der aus der Tiefe ragt,
zeigt auf ihn, lacht –
oder betet.
Echo reißt die Hände hoch.
Er schlägt um sich,
gegen nichts, gegen alles.
Die Fratzen reißen weiter ihre Münder auf,
und er versucht zu schreien.
Die Lippen bewegen sich,
doch kein Laut kommt.
Das Salz frisst die Stimme,
wie es die Haut gefressen hat.
Echo versucht aufzustehen.
Der Körper folgt nicht.
Die Hände zittern,
als wollten sie sich selbst loswerden.
Die Akten rutschen nach vorn,
ein paar Blätter reißen.
Ein Satz bleibt hängen:
„Subjekt zeigt deutliche Dissoziation vom Ich.“
Er starrt darauf,
bis die Buchstaben anfangen, zu atmen.
Wieder Zahlen.
5....3....8....15
Sie flackern in seinem Kopf,
tauchen auf der Innenseite der Lider auf,
wie Brandzeichen,
bis er sie nicht mehr zählen kann.
Der Himmel bricht auf.
Das Boot stößt gegen etwas.
Land, vielleicht. Oder nur Schlamm.
Echo fällt aus dem Boot.
Die Knie schlagen auf,
der Sand klebt an den Akten, an der Haut, an allem.
Er kriecht.
Langsam, mechanisch, wie etwas, das vergessen hat, warum.
Das Meer zieht hinter ihm zurück.
Er bleibt liegen.
Die Finger verkrampfen sich um das Halsband,
das auf seiner Brust liegt.
Metall, kalt, stumm.
Vor ihm: Stiefel.
Schwarz. Breit.
Schlamm rinnt an ihnen hinunter.
Echo hebt den Kopf,
bis der Blick bricht.
Dann nichts mehr.
Nur das Meer, das wieder atmet.