Seid bereit, denn heute hat Prediger Murphy ein Wort für Euch!
Die Nacht war still, doch in meinem Kopf tobte ein Sturm.
Ich saß allein in der Klabusterkirche zu Lumbermill, das flackernde Kerzenlicht warf gespenstische Schatten an die Wände.
Die hölzerne Bank unter mir knarrte leise, als ich mich vorbeugte und die Hände faltete.
Doch es war kein Gebet, das meine Lippen verließ – nur ein schwerer Seufzer.
Im kalten Januar des 13. Jahres nach dem Ausbruch, einem eisigen Wintermonat, erhielt ich eine Nachricht von Keyser. Oder sollte ich ihn bei seinem menschlichen Namen nennen, Johan? Unsicherheit lähmte meine Gedanken...
Ich wurde aufgefordert, einen Ort aufzusuchen und eine Schaufel mitzunehmen. Sollte ich darauf eingehen? Was würde mich erwarten? Die Schaufel, um mein eigenes Grab zu schaufeln, späte Rache seiner Schergen? Tausend Gedanken, kein einziger klar oder zuverlässig...
Meine Neugier siegte. Ohne Waffe ging ich ohnehin nicht mehr aus der Kirche. Was sollte schon passieren? Der Tod ist sowieso mein ständiger Begleiter...
Ohne große Mühen erreichte ich das Versteck
und war doch sehr erstaunt über die Nachricht
und den gefundenen Inhalt...
Warum ich? Warum die Hose? Welche Wege sind wir angeblich gegangen? War ich möglicherweise mitschuldig an seinen Verbrechen... Ich kann mit niemandem darüber sprechen...
Die UNOC hatte Keyser erst vor kurzem in einer "Geheimoperation" in Gewahrsam genommen. Wie konnte er mich dennoch kontaktieren? Es muss weiterhin Menschen geben, die für ihn arbeiten!
Die veröffentlichten Akten zu dem Fall "Keyser" (eine Meisterleistung der UNOC), waren jetzt für jeden öffentlich einsehbar. Daraus war auch ersichtlich, welche Personen die anderen Kleidungsstücke Keysers erhalten hatten. Der OTL Wüstenfuchs erhielt seine Jacke, Rawcherry erhielt seine Maske, ich die Hose. Seine einzigartigen metallischen Handschuhe waren allerdings nirgends erwähnt. Wer hat die bekommen?
Und wie soll es mit Keyser weitergehen?
Keyser, oder vor der Apokalypse Johan, der seine eigene Familie auslöschte. Ob im Wahn oder im Klaren. Der mir erzählte damit seine Familie schützen zu wollen, vor dem Bösen. Ich habe unzählige Stunden mein Hirn zermartet, eine Pein ohnegleichen. Hat sein Glauben, seine Angst vor dem Bösen, ja vor dem Teufel, ihn zu dem gemacht, was er heute ist? Hat ihn seine Angst getrieben? Wollte er wirklich nur andere schützen? Es bleibt ein Rätsel...
Ein Name, der so viel Leid über diese Welt gebracht hatte. Ein Name, der mich seit Jahren begleitet und der sich doch in den letzten Monaten immer tiefer in mein Bewusstsein eingebrannt hatte. Ich hatte seine Verbrechen, seine Taten bildlich vor Augen – versucht sie zu begreifen.
Der Prozess rückt näher, und mit ihm die unausweichliche Frage:
Verdient dieser Mann die Todesstrafe?
Mein Herz rang mit sich selbst. Ich hatte ihn ein paar Mal persönlich getroffen, gewollt und ungewollt, die Narben gesehen, die er hinterlassen hatte. Und doch hatte er sich gestellt. War das nicht Reue? War das nicht der erste Schritt zur Erlösung? Sollte ein Mensch, der so viel Dunkelheit verbreitet hat, trotzdem noch auf Gnade hoffen dürfen?
Aber was war mit den Opfern? Denen, die nie die Möglichkeit hatten, sich zu entscheiden, weil er sie ihnen genommen hatte? Wer gab ihnen Gerechtigkeit, wenn nicht ein Urteil, das endgültig sein sollte?
Ich spürte, wie meine Finger sich um das kleine, goldene Symbol des Gurkenschälers in meiner Tasche schlossen. „Gedenket der Stimme der Erlösung“, hatte Keyser einst gesagt. Ironisch, dass ich nun genau über diese Erlösung nachdachte – und ob sie ihm zustehen sollte.
Gerechtigkeit oder Gnade? Vergeltung oder Vergebung? Der goldene Gurkenschäler lehrte uns, das Gleichgewicht zu wahren, aber wie wog man das Gewicht von so vielen Leben gegen das eines einzigen?
Ich atmete tief durch und blickte zum Altar.
Ich würde beten. Ich würde nach Weisheit suchen. Doch ob ich eine Antwort finden würde, wusste ich nicht.
Welche Wahl würde wohl Keyser treffen und damit über sein eigenes Schicksal entscheiden?