Stärke – sie ist eine Illusion. Aber es sind die Illusionen, die uns glauben lassen und was ist heute wichtiger als unser Glaube? Es muss dabei nicht einmal der Glaube an eine bestimmte Religion sein. Viel rudimentärer: Der Glaube an einen Selbst!
Mein Name ist Irina Medwedew, 33 Jahre, wohnhaft… ja wo eigentlich? Das ist schwer zu sagen, wenn jegliche Infrastruktur eigentlich zusammengebrochen ist. Normalerweise nenne ich Dolina mein zu Hause. Je nachdem was ich an Material finden kann. Die meiste Zeit jedoch bin ich in den Wäldern Chernarus unterwegs. Städte meide ich so gut ich kann. Überall wo viele Menschen waren, sind jetzt viele Zombies. Dafür muss man nun wirklich nicht Einstein sein. Dörfer sind überschaubarer. Leise und schnell rein und wieder weg. So hat es mir mein Mann beigebracht.
Dimitrij Wolkow … Mein geliebter Dimitrij … Gott möge dich in seinem Kreise aufgenommen haben. Es war Spätsommer als wir uns kennenlernten. Zu der Zeit war ich an der Schwesternschule in Novodmitrovsk um Krankenschwester zu werden. Eines Tages war ich auf dem Weg vom Tanztraining zurück zur kleinen Stadtwohnung, die ich mir mit einer anderen jungen Frau teilte. Natasha war eher eine Partymaus und war eh nie da. Und wenn, dann nur um zu duschen, sich umzuziehen und wieder zu verschwinden. Ein verrücktes Huhn … und meine beste Freundin seit wir laufen können. Jedenfalls war ich auf dem Weg zurück und Dimitrij saß in seinem Wagen, um auf seine Freunde zu warten. Unsere Blicke trafen sich und sein Lächeln war unglaublich. Es zog einen richtig in den Bann. Verlegen sah ich kurz weg und konnte nicht aufhören breit zu lächeln. So ging es mir noch nie. Ich lief sogar ein Stück rückwärts, um weiter mit ihm Blickkontakt zu halten. Nach einem Zwinkern von ihm, drehte ich mich allerdings wieder um. Zugegeben ich gehörte zu den Mädchen, die wirklich schwer zu kriegen war. Ich war mir sehr bewusst, dass ich gut aussah. Langes blondes Haar und durchs Tanzen kein Gramm Fett, wo es nicht hingehörte. Da ich es allerdings nicht einsah zu hungern, hatte ich hübsche Rundungen da, wo sie hingehörten. Dafür liebe ich gutes Essen einfach zu sehr. Dazu hatte ich lange Beine. Für damalige Zeiten sah ich top aus. Und wie jedes Mädchen, die das weiß, ließ ich die Jungs auch gern zappeln, um herauszufinden, ob sie wirklich ernsthaftes Interesse hatten. Ach was waren das schöne Zeiten! Jedenfalls stieg Dimitrij aus dem Wagen aus und lief mir nach. Zum Glück, muss man sagen. Denn eine Gruppe von zwielichtigen Typen bedrängte mich auf einmal. Ich war so abgelenkt von Dimitrij, dass ich die Kerle nicht bemerkt habe. Einfach so wie in einem Film gab er einen Schuss in die Luft ab und verscheuchte die Typen. Er steckte seine Waffe weg und brüllte den Idioten nach, dass sie gefälligst Frauen in Ruhe lassen sollen. Dann half er mir auf. Einer der Kerle hatte mich weggestoßen und ich war gefallen. Alles halb so schlimm. Sachen kann man ja zum Glück waschen. Als ich wieder auf meinen Füßen stand, kam ich mit Dimitrij ins Gespräch. Doch das war es noch nicht.
Die Kerle kamen wieder. Dieses Mal saßen Sie in ihrem Auto und fuhren an uns vorbei. Da sie auf einmal sehr langsam wurden, realisierte Dimitrij, dass da etwas nicht stimmen kann. Gerade als sie begannen aus dem Wagen zu schießen, zog er mich beiseite. Ein Schuss streifte meinen Oberschenkel. Ich fiel natürlich gleich hin und es blutete total. Alle Leute wurden panisch und liefen wild umher. Dimitrij hob mich auf und ging hinter einer Parkbank mit mir in Sicherheit. Seine Freunde kamen herbei, aber die Anderen waren längst mit quietschenden Reifen weggefahren. Irgendjemand hatte die Polizei und einen Krankenwagen gerufen. Man nahm unsere Aussagen auf und man fragte mich auch, ob ich selbst ins Krankenhaus fahren möchte oder ob man mir auch einen Krankenwagen rufen soll. Dimitrij bot mir an, dass er mich fuhr und ich schlug den Krankenwagen aus. Gesagt getan. Dimitrij trug mich zum Auto, was seine Freunde näher zum Park fuhren. Zusammen fuhren wir zum Krankenhaus. Die Kollegen waren sehr überrascht und teilweise erschrocken. Ich gehöre nicht zu den Mädchen, die dafür bekannt sind in Schwierigkeiten zu geraten. Erst Recht nicht in Solche! Die ganze Zeit blieb Dimitrij bei mir und anschließend brachten er und seine Freunde mich nach Hause. Als wir uns verabschiedeten, bat er mich um ein neues erstes Date und ich willigte ein. Irgendwas an ihm war besonders und ließ mich nicht mehr los. Ja ich freute mich auf diese Verabredung und es sollten noch einige Folgen.
Wir lernten einander kennen und lieben. Wir hatten sehr viele Gemeinsamkeiten, aber auch genügend Unterschiede. Uns war beiden klar, in dem Moment als wir uns sahen, dass eine Verbindung unserer beider Leben geknüpft war, die wir beide nicht lösen wollten. Je mehr Zeit wir verbrachten, desto mehr wuchs unsere Liebe. Bei einem Mann wie Dimitrij auch kein Wunder. Er gehörte zu der Art Mann, wenn er einen Raum betrat, dann sah sich jeder nach ihm um. Jeder wollte mit ihm befreundet sein. Nicht nur weil er gut aussah! Er hatte diese Ausstrahlung eines Ritters oder Helden. Gut das stammte sicher daher, dass er in der Armee diente und Soldat war. Gleichzeitig hatte er ein hohes Maß an Eleganz. Einem König gleich! Es war immer aufregend in seiner Nähe zu sein. Ein Mann mit Charme, Intellekt und einer wirklich begnadeten Redekunst. Und während der Weihnachtsfeiertage bei meinen Eltern machte er mir zum Jahreswechsel einen Antrag. Es war wirklich traumhaft. Für mich stahl er die Sterne vom Himmel und ließ alles stehen und liegen, wenn etwas war. Dimitrij war so einfühlsam und gab mir nicht nur Schutz, Wärme und Liebe. Nein ich wurde auch schwanger. Nachdem meine Ausbildung fertig war, sind wir nach Novaya Petrovka gezogen. Dimitrij wurde in Tisy stationiert und ich bekam eine Stelle in der kleinen Krankenstation im Norden der Stadt. Meine Eltern waren froh, dass ich relativ in der Nähe geblieben bin.
Auf ihrem Hof in Skalka haben wir auch die Hochzeit gefeiert. Eine wundervolle kleine Zeremonie in der kleinen Apfelplantage. Ich weiß noch genau, dass ich Angst hatte nicht in mein Brautkleid aus Spitze zu passen. Aber die Verkäufer waren clever. Die haben einfach eine größere Nummer bestellt und die Schneiderin konnte alles anpassen. Den Schmuck habe ich von meinen Großeltern aus Dolina geschenkt bekommen. Ich bekam die Kette meiner Großmutter, die sie bei ihrer Hochzeit getragen hat und wir bekamen die Eheringe seiner Großeltern. Sie wünschten uns, dass unsere Ehe genauso lange hielt, wie ihre Eigene. Das bedeutete uns beiden unendlich viel. Auch das mein Vater seine alte Ausgehuniform anzog. Wie die meisten Männer, hat er auch seinem Land gedient. Allerdings kam er verletzt zurück. Seit dem lief er sehr schlecht und nach einem Unfall mit einem der Pferde, ging er nur noch mit Gehstock. Das war vor allem für meinen kleinen Bruder Alexander immer schlimm. Aber das ist ein anderes Thema. Voller Stolz brachte mich mein Vater zum Altar. Die ganze Plantage war voller Lichter und wir heirateten bei Sonnenuntergang. Überall in den Baumkronen waren Lichterketten. An unterschiedlich langen Fäden und Schleifenbändern hingen Kerzen und Gläser, in denen Teelichter waren. Natürlich gab es auch den wunderschönen Rosenbogen mit allerlei Wildblumen. Überhaupt war alles einfach traumhaft schön. Gefeiert wurde im alten Gasthaus. Das stand hier schon seit immer. Alles rustikal und doch irgendwie schick und gemütlich. Wir hatten einen Heidenspaß. Doch das sollten die letzten glücklichen Momente gewesen sein.
Doch ersten kommt es Anders und zweitens als man denkt. Nur wenige Wochen später sollte die Epidemie beginnen.