Berezino, ein oder zwei Tage nach dem Transfer
"And it feels like a prison I'm living in
Did I earn all the pain in the consequence?"
Die kleine Zelle in Berezino bietet mehr Anschein von Normalität, als ich erwartet hatte – und dennoch keinen echten Trost. Ein altes, fleckiges Sofa steht in einer Ecke, der Stoff ist bereits stark von der Zeit gezeichnet. Wie lange ich nun hier genau bin, ist mir auch ein Rätsel. Vielleicht ein oder zwei Tage? Vor dem Fenster wurde eine Wellblechwand angebracht, die das Tageslicht blockiert und die Zelle in ewige Dämmerung taucht, daher ist es naturgemäß schwer eine Aussage zu treffen. Meinen Wecker haben sie mir auch abgenommen und das schmerzt momentan am meisten. Nur ein kleiner Ofen steht in einer Ecke, jedoch scheinbar nutzlos, denn weder Feuerholz noch Zündmittel sind vorhanden. Und natürlich ist auch mein ständiger Begleiter wieder da: das gelbe Fass. Es steht vor dem Gitter, das den Raum vom Rest der Wohnung trennt. Vor der Eingangstür türmt sich ein schweres Wellblechtor auf, ein unüberwindbares Hindernis.
Dann höre ich es. Das vertraute, tiefe Brummen eines ADA-Motors. Mein Herz rast. Hoffnung keimt auf – vielleicht ist es jemand, der mich findet! Ich schnappe nach Luft und trommle verzweifelt gegen die Wände: „Hier bin ich! HALLO!“ Doch meine Hilferufe erreichen die falschen Ohren.
„SCHWEIG!“ Chucks donnernde Stimme durchbricht die Stille. Mein Herz sackt in die Tiefe. „Scheiße…“, entfährt es mir, als ich in eine Ecke zurückweiche. Die Angst ist überwältigend. Das wird nicht gut ausgehen.
„Hände hoch, Kopf an die Wand!“ Chucks Befehl hallt durch den Raum, seine schneidende Stimme duldet keinen Widerspruch. Zitternd folge ich seiner Anweisung. Ich höre das metallische Klicken des Zahlenschlosses, das mir verrät, dass die Entführer jeden Moment eintreten werden. Trotzdem ziehen sich die Minuten endlos, bis Chuck schließlich vor der Gittertür steht. „Umdrehen! Ganz langsam zurück!“ Seine Waffe ist auf mich gerichtet. Mein Körper gehorcht wieder einmal, als wäre er losgelöst von meinem Verstand. „Näher kommen, umdrehen!“ Seine Stimme ist kalt, unnachgiebig. Ich spüre seinen Blick auf mir, während ich mich erneut drehe und warte, bis er mir die Handschellen anlegt. Das kalte Metall schließt sich um meine Handgelenke, und die allzu vertraute Ohnmacht überrollt mich erneut.
Das Tor wird geöffnet, und Chuck führt mich aus der Zelle. Mit der Waffe im Anschlag treibt er mich vor sich her, die Stufen des Treppenhauses hinunter. Wenn ich nicht schnell genug bin, spüre ich den harten Stoß des Kolbens seiner Waffe in meinem Rücken. Vermultich die Quittung für den Versuch, nach Hilfe zu rufen. Jeder Schlag lässt meine Schulter pochend zurück, doch ich halte den Schmerz zurück, bemüht, nicht zu stolpern.
Unten angekommen wartet seine Komplizin bereits. Ich weiß nicht, warum, aber ich werde sie „Jane“ nennen. Sie sichert das Gebäude, ihre Haltung angespannt und wachsam. Dann sehe ich das Fluchtauto, einen blauen ADA. Die Zeit wird knapp. Ich muss handeln, bevor es zu spät ist. Ich lasse alle Vorsicht fahren, nutze den Moment und rufe aus voller Kehle: „HILFE! HIER BIN ICH!“ Bitte lass meine Stimme bis am Camp zu hören sein… jemand muss das doch mitbekommen, verdammt!
Doch bevor mein Ruf verstummt, als beide Entführer sofort simultan nach mir schlagen. Ich stürze und falle. Meine Jacke ist komplett ruiniert, als ich im Schmutz der Straße lande. „RUHE!“ brüllt Chuck, und ich spüre den Schmerz, der durch meinen Körper schießt. Keuchend liege ich auf dem Boden. „Ihr Monster“, bringe ich hervor, doch meine Worte haben keine Wirkung. Schließlich werde ich auf die Füße gezerrt und gezwungen, in den ADA zu steigen. Widerwillig gehorche ich, ich habe keine Kraft mehr für den Kampf übrig.
Wieder setze sich der Motor in Bewegung, und die Fahrt ins Ungewisse beginnt. Ich klammere mich an den Gedanken, dass die Schreie vielleicht doch jemanden erreicht haben könnten. Vielleicht bin ich nicht ganz verloren. Aber bis dahin bleibt nur die Dunkelheit, die mich umgibt, und die Ungewissheit, wo die Reise diesmal enden wird.