Das ersetzbare Cremitglied kehrt zurück zur Zelle und grüße Samuel erneut schnippisch:
„Guten Morgen, Knastvogel! Ausgeschlafen?“
Ihr Gegenüber quittiert dies mit einem müden: „Ist schon wieder Morgen?“
Tja, so genau kann sie das nicht sagen.
„Schau mal in den Himmel. Es ist zumindest düster. So wie deine Zukunft. Also lass uns schnell machen und dich hier rausholen. Wir haben das Okay von unserer Leitung, aber du musst noch etwas aushalten.“
Samuel nickt müde und merkt an, dass er schon einiges ausgehalten hat und es darauf nun auch nicht mehr ankäme. Sueda nickt, legt ihm noch etwas zu Trinken und zu Essen in die Kiste in seiner Zelle und sprintet in die Basis, um Ausrüstung zu holen.
„Bin gleich wieder da. Nicht weglaufen!“
Ja, das war unnötig und nicht lustig. Genossen hat sie den Kommentar trotzdem.
Einige Minuten später kommt sie mit einer Kiste in beiden Händen zurück vor die Zelle, wo sie Propagandalf und Samuel ein hitziges Wortgefecht liefern. Für eine Sekunde denkt sie darüber nach, ob sie ihm wirklich helfen soll, aber ihr Entschluss steht fest. Da bricht die Nacht über das Lager herein.
Mit einem Knicklicht am Rucksack beginnt sie ihre Arbeit. Aus der Kiste holt sie eine Axt und bedeutet Samuel, zurückzutreten.
„Sorry, wir müssen Munition sparen…“ hebt sie noch entwaffnend die Hände. „Ich hoffe, du hast Geduld. Das Gitter bricht nicht von meinen charmanten Blicken zusammen.“
Samuel quittiert dies mit einem müden Nicken und sagt: „Solange wir eine Kugel für zu verschwenden haben, die ich Chuck zwischen die Augen drücken kann, ist das okay.“
Das monotone Schlagen der Axt gegen das Holz hallt durch die Nacht. Sueda arbeitet mit der Routine einer Frau, die in ihrem Leben schon zu viele Barrikaden errichtet – und wieder eingerissen hat. Sie holt aus, lässt die Axt krachen und selbst als ihr Splitter um die Ohren fliegen, schlägt sie eifrig weiter.
„Du hast ja wirklich einen Narren an diesem Chuck gefressen“, gibt sie stöhnend und keuchend während einer kurzen Pause hervor.
„Ich bin kein Tier, das man einfach einsperren kann!“, protestiert Samuel. Recht hat er. Keiner sollte eingesperrt leben müssen.
„Darf ich ihm ins Bein schießen?“, fragt Propagandalf provokant. Aber das ersetzbare Crewmitglied Nr. 371 hat kein Sinn für solche Späße. „Du kannst dich nützlich machen. Hol Werkzeuge ran!“, weist sie ihn barsch an und bremst seine dummen Gedanken. Propagandalf tut wie geheißen.
Weiter geht’s mit der Axt. Es dauert Stunden. So fühlt es sich zumindest an. Immer wieder hackt die das Werkzeug in den zähen, verstärkten Holzlatten, immer wieder muss sie ansetzen, lockern, einen neuen Angriffspunkt suchen. Aber irgendwann gibt das verfluchte Tor nach. Mit einem lauten, kläglichen Knirschen bricht der untere Teil einfach heraus.
„Soo… bitteschön“, keuch Sueda schwerfällig, während Samuel unter dem Zaun hindurch kriecht und „FREIHEEEEIIIT!, erleichtert vor sich hin schreit.
„Ich danke dir von tiefstem Herzen!“, wendet er sich überschwänglich an Sueda, „Endlich raus hier!“
„Hey, ich hab dich rausgeholt, nicht geheiratet. Halt die Dankesreden kurz.“, murrt Sueda leicht genervt und fügt hinzu: „Sieh nur zu, dass du mir nicht auf die Nerven gehst. Sonst bau ich das Ding eingehändig wieder auf und steck dich wieder rein.“
"Keine Sorge, ich geh dir bestimmt nicht auf die Nerven...", gibt Samuel kleinlaut als Antwort und streckt sicht.
Sueda stemmt sie die Hände in die Hüften und mustert das zerstörte Gitter. Ihre Miene bleibt ausdruckslos, doch in ihrem Kopf klicken bereits die Zahnräder weiter.
„Gut. Eine kaputte Tür ist auffällig. Jetzt müssen wir sie wieder zubauen.“
Samuel fragt sich noch immer, wie Chuck es geschafft hat, überhaupt in die Basis zu kommen, hilft aber beim Aufbau. Sueda koordiniert die beiden, packt mit an und bald ist es geschafft. Eine leere Zelle, eine Kiste – und eine offene Rechnung mit Chuck, die noch nicht beglichen ist. Dann fällt ihr Blick auf das abgenommene Blut und auf Propagandalf. Geistesblitz! Ihre Augen verengen sich leicht, dann wandert ihr Blick zu Samuel, dann wieder zurück zu Propagandalf.
„Ich habe den absolut narrensicheren Plan!“, gibt sie triumphierend vor sich und deutet auf die beiden.
„Ihr tauscht die Klamotten, du spielst Samuel, lässt dir brav Blut abzapfen – und wenn Chuck sich die nächste Portion spritzt, landet er als Bambi an der Küste. Und wir wissen, wer dort auf ihn wartet…“
Stille. Dann ein schiefes Grinsen von Propagandalf: „Ich hab AB+.“
Sueda lässt sich das auf der Zunge zergehen. Perfekt. Ein leises Lachen entfährt ihr, trocken, fast ungläubig. Vielleicht gibt es doch noch sowas wie Gerechtigkeit in dieser verdammten Welt.
„Dann mal los. Wir haben einen Platztausch vorzubereiten.“
Während Propagandalf sich seiner Sachen entledigt, Samuel sich in Bewegung setzt und Sueda das Schloss noch ein letztes Mal überprüft, dämmerte es ihr: Das hier wird mehr als nur eine Befreiung werden. Es ist eine verdammte Retourkutsche – und Chuck wird bald herausfinden, dass man nicht einfach Leute einsperrt, ohne einen Preis dafür zu zahlen. Angst, dass er bemerkt, dass es die falsche Blutgruppe ist, hat sie nicht. Wer vergessen hat, ein IV-Kit in die Kiste zum Blutbeutel zu legen, der achtet auch auf solche Dinge nicht. Hat zumindest Herz-Aus-Gold gesagt, als sie ihr davon erzählt hat. Das wird großartig!

// Da sich das alles so ingame zugetragen hat, habe ich hier die Rollen von HellhoundSamuel und PropaGandalf ebenfalls aufgeschrieben. Sie haben sich so geäußert und wurden nicht durch mich gesteuert.