Vorwort:
So ungefähr hat sich das die letzten Tage abgespielt. Die Personen sind frei erfunden orientieren sich aber an ein paar Leuten von hier. (Es ist hoffe niemand beleidigt.)
Des Doktor's Weg
Es war ein sonniger und recht normaler Nachmittag in Tishina. Wir saßen am Feuer, aßen, lachten und ich erfreute mich an meinem Dasein.
Plötzlich fielen Schüsse und unterbrachen somit einen der spannendsten Boxkämpfe die ich nach der Apokalypse je gesehen hatte. Die Projektile schlugen auf dem Platz neben mir ein, ich war kurz geschockt, machte mich dann aber sofort an meine Arbeit.
Glücklicherweise hat es diesmal keiner meiner Beschützer erwischt und ich musste meine Hände nicht schon wieder in ihr Blut tränken um ihnen das Leben zu retten.
Der Schütze war schnell gefunden und durch die Elitetruppen des Dorfes gerichtet.
Als leitender Mediziner des Dorfers versuchte ich alles um diese arme Seele zu retten. Doch es war zu spät, der Schütze war tot.
Der Schuss traf ihn frontal in die Brust. Es war sein Herz, er musste nicht leiden. Die Soldaten feierten den Treffer und rühmten sich in der Tatsache ein Leben beendet zu haben.
Mir stieß meine kürzlich gegessenes Kürbisschnitzel stark auf.
Ich sprach leise ein Gebet für ihn.
Inomine patris et fillii et spiritus sancti
Amen
Ich wollte nicht, dass die harten Soldaten mit hörten, denn als gebildeter Mediziner hat man es unter solchen Wölfen oft nicht leicht. So versteckte ich mein Mitleid vor Ihnen und mimte ebenfalls den harten Kerl, auch wenn meine Seele und mein Herz vor Schmerzen aufschrie, blieb ich still und verzog keine Miene.
Als Arzt habe ich schon viele Tote gesehen, doch ich war entsetzt von der puren Verschwendung und Missachtung des Lebens. Der Anführer der Truppe durschaute meine Maskerade, er beachtete mich aber nicht weiter und ich atmete auf.
Es war hier Sicher, aber ich machte mir keine Illusionen. Ich war nicht wie diese Menschen hier. Abgestumpft durch die Isolation und eiskalt waren sie nur noch Schatten ihre früheren Leben. Es war eine Zweckgemeinschaft, die Soldaten brauchten einen Arzt der sie zusammen flickt und ich brauche Beschützer da ich allein nicht überleben kann.
"Du muss bei Kräften bleiben", sollte ich Schwäche zeigen und meinen Nutzen nicht mehr erfüllen so bin ich nur noch ein weiter Magen der gefüllt werden will. Ein nutzloser Magen der nichts beisteuern kann, wird hier nicht geduldet. Da war ich mir sicher.
Diese Krieger waren keine Monster, sie würden mich nicht töten oder essen da war ich mir sicher. Ihr Anführer war kalt und berechnend, aber er war ein Ehrenmann. Sollte ich hier keine Leben mehr retten können würde man mich verstoßen, was in meinem Fall mit dem sicheren Tot gleichzusetzen wäre.
Meine Gedanken werden unterbrochen. Der einzig freundliche Soldat des Lagers setzt sich zu mir. Er sieht mich an und sagt: „so eine Schande“. Ich nickte etwas verwundert mit dem Kopf. Bin ich doch nicht der einzige hier, der den Tod dieses Mannes betrauert? Meine kurze Verwirrung erhält schnell Aufklärung, denn der freundliche Soldat fährt fort: „Hast du gesehen Doc, was der Bastard alles bei sich hatte, eine Schande das der Schuss alles in seinem Rucksack ruiniert hat, ich könnte töten für ein Bier“.
Er drehte den Kopf weg von mir und starrte mit seinen leeren Augen wieder ins Feuer. „Die Welt für ein Bier?“, dachte ich mir. Zweifelslos war er in seinem vorherigen Leben ein einfacher Arbeiter der seine Frustration mit Alkohol bekämpfte. Ich hatte in meiner Zeit als Arzt und vor dieser Katastrophe schon eine Menge alkoholkranke Menschen gesehen, irgendwann erkennt man sie auch ohne Offenbarung.
Aber ich will kein Heuchler seien, denn schon vor der Auslöschung der Menschheit habe ich ein starkes Verlangen an Substanzen entwickelt die eigentlich zur Rettung meiner Patienten dienen sollten.
Und dann traf es mich wie ein Schlag. Die Soldaten durchsuchen die Toten meist nur nach Waffen, Munition, Essen und natürlich nach Bier und Wodka. Das sind eben ihre Fachgebiete. Aber von Medizin und Medikamente verstehen sie nicht viel.
Was wenn der Tote Morphin dabei hatte und die Soldaten es nicht erkannt haben? Meine Hände begannen zu schwitzen, mein Blick wurde starr und meine Gedanken umkreisten nur noch eine einzige Hoffnung. Der Schütze hat sicher was dabei, ich will es haben, ich brauche es, ich muss zu ihm.
Ich erhob mich und wurde von dem einzigen Koreaner in der Soldatentruppe ruppig gefragt: „Wo willst du hin Doc?“
Niemand wusste von meiner Sucht und das war auch gut so. Aber da draußen ist es gefährlich also manipuliere ich den Koreaner. Die Soldaten können zwar schießen und hart austeilen, doch sind sie oft einfacher Gemüter die meiner Silberzunge nichts entgegenzusetzen haben, dachte ich mir überheblich. Doch ich muss vorsichtig sein, gerade der Koreaner rühmt sich damit einen erwachsenen Mann mit nur einem Schlag in die Ohnmacht zu befördern.
Ich sagte ihm, das Mr. Z den kürzlich verstorbenen Angreifer nicht nach medizinscher Ausrüstung durchsucht hat. Warum sie ihn „Z“ nenne weiß ich nicht, er ist ein Killer und womöglich hat er seinen richtigen Namen einfach umgebracht.
Der Koreaner war scheinbar zu faul sein Hintern zu erheben. Er erwiderte mir nur: „Da ist alles im Arsch, der ist total zerschossen, du hast doch gesehen was noch von dem übrig war“.
Hätte ich ihn nur gleich durchsucht ich Trottel, denn jetzt kratzte es mich und ich wollte nur noch eine Dröhnung. Morph, Morph ich konnte nur noch an diese zauberhafte Substanz denken, die mich für kurze Zeit aus diesem Alptraum befreit.
Nun musste ich schmutzige Tricks anwenden und die rücksichtslose Natur meiner Sucherkrankung ausnutzen.
Ich sprach zu dem Koreaner: “Mr. Chow, der Tote hat sicher etwas zur Wundheilung bei sich und das könnte Ihnen in Anbetracht unsere Vorräte und Ihrer Situation nur zum Vorteil verhelfen“
Dabei blickte ich ihn tief in seine dunklen Augen. Er wusste worauf ich anspiele. Mr. Chow beherrschte eine mir unbekannte, asiatische Kampfkunst und nur durch diese Techniken war es ihm gelungen sich im Lager Respekt zu verschaffen. In dieser rauen Hierarchie war Respekt von unverkennbarem Wert, er sicherte das Überleben innerhalb der Gemeinschaft.
Diesen Respekt verdiente sich Mr. Chow durch die Boxkampfe die im Lager stattfinden. Die Männer betrinken sich, fressen sich voll und prügeln im Rahmen eines barbarischen Wettkampfes auf sich ein. Wenn es keine Angriffe auf das Lager gab oder Vorräte beschafft werden mussten, dann war das der Alltag im Camp. Zu oft musste ich Platzwunden und Ohnmachten behandeln die durch Mr. Chow’s Kampfkunst entstanden waren.
Doch auch er erlitt kürzlich eine Verletzung nach einem Sturz. Er stolperte sternhagelvoll über die Schnüre eines Zeltes und verletzte sich dabei am Arm. wahrscheinlich aus asiatischem Stolz kam er mit dieser Wunde erst sehr spät zu mir. Sie war glücklicherweise noch nicht infiziert.
Er bat mich niemanden etwas von seiner Verletzung zu erzählen, denn Verletzung bedeutet Schwäche, mit Schwäche verliert man den Respekt und seinen Stand innerhalb der Gruppe. Und so hatte ich einen wertvollen Verbündeten, wenn nicht sogar meinen persönlichen Handlanger. Ich musste ihn das bloß verstehen lassen.
Ich flüstere zu ihm: „Wenn sich ihre Verletzung infiziert, kann ich unter diesen Bedienungen nichts für Sie tun“.
Die Wunde heilte gut und ich war mir sicher, dass sie bald gänzlich verheilen würde. Doch das muss er noch nicht sofort wissen, dachte ich mir.
Der Koreaner hatte die Nachricht verstanden. Gott sei es gedankt, denn ohne ihn direkt zu erpressen wäre mir langsam nichts mehr eingefallen um diesen begriffsstutzigen Kämpfer zu überzeugen.
Nun stand dieser Scheißkerl endlich auf. Scheißkerl? Mein ganzes Wese änderte sich nur durch den Gedanke endlich mein geliebtes Morphin in die Hände zu bekommen.
Er zog seine Waffe, entsicherte sie wie ein Profi und sprach zur mir: „Okay Doc, dann folge mir aber halt deinen scheiß Kopf unten, wenn dir was passiert haut mir der Commander die Eier ab“.
"Ihren Eiern wird schon nichts passieren Mr. Chow , Sie haben ja mich."
Anscheinend hatte ich den Bogen überspannt und er hatte nicht verstanden, dass ich diesen Satz als Mediziner aussprach. Er ging auf mich zu und packte mich an meiner Kehle.
„Was soll das heiße Doc, denkst du ich bin schwul, soll ich dir die Fresse polieren du Klappser?“
„Mr. Chow bitte beruhigen Sie sich doch, ich wollte damit nur ausrücken das ich der Doktor des Lagers bin und Ihnen immer helfen werde.“
„Bei meinen Eiern brauche ich keine Hilfe verdammt, ich bin ein ganzer Kerl!“
Nach dem er das Aussprach, ließ er mich wieder gehen und setzte seinen Weg Richtung des toten Schützen fort.
Man muss kein Psychologe seien um zu erkennen, das ich bei Ihm einen wunden Punkt getroffen hatte. Vielleicht hat er eine Geschlechtskrankheit von der er mir aus Scharm nichts sagen wollte oder ist er sogar homosexuell?
Womöglich habe ich ihn auch nur gereizt mit der Tatsache, dass er schon wieder das Kindermädchen für mich spielen muss, wer weiß das schon.
Nun war der Zeitpunkt gekommen, Mr. Chow sicherte die Gegend und sagte mir das ich mich beeilen sollte, da es hier nie sicher sei.
Der Anblick des völlig zerschossenen Körpers ließ mich kurz innehalten und versetzte mich erneut in Trauer.
Doch da war wieder der Gedanke und die Stimme: „Los durchsuch ihn jetzt, ich will sein Stoff, finde den Stoff“. Und so öffnete ich den Rucksack, das viele Blut war mittlerweile geronnen und in die Stoffe des Rucksackes eingesickert.
Im Rucksack selbst fand ich nur einen Scherbenhaufen. Eine Trinkflasche, ein paar Bandagen und anderen Plunder. Die Sachen waren vollkommen zerstört und unbrauchbar. Die Soldaten hatten ganze Arbeit geleistet, denn hier gab es nichts mehr zu holen.
Aber hatten sie auch seine Taschen Kontrolliert? Ich dachte nicht weiter groß darüber nach und griff vorsichtig in seine Hosentasche. Dort fand ich einen etwas heruntergekommenen Kompass, der nochfunktionierte . Schnell steckte ich ihn in meine Tasche. Theoretisch hätte ich ihn im Lager abgeben müssen, doch ich dachte auch schon an ein Leben nach dem Lager und sammelte solch überlebenswichtigen Sachen, um eins Tages vielleicht doch ohne diese Halunken überleben zu können.
Das war einer der Vorteil der Arzt zu sein, man ließ mir meinen Freiraum im Lager und kontrollierte mich nicht übermäßig. So konnte ich meine eigenen Vorräte schaffen um nicht gänzlich von den Herren in Grün abhängig zu seien.
Und dann fand ich den goldenen Topf am Ende des Regenbogens. In einer Westentasche der Leiche fand ich tatsächlich ein wenig Morphin. Das Etikett war verwaschen, daher hatten die Soldaten es wohl übersehen. Auch wenn sie keine Mediziner sind, erkennen sie manche Sachen die ihnen helfen bzw. sie in einen ordentlichen Vollrausch versetzten.
Das geliebte Teufelszeug in den Händen zu halten löste bei mir einen puren Endorphin-Überschuss aus. Schon seltsam, der Tote war mir plötzlich nicht nur egal, ich war froh dass er gestorben ist. Der Gedanke war noch nicht mal ganz zu Ende überlegt , da fiel mir auf, dass ich mein Leben riskiere für meine Sucht und das ich selbst zu einem größeren Monster geworden bin, als einiger der im Lager lebenden Soldaten.
Doch die Einsicht kam zu spät, ein Schuss zerstört die trügerische Ruhe und ich spüre wie ich von der Wucht des Einschlages zu Boden gerissen werde. Mir wird schwarz vor Augen und kurz bevor ich das Bewusstsein verliere, höre ich noch weiter Schüsse und Kommandoschreie der anstürmenden Soldaten.
Meine Augen öffnen sich wieder und ich kann langsam scharf sehen.
Der freundliche Soldat lächelt mich an. Es ist ewig her, dass mich jemand angelächelt hat und ich merke wie mein Herzschlag sich wieder verlangsamt.
„Das war knapp Doc, was wollten Sie denn bloß hier, es ist hier verdammt gefährlich“. „Aber keine Angst, ich glaube sie sind unverletzt“
„Was ist passiert“? Frage ich mit zittriger Stimme und untersuche mich langsam auf Verletzungen.
„Du hattest verdammtest Schwein Doc, jemand hat auf dich geschossen“.
„Jemand?“ „Und was hat das mit Glück zu tun?“ antwortete ich zynisch und setzte mich langsam auf.
„Wir denken, dieser Bandit der auf dich geschossen hat, gehört zu dem der hier schon neben dir tot im Dreck liegt“. „Die Kugel hat dich nur gestriffen, sie ging durch deinen Rucksack und hat dich nicht richtig getroffen.“ „Das du davon gleich aus den Latschen kippst passt zu dir Doc.“
Überglücklich stelle ich fest, dass der freundliche Soldat Recht hat. Ich bin tatsächlich unverletzt. Nur einen Augenblick später schlägt meine Freunde in pure Wut um. Ich sehe meinen Rucksack, der völlig zerstört wurde. Mein Tagebuch, die Briefe meiner verstorbenen Frau, meine Forschungen an den Infizierten und die Medikamente die ich bei mir trug sind alle zerstört.
Ich habe meinen wertvollsten Besitz verloren, weil ich ihn immer bei mir haben wollte.
Nun ist alles verloren und das klein Wenig was von meinem Leben noch übrig war, liegt nun in einem Trümmerhaufen vor mir.
Als ich neben mir auf den Boden schaue liegt dort das Morphin. Es ist Intakt und grinst mich mit einer gehörigen Portion Schadenfreude an. Nur wegen diesem Teufelszeug ist das überhaupt passiert. Ich wische mir eine Träne aus dem Gesicht und drücke mir die ganze Dosis wenig stolz in meinen Arm.
Ich bin ein Junkie und habe alles verloren, ich bin ein Junkie und brauche jetzt mein Stoff!
Der freundliche Soldat fragt mich was ich mir da verabreicht habe, doch in diesem Moment ertönt sein Funkgerät und die Stimme von Mr. Z ist zu hören:
„Wir haben ihn, er ist am Leben, wir schaffen ihn in das Blockhaus, Over“
„Hast du gehört Doc? Wir haben das Schwein. Los steh auf ,wir gehen zurück ins Lager, ich will sehen was der Chef mit ihm vor hat.“
Er reicht mir seine Hand und ich schlage ein. Mit einem kräftigen Zug hilft der freundliche Soldat mir auf die Beine. Erst jetzt auf dem Weg zur Blockhütte fällt mir auf, dass Morphin wirkt nicht richtig. Ich fühle mich nicht benommen, glücklich oder berauscht. Nein Ich verspüre nur Hass. Eine kalte, rücksichtslose und unaufhaltsame Wut steigt in mir auf. Meine Hände ballen sich zu Fäusten, meine Zähne knirschen so stark in meinem Mund das die Wache am Blockhaus mich seltsam ansieht.
Die Wache fragt mich: „Alles ok Doc?“
Und fügt hinzu: „Der Chef will dich beim Gefangenen sehen“.
Nein es ist nicht alles okay! Ich lebe hier unter euch Waldmenschen, ich habe ständig Hunger, alles stinkt hier zum Himmel, ich habe mein Frau und mein altes Leben verloren und gerade eben bin ich angeschossen wurden und habe alles verloren was ich von meiner Frau noch hatte.
UND DAZU KOMMT, DASS DIESES SCHEIß MORPHIN NICHT WIRKT!!!
Natürlich habe ich diese Worte nicht gesagt, aber genau das ging mir durch meinen hasserfüllten Kopf in diesem Moment.
Mit ruhiger Stimme antwortete ich: „Alles okay, ich möchte den Gefangenen sehen“
....Fortsetzung folgt....