Tagebuch eines Samariters in Chernarus (Vanilla) - Band 2 (1.21)

  • 09.07.2023 – Revision

    Gestern noch voller Euphorie und heute schon wieder auf dem Boden der Tatsachen. Chernarus lehrt mich immer wieder, dass Träume hier oft nur Schäume sind. Über Nacht sind die Wände wieder zerstörbar, das "Experiment" scheint beendet. Charly und die Crew sind elektrisiert, als sie diese Entdeckung mitteilen. Also ist alles wieder beim Alten. Mein anfänglicher Optimismus über die Sicherheit unserer Lager scheint naiv gewesen zu sein. Zwei Tore? Ein müder Witz! Ich beginne, unsere Verteidigung zu verstärken, schleppe Holz und Baumaterial herbei. Der Traum von weiteren WG-Projekten oder einem Autoteilehandel in Solnichniy? Vorläufig auf Eis gelegt. Die Notwendigkeit der Erstversorgung und der Schutz unserer Auffanglager ruft wieder. Hier werde ich gebraucht.


    In der Ferne hört Wolfgang einen Schuss, vielleicht aus Elektrozavodsk oder Kamyshovo, Genaueres ist unklar. Ich bin noch in Solnichniy und hoffe, in Ruhe meine Arbeit erledigen zu können. Dann mögen sie doch versuchen, unsere WG aufzubrechen – aber nicht ohne erheblichen Aufwand.


    Tabasko und Ravini erleben auf dem Weg zu Charlys Basis in Tisy ein Abenteuer der unerwarteten Art. In der Nähe von Sinystok werden sie von Wölfen angegriffen. Ravini erleidet dabei eine schwere Verletzung, Tabasko versorgt ihn jedoch und gemeinsam setzen sie ihre Reise fort. Charlys neues Domizil im Militärgebiet von Tisy ist, von dem was ich mitbekomme, beeindruckend. Nachdem die vorherige Basis der Jungs in Pavlovo geraided wurde (nochmal… wer baut denn bitteschön eine Basis in einer Gaszone? Das macht doch keiner…), hat Charly scheinbar nicht aufgegeben und ein neues Zuhause errichtet. Und da Charly nun einmal Charly ist, macht er keine halben Sachen und baut mitten in militärischem Sperrgebiet. Nerven hat er ja, das muss man ihm lassen. Und von einem Geheimprojekt mit 200 Kisten ist die Rede. Was hat er vor?


    Kämpfend gegen zahlreiche Zombies, schlagen sich Ravini und Tabasko weiter zu ihm durch, um zu helfen. Dabei wird Ravini bewusstlos geschlagen, aber Charly eilt ihm zur Hilfe. Schön, dass die Jungs dort oben aufeinander aufpassen.


    Übrigens ist Charlys Basis ist nicht die einzige Neugründung. Sogar Kanu hat die Freude am Bauen entdeckt und plant einen „Baywatch-Tower“ zwischen Berezino und Nizhnoye. Warum? Um verirrte Bambis zu retten, natürlich! Wenn ein Bambi sich verirrt, wird Kanu sich mutig mit seinem wasserdichten, roten Rucksack in die Brandung stürzen und den hilflosen Überlebenden retten, so der Plan.


    Und eine gute Nachricht erreicht mich: Max und Kevin haben Lebenszeichen gesendet! Die Gerüchte über ihren Umzug nach Namalsk waren falsch. Doch es gibt Ärger. Charly informiert mich lachend über etwas, das sich vergangene Nacht zugetragen hat. Dani ist heimlich in Max und Kevins Basis eingedrungen und wollte ihre Sachen in ihre (!) Fahrzeuge laden und abtransportieren. Eine Seite in mir möchte das relativieren. Eventuell hat Dani einfach nur den falschen Gerüchten geglaubt und darum gedacht, die Basis sei jetzt frei für alle? Er hat es doch bestimmt nicht böse gemeint. Tja… dann muss er sich nicht wundern, wenn Max und Kevin eines Tages an seiner Basis „anklopfen“, oder? Verstehen könnte ich es.

    Charly glaubt das keinen Moment und erzählt weiter mit einem dicken Grinsen. Die Geschichte nimmt eine überraschende Wendung, als ausgerechnet Max und Kevin Dani beim nächtlichen Ausräumen in ihrer Basis antreffen.


    Was mich überrascht ist, dass sie anstatt sofort zu schießen, erst bei Charly nachfragten, ob er davon Kenntnis hatte. Tja und unser Charly sagte natürlich ganz wahrheitsgemäß, dass er davon keine Kenntnis habe, aber es nicht auszuschließen sei, dass Dani auf eigene Faust agierte. Im Zweifelsfall sollen sie ihn einfach erschießen… Sehr diplomatisch, das muss man schon sagen.


    Sie haben ihn am Ende sogar laufen lassen. Charly fügt mit einem schelmischen Grinsen hinzu: „Tja ist doch nett, da hat der Dani ihnen auch schonmal die Autos gepackt.“ Ja… er hat gewissermaßen unaufgefordert beim Umzug geholfen, wenn man so will. Aber so ganz wohl ist mir bei der Entwicklung der Lage nicht. Ich mache mir so meine Gedanken, während ich weiter Holz schleppe.


    Später erreicht mich eine schockierende Nachricht: Tabasko wurde in Pustoshka angegriffen und aus seinem Auto herausgeschossen. Statt wegzufahren, möchte er jedoch den Angreifer stellen, wird dabei aber selbst überrascht. Er findet sich an der Küste wieder, sein Auto ist futsch. Wir spekulieren, wer dahinterstecken könnte. Der Schatten? Aber Charly wiegelt ab. Seit der Schatten von Henrik erwischt wurde, wird er nicht mehr für alle Vorkommnisse verantwortlich gemacht. „So leid es mir tut“, beginnt Charly, „aber der Schatten ist letzten Endes auch eben nur ein Mensch.“ Recht hat er damit sicher. Aber wer war es denn?

  • 10. Juli – Unfallauto


    Die Spannungen nehmen zu. Aus Prigorodki erreicht uns die Nachricht, dass jemand begonnen hat, den „heiligen“ Manfred abzubauen. Wo einst der imposante Turm stand, ragt nun nur noch ein karges Gerippe in den Himmel und überblickt traurig das Bambi-Auffanglager. Tabasko und Charly nehmen die Nachricht überraschend gelassen hin, doch ich kann mir nicht helfen und muss mir schon wieder Sorgen machen. Wer steckt hinter dieser Aktion? Gerüchten zufolge ist Christian, der Sniper, der uns vor einiger Zeit in Prigorodki unter Beschuss genommen hat, zurück im Land. Ob er etwas damit zu tun hat? Ich hatte gehofft, dass wir nach der Aussprache zwischen Charly und ihm endlich Ruhe haben würden.


    Der tatkräftige Custer meldet sich wieder, und auch wenn es eine Weile dauert, bis wir seinen genauen Aufenthaltsort herausfinden (auf der Karte finde ich leider „mitten in der Walachai“ nicht…), freue ich mich über seine Gesellschaft. Er hat eine Kuh erlegt und bringt nun reichlich Fleisch mit zum Bambi-Auffanglager in Prigorodki. Diese Erinnerung ruft alte Geschichten wach, insbesondere jenen Vorfall, bei dem Charly und die anderen dachten, Custer sei ein Feind. Zum Glück konnte ich damals vermitteln und klären, dass er zur falschen Zeit am falschen Ort war. Er hat wirklich ein Talent dafür, in Schwierigkeiten zu geraten.


    Im Gespräch erwähnt Charly, dass wir schon lange nichts mehr von Johnny gehört haben. Bemerkenswert ist, dass sein Verschwinden genau mit dem Tag zusammenfällt, an dem eine Gruppe versuchte, das Hochhaus in Elektrozavodsk zu raiden, in dem sich Hendriks Basis befindet. Charly ist überzeugt, dass Johnny und Benni in dieser Aktion verwickelt waren und Johnny danach untergetaucht ist. Vielleicht wurde ihm die Sache zu heißt? Tabasko triumphiert: „Ich hab ja von Anfang an gesagt, da stimmt etwas nicht…“ und Wolfgang pflichtet ihm bei. Gut… ich gebe es zu, ich habe da vermutlich auch mal wieder zu leicht vertraut. Wolfgang stimmt ihm zu, und ich muss zugeben, dass ich vielleicht zu naiv war. Dennoch, niemand wurde verletzt, die Basis blieb intakt und die Jungs hatten ihren Spaß. Was will man mehr? Trotzdem beschäftigt mich der Gedanke an Johnny. Sollte in unserer Gemeinschaft jemals wieder ein Johnny auftauchen gibt es namenstechnische Problem. Ich werde den alten Johnny daher von nun an als „verräterischen Johnny“ bezeichnen müssen. Bei all den Namen verliert man ja leicht den Überblick…


    Ich durchstreife einen der Züge entlang der Küste und finde zwischen Niznoye und Berezino nur ein paar Essensreste. Enttäuscht setze ich meinen Weg fort, entlang der Küste und dann von Solnichniy in Richtung Prigorodki. Nach einigen Kilometern am Waldrand entlang stocke ich. Am Straßenrand steht tatsächlich ein schwarzer Gunter! Eindeutig ein Unfallwagen, denn es fehlen alle vier Reifen und die Front hat sich tief in eine Tanne gebohrt. Aber der Motor ist noch in Ordnung, auch wenn die Zündkerze ruiniert ist und Kühler samt Batterie fehlen. „Hört sich nach Charly an!“, scherzt Tabasko, aber dieser verneint. Schwarzer Gunter… schwarzer Gunter… in mir arbeitet es. Die Balzbubis hatten doch einen schwarzen Gunter! Möglicherweise hatten sie einen Unfall und ihn hier zurückgelassen? Das arme Auto. Ich würde ihn gerne flott machen. Batterie und Co. Kein Problem, aber die Reifen? Nur noch ein ruinierter ist vorne vorhanden. Ich beschließe nach Kamyshovo zu laufen und dort zu suchen.

    Eventuell habe ich ja Glück.


    Unterwegs läuft mir noch ein Hühnchen über den Weg und ich übe etwas das Schießen mit der Armbrust. Beim namenlosen Dorf gegenüber von Skalisty Island sehe ich noch kurz nach der Bambi-Versorgungskiste, aber diese ist nicht mehr an ihrem Platz. Skandalös! Aber ich entdecke sie schließlich in einem der Häuser und bringen sie zurück an ihren zugedachten Platz. Weiter geht es nach Kamyshovo. Dort durchsuche ich Autowrack um Autowrack, aber leider ohne Erfolg. Erst in Elektrozavodsks kleinem Vorort finde ich endlich einen Gunter-Reifen. Ein Kühler ist ebenfalls in der Nähe, also nichts wie zurück zum Unfallauto.


    Nach gefühlten Stunden erreiche ich endlich mein Ziel. Somit hat der Gunter nun einen Kühler und einen intakten Reifen sowie einen ruinierten. Gut, Letzterer ist besser als nichts, aber ich muss trotzdem zusehen, dass ich noch mindestens zwei Reifen, eine Zündkerze und eine Batterie finde. Also wieder zurück auf der Küstenstraße nach Elektrozavodsk. Meine Wandertour wird von Charly, Custer, Tabasko und Ravini im Funkkanal untermalt, die sich orientieren. Ravin überlegt umzuziehen, weiß aber noch nicht genau, wohin. Tabasko bietet ihm an, einen LKW vor seiner Basis zu parken, als kleine Starthilfe.

    Mein Herz macht einen Freudensprung, als ich einen Reifen auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt finde. Schnell ist er von dem Autowrack abmontiert und nach etwas Umsortiererei, die ich liebevoll das „Tetris-Minigame“ nenne, ist der Reifen auch schon in meinem riesengroßen Bergsteigerrucksack verstaut.


    Schwer bepackt geht die Reise weiter und nach langem Suchen ist mir das Glück hold. Ich finde tatsächlich noch einen Reifen, den ich aber erst abholen kann, nachdem ich den zweiten verstaut habe. Unterwegs finde ich schließlich noch eine Zündkerze und eine Batterie. Ein wahres Wunder, denn normalerweise findet man hier nichts, was man dringend sucht.

    Zurück am Gunter fahre ich das treue Gefährt in Richtung Solnichniy und beschließe, ihn erst einmal in einer Halle provisorisch einzuschließen. Es ist schon spät und die Aktion hat mich sehr viel Zeit gekostet, aber das Auto ist es auf alle Fälle wert.

    Ravini und Custer wollen noch gemeinsam los zum Airfield ziehen. Na viel Erfolg… ich hoffe, sie kommen heil wieder. Ich für meinen Teil bin heute schon genug gewandert und lege mich erschöpft schlafen.

  • 11. Juli – Ein Hauch von Veränderung


    Ein neuer Tag erwacht, umhüllt von der sanften Morgendämmerung, und ich begebe mich auf meine gewohnten Routinen in Solnichniy. Die Welt um mich herum scheint still zu stehen, bis plötzlich die Nachricht über Tabaskos Zustand wie ein Donnerschlag die Stille durchbricht. Charlys Worte hallen in meinem Geist wider, während er von Tabaskos schweren Verletzungen und der bedrohlichen Horde von Zombies berichtet, die ihn umringt hat. Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie Tabasko verzweifelt kämpfte, seine gebrochenen Beine ignorierend, während er gegen die grausamen Untoten ankämpfte und verzweifelt nach einer Waffe suchte. Doch auch inmitten dieses Chaos zeigte Tabasko seine unerschütterliche Entschlossenheit und fand seinen Weg zurück zur Basis, um sich erneut auszurüsten.


    Währenddessen verfolgt Charly einen geheimnisvollen Plan, der von einem unstillbaren Drang nach Tätigkeit zeugt. Hat er etwa Langeweile? Jedenfalls erwecken seine eifrigen Bemühungen ohne Rast und Ruhe Kisten zu bauen meine Neugierde und lassen mich über seine Absichten grübeln. Was mag wohl in seinem Kopf vorgehen? Ich verstehe nur etwas von „hundert“ oder „tausend“ Kisten, aber das wäre Wahnsinn…


    Ravini hingegen steht vor einer persönlichen Zerreißprobe, als er mit dem Gedanken spielt, sein gewohntes Umfeld zu verlassen. Er ist hin- und hergerissen zwischen der vertrauten Sicherheit und dem Lockruf des Unbekannten. Ich spüre seine innere Unruhe, die in der Luft schwebt, und frage mich, welche neuen Wege er wohl einschlagen wird. Jedenfalls haben Charly und die Jungs ihm volle Unterstützung zugesagt und sind sogar bereit 4 LKW für den Umzug zur Verfügung zu stellen. Na ob das für Ravinis Sachen ausreicht?


    Der schwarze Gunter, den ich gestern entdeckt habe, ruht immer noch an seinem Platz, fast wie ein einsames Symbol der Hoffnung in dieser von Dunkelheit umgebenen Welt. Doch seine trügerische Ruhe wird von der Sorge um seinen Zustand getrübt, besonders durch den fehlenden Reifen, der seine Fortbewegung einschränkt. Ich sollte mich weniger blumig ausdrücken… Jedenfalls mache ich mich auf die Suche nach einem Ersatz, um ihn wieder flott zu machen und am Ende des Tages werde ich in der Tat mit einem Reifen belohnt.


    Zurück in der Sicherheit der Samariter-WG, umgibt mich eine seltsame Atmosphäre der Erwartung, als ob etwas Unbekanntes im Begriff wäre, sich zu entfalten. Ein Hauch von Veränderung liegt in der Luft, und ich bin gespannt darauf, zu sehen, wohin uns dieser neue Tag führen wird.

  • 12. Juli – Unverbesserlich

    Ein neuer Tag erwacht in Solnichniy und die drückende Stille des Morgens wird nur durch den ergiebigen Regen unterbrochen, der rhythmisch auf das Dach der Samariter-WG prasselt. Eigentlich würde ich mich nun liebend gern nochmals rumdrehen und in meinem provisorischen Nachtlager dem Klang weiter lauschen, aber meine Gedanken schweifen ab. Während das Wasser sich an den Fenstern einen Weg entlang sucht und seine Streifen zieht, denke ich über den armen Gunter in der Lagerhalle nach, der wohl bald eine neue Unterkunft braucht. Soll ich heute eine Garage für ihn bauen, oder ist es nicht vielleicht besser, ihn gleich nach Prigorodki zu bringen?


    In der Ferne ist Wolfgang auf Tour im Norden, während Charly sich plötzlich meldet. Ich stelle mein Gerät auf Empfang und melde mich müde. Es geht ihm soweit gut und er ist ebenfalls mit Tabasko im Norden unterwegs. Das Gespräch fällt auf meine Pläne für den heutigen Tag, aber mir wird klar, dass ich keine Axt zur Verfügung habe. Tabasko zitiert einen seiner Lieblingssprüche: „Die Axt im Haus erspart den Zimmermann!“ Frei nach diesem Motto beschließe ich also, mir zunächst ein Werkzeug zu suchen. Irgendwo in Solnichniy muss ja etwas zu finden sein und vielleicht könnte ich sogar die Wände der Samariter WG erweitern und so noch etwas mehr Schutz bieten. Während ich so vor mich hingrübele, erkundigt sich Charly nach dem Verbeibt des, - wie der ihn nennt – „1. FC Bayern Gunter“ aus dem Norden.


    „Er ist blau-rot und stand wohl auf einer Brücke“, beginnt er. Auch Wolfgang hat keine weiteren Informationen. Dani, so berichtet Charly, hat den armen Gunter wohl vor ein paar Tagen gegen einen Pfeiler auf der Brücke gefahren und jemand hatte allem Anschein nach damit begonnen, ihn zu reparieren – die Reifen wurden getauscht, ein Kühler ersetzt, Wartungsmaterial ins Auto gepackt tja und dann... verschwand er spurlos. Charly erwähnt, dass er ganz in der Nähe am Vortag einen Überlebenden angeschossen oder vielleicht sogar getötet habe. Ob er das Auto genommen hat und es jetzt vermutlich irgendwo am Straßen- oder Waldrand steht? „Du hast ihn nicht getötet“, korrigiert ihn Tabasko grinsend, „Du hast ihn nur zur Küste geschickt…“ Oh weh… das erinnert mich doch sehr an unseren Euphemisten, Brah. Was der wohl jetzt gerade macht? Hoffentlich geht es ihm gut, aber er kann sicher auf sich aufpassen.


    Während ich den Gesprächen lausche, durchstreife ich Solnichniy, um eine Axt zu finden und neue Kleidung für das Auffanglager zu besorgen. Meine MK-II ist zwar eine treue Begleiterin, aber meine typische rote Sanitäter-Kleidung wird stark strapaziert. Glücklicherweise finde ich in der Klinik eine neue rote Jacke, aber meine Hose hat definitiv bessere Tage gesehen. Aber als ich einen Schuppen in der Nähe genauer untersuche finde ich zumindest eine Axt. Nun kann es ja losgehen!


    Kurz darauf beginne ich, Bäume zu fällen, um die WG weiter auszubauen. Das soll also die heutige Tagesaufgabe werden. Mein Ziel ist es, die Fenster zumindest etwas mehr zuzubauen. Ich komme gut voran, aber zwischendurch begebe ich mich zum Brunnen, um eine Pause einzulegen. Während ich meinen Durst stille, schleicht sich ein Infizierter heran und ich rette ich mich mit knapper Not vor ihm auf einen liegengebliebenen Truck. Der Zombie wird bald Opfer eines gezielten Kopfschusses. Mein Glück scheint kein Ende zu nehmen, als ich bei dem Gunterwrack am Brunnen einen Reifen finde und ihn mühsam zu meinem neuen Gefährt trage. Nun habe ich sogar einen Ersatzreifen!


    Die Bauarbeiten an der WG in Solnichniy gehen weiter, als sich plötzlich Ravini meldet. Ich freue mich darüber, ihn zu hören aber Charly führt etwas im Schilde. „Sag mal Ravini…du musst uns was erklären!“, fordert er sofort. Der Farmer gibt ein unschuldiges „oh, oh“ von sich, doch er hat keine Ahnung, worauf Charly hinauswill. „Wie hast du den LKW auf das Dach oben bekommen von dem Haus?“, präzisiert sein Gegenüber die Frage und Tabasko pflichtet ihm grinsend bei: „Das möchte ich auch gern wissen!“ Ich habe ebenfalls keine Ahnung, wovon sie da reden, aber Ravini kontert gelassen, bevor er realisiert, dass er nicht versteht, worüber sie reden.: „Ich hab das hochgetragen und dann da oben abgestellt.“ Es folgt eine kurze Pause der Irritation. „Nee, jetzt ne blöde Frage, ich weiß nicht worüber ihr redet“, gibt Ravini offen zu.Tabasko setzt wieder an: „Na von dem LKW auf dem Dach!“ Der Farmer denkt kurz laut nach und erklärt dann, dass er den LKW hinter dem Haus auf einer Anhöhe geparkt habe. „Damit gibt sich Tabasko zufrieden, aber nun möchte er wissen, ob es Absicht war, dass seine Tore alle offen sind. „Ich hab nur ein Tor gehabt.“ Erwidert er und scheint zu ahnen, dass die Jungs sich mal wieder einen Scherz auf seine Kosten erlauben. „Ja… du hattest mal ein Tor gehabt.“ Kontert Tabasko. „Und das ist jetzt weg oder nur offen?“, fährt Ravini nun hörbar verunsichert dazwischen. Mit engelsgleicher und verständlisvoll-säuselnder Stimme versucht Tabasko ihn zu beruhigen: „Ja, steht alles noch da.“ In diesem Moment kann man ganz ganz leise eine Atombombe explodieren hören. Bestimmt. Ravini klingt hörbar wütend: „Geht das schon wieder los, der Scheiß?!“ Er besteht darauf, dass der LKW hinter dem Hügel steht, er kein Auto auf dem Dach geparkt habe (wie soll das überhaupt möglich sein?!) und dass er gestern noch ein Zelt aufgebaut und alle Tore verschlossen habe. Allerdings beschwert er sich im gleichen Atemzug darüber, dass er ohnehin nicht viel groß machen konnte, da er ständig von Wölfen oder Zombies belagert worden sei. Oh Mann, der Arme. Man hört ihm förmlich an, wie sehr er sein altes Zuhause bereits jetzt vermisst. So ganz scheint das doch nicht die Heimat seiner Wahl zu sein. „Jetzt weiß ich, warum ihr noch jemanden gesucht habt für ne Wohngemeinschaft. Da kommst nicht raus und so hast du wenigstens jemanden zum Quatschen!“, flucht Ravini. Charly lacht. Er realtiviert den Einwand: „Du musst das so sehen, das Essen kommt zu dir!“ Aber über diesen Witz kann Ravini nicht lachen, denn er hört Schüsse. Augenblicklich wird es ruhig im Funkkanal. „Tabasko…“, beginne ich vorsichtig und mir kommt ein furchtbarer Verdacht, „schießt du?“ Ganz locker, wie von ihm gewohnt antwortet er: „Ja.“ Ravini ist auf 180. „Ja, Dankeschön! Dir Pappnase feg ich auch noch mal einen!“, schimpft er. Dann wird es wieder ruhig. „Schießt du jetzt grad, Ravini?“, will Tabasko nach einer Pause wissen. „Ja.“, antwortet dieser kühl. „Siehste, er hat gerade dasselbe bei mir gemacht!“, verteidigt sich Tabasko. Wie die Kinder… Ich seufze. Charly berichtet, dass das wohl schon seit gestern so geht.


    Ravini und Tabasko hatten den LKW ursprünglich gemeinsam für eine Mission genutzt. Sie hatten den LKW vor Ravinis Hütte geparkt und vollgepackt. Eigentlich war der Plan, damit zum Bunker zu fahren, nur musste Ravini dann kurz weg. Tabasko nutzte die Gelegenheit, fuhr allein zum Bunker, lud alles aus und parkte den nun leeren LKW wieder an der Stelle, an der er ihn mit Ravini abgestellt hatte. Kaum war Ravini zurück, fragte Tabasko nach: „Ravini, hast du den LKW irgendwie leer gemacht?“ „Nein, warum…?“ Man kann sich vorstellen, wie wenig amüsiert Ravini über diesen Scherz gewesen ist… Ich habe so das Gefühl, dass diese WG im Norden nicht so lange halten wird. Ob es bei der Samariter-WG anders sein wird?


    Während die Jungs noch etwas über die letzten Ereignisse sinnieren, setze ich mein Bauvorhaben fort. Stolz blicke ich auf die vier Fenster, die ich im Verlauf des Tages nun mit einer massiven Holzwand zugebaut habe. Sie wird zwar keinen Ambitionierten „Raider“ aufhalten, aber zumindest etwas Sichtschutz bieten.


    Plötzlich meldet sich nochmals Tabasko mit einer wichtigen Meldung: „Charly, hast du hier die Minen in einen der Hangars gelegt? Ich wäre fast draufgegangen!“, schimpft er. Charly verneint und Tabasko entschärft die Mine mit einem gezielten Schuss. Die Jungs haben bei ihrer Bunker-Basis also definitiv Besuch bekommen, der „Geschenke“ verteilt. Ich erinnere mich daran, als im Bambi-Auffanglager um Prigorodki oder auch jüngst hier in Solnichniy Sprengsätze und Stolperdrahtfallen angebracht worden waren. Ob da die gleichen Personen dahinter stecken oder war das Zufall? Ich schüttele mich, aber versuche wieder positiv zu denken.


    Der Tag neigt sich dem Ende zu, als ich meinen schwarzen Gunter mit etwas Benzin auftanke und ein Fass aus dem Auto in die WG schleppe. Dann fahre ich das Auto nach Berezino, wo ich noch einige Türen und eine Motorhaube finde. Nur die Fahrertür fehlt noch, aber das kann warten. Mit einem Schweißbrenner beseitige ich ein paar Rostflecken am Auto, und bald strahlt es fast wie neu. Schwarz, aber mit einer blauen Heckklappe. Vorsichtig fahre ich es in eine der leeren Garagen in Berezino, die uns vielleicht eines schönen Tages als Fahrschulgaragen dienen könnten. Die Fahrschule-Bambini ist noch immer eine Idee, die mir im Kopf herumspukt. Ich lasse das Auto stehen und prüfe das hiesige Auffanglager. Alles sieht soweit in Ordnung aus und der Drive-In existiert ebenfalls noch. Außerdem finde ich eine blaue Fahrertür für den Gunter hinter einem Haus. Auch diese ist schnell montiert.


    Müde lege ich mich im Camp in Berezino zur Ruhe. Was wird der morgige Tag wohl bringen und werden die Jungs sich zusammenreißen oder ist ihr WG-Projekt schon vorüber, bevor es überhaupt angefangen hat? Ich schüttle meinen Kopf und lächele. Diese drei… sie sind einfach unverbesserlich, aber ich mag jeden einzelnen von ihnen dafür.