25.06.2023 – Medic im Einsatz
Tja… ich dachte mir schon, dass diese eigenartige Zwischenepisode mit Whoomba, dem Unschuldigen, Folgen haben würde. Was soll ich sagen? Es stellte sich heraus, dass die Scheune tatsächlich der Unterschlupf von Ravini und Shizo war. Aber natürlich hatte ja Whoomba nur den Schutz der Scheune im Sinn. Wissen wir… Jedenfalls regt sich Tabasko im Funkkanal gekonnt auf. „Ich habe vier Stunden daran gesessen, um das Ding zuzubauen! Du Bastard!“ Scheint, als sei er wirklich sauer. Eigenartigerweise nimmt es Ravini überraschend locker: „Ihr könnt alles ausräumen, da finde ich eh nicht mehr hin.“ Kaum zu glaube, wie wenig er sich zutraut. Ich bin mir sicher, dass er gar kein so hoffnungsloser Fall ist, wie er uns immer glauben lassen will. Was gibt es sonst noch Neues? Charly hat mal wieder eine Basis entdeckt, die er „beobachten“ möchte, hält sich aber mit dem Ort bedeckt. Mir soll es recht sein, dann kann ich weniger ausplaudern.
Außerdem haben wir einen weiteren Neuankömmling in unserer Runde. Er nennt sich Andy bzw. Andre und hat beschlossen, dass zu zwei alles sicherer ist. „Wie beim Schwimmen und Tauchen“, ergänzt Jammet lachend, als wir ihn in unserer Runde willkommen heißen. Andy hat sich schnell mit dem Nötigsten ausgestattet und wir entlassen ihn in die Wildnis, aber natürlich bleiben wir in Kontakt. Vielleicht findet er ja Anschluss zu den Leuten aus Charlys buntem Haufen. Ich gehe unterdessen so gut es geht meiner täglichen Arbeit nach. Glücklicherweise ohne größere Zwischenfälle.
Am Abend trifft dann der Notruf von Henrik ein, der in seiner Basis angegriffen wird. Es sind wohl drei bis vier Überlebenden mit orangenem Armband.
Wir beschließen, ebenfalls vorbeizuschauen. Eventuell können wir Verwundeten helfen oder vermittelnd tätig werden. Darum werde ich in Prigorodki von Dani abgeholt. Es kostet mich etwas Überwindung, in sein Auto zu steigen, denn er gibt immer wieder verschmitzte Kommentare von sich in der Art, dass er mein Schicksal irgendwann erfüllen und mich töten wird. Er meint, er müsse etwas zu Ende bringen oder so. Ich vermute, er ist irgendwie einem gewissen Wahn verfallen, aber ich kann auf mich aufpassen und bin vorsichtig. Da ich aber keine andere Mitfahrgelegenheit habe, steige ich widerwillig in sein Auto ein. Außerdem bin ich nicht allein. Er nimmt auch unseren heißblütigen Johnny mit und Jungspund Koira. Koira erhält von mir eine Waffe und los geht die Fahrt.
Mitten auf dem Weg, springt oder fällt Koira jedoch versehentlich aus dem Auto, das aufgrund seines überholungsbedürftigen Zustandes keine Türen hat und verunglückt dabei. Wie konnte das passieren? Wir sind schockiert, aber bald findet er seinen Weg von der Küste aus zurück zu uns. Weiter geht es in Richtung Osten.
Dani parkt in einiger Entfernung zu Henriks Basis und in Elektro stürme ich auf die Zombies, die Tabasko beharken, der inzwischen auch vor Ort ist. Ich bekomme drei sogar im Haus erledigt, ohne ohmnächtig zu werden. Dann helfe ich Tabasko beim Sichern zweier Leichen und begebe mich zurück ins Hochhaus, während die Jungs ins Industriegebiet stürmen. Ich höre, wie jemand über mir mit einem Zombie kämpft und gehe langsam nach oben. Tatsächlich liegt da ein toter Zombie. Also muss der Typ ganz oben sein, da er an mir nicht vorbeikam. Die Spannung steigt!
Ich höre Schüsse von oben. Eindeutig ein Gewehr. Der Überlebende schießt auf mich! Zum Glück verfehlt er mich… puh. Ich schlage ihn zweimal instinktiv und brülle ihm ins Gesich. „NICHT SCHIEßEN!“ Er steht auf und gerät wohl in totale Panik. Ich auch… willkommen im Club! Er rennt in eine Ecke und ich rufe ihm noch zu „Hey, hey! Warte mal kurz, warte, warte, warte, warte! Nicht, nicht, nicht!“ Er hält sein Gewehr in der Hand, ich gehe auf Distanz, um ihn nicht zu verunsichern. Dann kommt ein „Okay, okay, okay, okay!“ wie ein Kanonenfeuer von ihm. Mehr als einzelne Worte bekommen wir wohl in unserer Konversation des Stresses nicht heraus. Wir beharken uns daher mit einsilbigen Antworten. „Medic!“, rufe ich, „Medic im Einsatz! Hey, brauchst du irgendwas?“ Ich nehme meine Hände hoch, um zu zeigen, dass ich keine Gefahr bedeute. „Nee… Ah doch, was zu trinken!“ Ich laufe langsam mit erhobenen Händen auf ihn zu. „Okay, ich hole was raus. Ist es okay, wenn ich die Hände runternehme?“, frage ich. „Ja, ja. Sorry. Leider habe ich kein Wasser dabei in den Flaschen. Unter uns fallen Schüsse. Zombies schreien. Sind die Jungs unterwegs? Hoffentlich rasten sie nicht vollständig aus, wenn sie hier hochkommen. „Hey, ich werd dich erschießen!“ Kommt es von Tabasko etwas weiter unten. „Oh oh oh!“, rufe ich und laufe vor Tabasko mit der Flinte weg, der die Treppe hinaufgestürmt kommt.. Vermutlich meint er den Fremden, aber bei ihm weiß man nie so genau. Schließlich steht er dem Fremden gegenüber. Beide zielen aufeinander, suchen Deckung. Es geht alles so schnell. Tabasko ruft noch: „Leg die Waffe weg, dann wirst du überleben!“ Mutig, aber er hat Recht. „Ja, am besten alle Waffen weglegen, sonst werde ICH nicht überleben!“ rufe ich beiden Parteien zu, um die Anspannung etwas aus der Situation zu nehmen, die Hände wieder entwaffnend erhoben. „Okay, meine Waffe ist weg“, sagt der Fremde und harrt der Dinge, die kommen werden. „Okay, also… wen haben wir denn hier?“ frage ich in Richtung des Fremden. Ich möchte dem Fremden gerade etwas von meiner Notfallflasche geben, da kommt Tabasko mit erhobenem Gewehr an. „Ich werd dich jetzt fesseln!“ Oh nein…das klappt nie. Das letzte Mal, als er jemanden fesseln wollte, ist das katastrophal danebengegangen, aber ich habe keine Zeit mir über den Verbleib des damals wehrhaften Franzosens zu machen. „Krieg ich erstmal was zu trinken?“, unterbricht der Fremde forsch und weicht Tabasko gekonnt aus. „Ich geb dir Wasser, keine Sorge, ich geb dir Wasser“, versuche ich ihn zu beruhigen. „Ja ja, aber vielleicht lässt der mich erstmal in Ruhe?!“, beharrt er. Tabasko entgegnet kalt: „Ich vertrau dir nicht.“ „Das ist ein Einsatz hier!“, beharrt der Fremde und versucht auf nichtvorhandenen Konventionen zu beharren. Aber trotz allem hat er Recht. Seit wann fesseln wir Hilfsbedürftige? Das geht nicht! Die Jungs zielen mit der Waffe auf ihn, ich stelle mich dazwischen und pflichte ihm bei. „Ja, das ist eigentlich ein Medic-Einsatz. Was macht ihr hier? Jetzt lasst und mal das regeln. Geht mal in Deckung, wir kümmern uns hier.“ Ich erhebe wieder die Hände. Tabasko ist skeptisch und Johnny zielt noch zwischen die Augen des Fremden, an mir vorbei. „Nein, nein, nichts abknallen hier! Hey, Leute“, versuche ich an ihre Vernunft zu apellieren. Johnny fragt im militärischen Ton: „Habe ich die Erlaubnis?“, ich kontere ebenfalls donnernd: „NEIN! Niemand knallt hier was ab!“ Tabasko schmollt offensichtlich, aber er beruhigt sich. „Wenn Herz stirbt, ist mir das egal!“, sagt er grummelnd und weist mich damit darauf hin, dass ich mich auf dünnes Eis begebe. Aber das ist es mir wert. „Jaja ich kümmere mich!“, gebe ich im Funk wieder durch. Ich verbürge mich in gewisser Weise für einen Fremden, dem ich helfen will Wo ist da bitte die Logik? Aber die Logik ist gerade im Urlaub. Er bringt mich schon nicht um. Zu dem Fremden sage ich so selbstsicher wie möglich: „Du bringst mich nicht um.“ „Nein, nein, nein. Auf keinen Fall.“, beschwichtigt er. Also lege ich ihm die Flasche hin und führe ihn dann in ein kleines Badezimmer, wo ich ihn erst einmal mit dem Nötigsten ausstatte, denn er sieht aus wie ein Bambi. Was hat ihn wohl hierher verschlagen in diesen bewaffneten Konflikt und welche Rolle spielt er?
Auf dem Weg zum Badezimmer sehe ich plötzlich die Wand einer fremden Basis. Wenn mich nicht alles täuscht, ist das eine Basis! Oho! Darum geht es hier also. Bandenrivalität? Es ist klar, dass nach diesem Tag hier kein Stein mehr auf dem anderen bleiben wird.
Ich schließe die Türe mit einem Dietrich ab, während die anderen eine Schießerei draußen mit weiteren Unbekannten anfangen. „Oh wie verrückt… puh“, beginne ich das Gespräch. „Alles gut, kein Stress“, beruhigt mich jetzt der Fremde. Er hat keine Ahnung, wie nahe wir gerade alle am sicheren Tod vorbeigeschlittert sind. Auf ganz dünnem Eis. Er stellt sich mir als Benni vor. „Ich bin Herz-Aus-Gold“, erwidere ich die Vorstellung. „Freut mich!“, antwortet er höflich. Essen benötigt er nicht, aber ich gebe ihm trotzdem etwas ab sowie eine Flasche für unterwegs. Seiner Schilderung nach haben Fremde auf ihn geschossen und er kam hoch, um sich zu verstecken. Als ich dann kam, hat mich nicht sofort erkannt. Den anderen gehört wohl die Basis hier er sei nur den Schüssen gefolgt. Er versichert, dass er nicht zu den Leuten mit der orangefarbenen Armbinde gehört. So ganz glaube ich das nicht. Es ist schon ein ungeheurer Zufall und Bambis laufen selten direkt auf Schüsse zu. Daher bitte ich Benni, seinen Freunden zu sagen, dass sie nicht auf mich schießen sollen. Er beteuert aber, er sei allein. Nun gut.
Wir warten etwas und unterhalten und so gut es angesichts der Schüsse draußen geht. Ich erkläre ihm, was ich soweit mitbekommen habe. Die Jungs reagieren empfindlich, wenn ihre Basis geraided wird. „Ja gut, das ist ja nachvollziehbar“, nickt Benni verständnisvoll.
Ich bedanke mich, dass er mich nicht gleich erschossen hat, auch wenn ich die Schüsse auf mich für einen Augenblick vergessen habe. Tabasko gesellt sich zu uns und berichtet, dass sie wohl alle Gegner erwischt haben. Allerdings fehlt von Johnny jede Spur, denn er hat sich selbstständig gemacht und ist verschwunden. Tabasko entschuldigt sich bei Benni und ich begleite beide aus dem Haus, wo sie dann ihrer Wege gehen. Zuvor gebe ich Benni aber noch eine weiße Armbinde, damit er nicht doch versehentlich erschossen wird. Man weiß nie.
Am Ende komme ich dann erschöpft und müde nach Prigorodki, fülle dort noch etwas die Zelte auf und ruhe mich etwas aus, ehe ich die Reise nach Berenzino antrete. Kanu meint, da sei etwas abgebaut worden. In der Tat waren alle Unterstände zerstört. Laut Tabasko hatte jemand am Morgen bereits alle Kleidungsstücke auf dem Boden verteilt. Was soll denn das wieder? Ich arbeite mich also auf einer möglichst sicheren Route an der Küste entlang in Richtung Berenzino. Ein Auto wäre nun doch nicht so schlecht, bei den ganzen Kilometern, die ich so zurücklegen muss.
Dort angekommen, pflanze ich ein paar Pflanzen ein und baue beschädigte Dinge wieder auf. Tja und dann kommen Koira mit Fetzi zum Lager. Wir bauen gemeinsam für Koiras grünen Sarka ein Tor. Ein passendes Schloss und eine Zange haben wir ebenfalls glücklicherweise gefunden. Anschließend ersetze ich die rote Fahne mit einer weißen, die ich auf meinem Weg in Solnichniys Supermarkt gefunden habe. Achja und Tabasko, Henrik und Co. Meinen, dass der Kurti bestimmt einer von den dreien war, der Henriks Basis angegriffen hat. Spannende Sache, denn ich bekomme von den Jungs mit, dass der Benni in Wirklichkeit Kurti heißt. Wie sie das schon wieder rausbekommen haben… jedenfalls hat er wohl nicht ganz die Wahrheit gesagt. Sei es drum. Getötet hätte ich ihn ohnehin nicht. Wir Samariter sind so gut es geht neutral und helfen allen in Not, egal welcher Fraktion sie angehören.
Schließlich mache ich mich noch auf den Weg zu unserem Testballon, dem gelben Fass. Es scheint noch fast unberührt, aber etwas wurde tatsächlich entwendet. Ob die Gruppe wieder hier war und nach Rify aufgebrochen ist? Wer weiß. Ich vermute, die Leute, die unsere Auffanglager die ganze Zeit plündern, sind auch die, denen das Fass gehört. Warten wir mal ab, was sich so ergibt.