//Dieser Eintrag leitet die Geschehnisse in Operation: Herzblut ein. Alles bis hierhin, war lediglich das "Vorgeplänkel"
Im Thema dort kann man die Arbeit der Rettungstruppen nachverfolgen.
Unbekannter Tag nach dem unbekannten Tag – Vielleicht auch zwei tage später. Wer weiß das schon so genau?
„It’s hard to laugh, when you’re the joke.”
Das Tageslicht dringt von draußen herein, als ich wieder aus einem unruhigen Schlaf erwache. Das Stöhnen der Zombies hat mich aus meinen Albträumen gerissen. Eigentlich sollte ich mich an deren Gegenwart gewöhnt haben; sie scheinen mich hier drinnen zu ignorieren. Doch heute ist etwas anders. Einer von ihnen scheint besonders aggressiv, sein Brüllen und Schreien deutet darauf hin, dass er kurz davor ist, sich auf etwas – oder jemanden – draußen zu stürzen. Sind meine Entführer zurückgekehrt? Es fällt kein Schuss, stattdessen scheint die Person draußen mit bloßen Fäusten oder mit einem Gegenstand zu kämpfen – keine Anzeigen für Chuck und seine Bande. Ihnen macht es nichts aus, draußen laut rumzuschießen. Ich beschließe, alles auf eine Karte zu setzen.
In meiner Verzweiflung beginne ich zu rufen: „Hallo! Ist da jemand?“ Keine Antwort. Frustration überkommt mich und ich schlage gegen die harte Steinmauer meiner Zelle. Mein einziger Hoffnungsschimmer auf Rettung scheint verhallt zu sein, doch ich gebe nicht auf. Mein erneutes Rufen und Hämmern gegen das verbarrikadierte Fenster wird schließlich von einer zarten Stimme erwidert: „Oh, hier ist ja 'ne Basis! Cool!“ Mein Herz macht einen Sprung, als sich die Stimme vor meinem inneren Auge zu einer Person formt. Es ist Stimmuuung! „Kannst du mich hier rauslassen?“, flehe ich direkt und vergesse dabei, dass mein Gegenüber vermutlich nichts von meiner Entführung weiß.
Ich höre, wie er draußen erneut gegen Zombies kämpft. Plötzlich kommt mir der Gedanke, dass die Entführer noch in der Nähe sein könnten. „Sei vorsichtig! Sie könnten noch irgendwo sein!“ warne ich ihn. „Hast du Stress, oder was?“, fragt er, doch bevor ich antworten kann lacht er: „Ich mach mal n‘ bisschen Stimmuuung!“ Dann erschüttert ein ohrenbetäubendes Krachen die Stille. Im ersten Moment halte ich es für das Aufsprengen eines Tors, aber dann kommt die Ernüchterung. So klingt keine Sprengladung. Ich halte mir die Ohren zu… Stimmuuung hat tatsächlich draußen ein verdammtes Feuerwerk gezündet! Ist der irre?! Warum um alles in der Welt…? Natürlich greifen sofort die Zombies an. Ich hämmere verzweifelt gegen das Gittertor. Dann wird es still, abgesehen von einigen Schüssen. Er kämpft wohl erneut, entweder gegen Zombies oder vielleicht doch gegen die Entführer? „Alles klar bei dir? Haben sie dich erwischt?“, rufe ich besorgt. Die Unsicherheit macht mich beinahe rasend. Er antwortet erleichtert, dass er noch unverletzt ist. Plötzlich öffnet sich die Tür zum Zimmer, doch sie ist immer noch durch ein Tor versperrt.
„Wer hätte das gedacht... eine Tür!“, seufzt er, typisch für seine Art, den Ernst der Lage vielleicht nicht ganz erfassend. Auch er beginnt gegen das Tor zu hämmern und deutet an, dass er jetzt seinen Sprengsatz anbringen könnte. Erleichtert atme ich aus, warne ihn jedoch erneut vor den möglicherweise noch anwesenden Entführern. „Wer denn? Was denn?“, fragt er, und ich erkläre ihm knapp von meiner unfreiwilligen Begegnung mit dem Blut-Transfusionsring, dessen Gefangene ich momentan bin. Er lacht, vermutet die Kannibalen von Gorka oder die Chuckle Chicks hinter der Aktion, aber ich widerspreche. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jay und ihre Mädels so etwas anzetteln würden. Nein, hier gehen ganz andere Dinge vor. Doch das ist momentan unwichtig. Für Stimmuuung klingt das nach schießbereiten bösen Jungs. Damit hat er definitiv recht und keiner von uns ahnt, wie recht. Aber so ganz scheint er den Ernst der Lage noch immer nicht zu fassen. Wo bleibt denn die Sprengung? Warum macht er dieses verdammte Tor nicht endlich auf?! Als sich nichts tut beginne ich von vorne. „Aber... kannst du mich hier rausholen?“, dränge ich erneut. „Ja wie...? Was soll ich? Warum? Was ist überhaupt passiert? Wurdest du hier eingesperrt, oder was?“, fragt er, und ich beginne, ihm von meinem Aufenthalt in Tishina, dem Überfall und meinem Transport in dieses unbekannte Gefängnis zu erzählen. Seine Ungläubigkeit ist deutlich zu hören, als er nur ein „Waaas?!“ herausbringen kann. Er beginnt verzweifelt zu lachen, als könnte er das alles kaum glauben und scherzt, ob ich den Chicks mit meinem Restaurantplan zu viel Konkurrenz gemacht hätte, das man mich nun so loswerden wolle. Zum Scherzen ist mir jedoch definitiv nicht zumute. Schließlich macht er sich daran, das Tor zu inspizieren. Während er auf gut Glück versucht das Tor zu knacken, berichte ich nochmals von dem Überfall in Tishina. Von Tishina kam ich dann über Umwege hierher… ja, aber wo ist „hier“ überhaupt? Das möchte ich jetzt wissen. Stimmuuung berichtet, dass wir uns gerade in Chernogrosk beim Riesenrad am Hafen befinden. Mir stockt der Atem. Was zum… und wie? Stimmuuung lacht nur. Aber so ganz scheint er mir noch nicht zu glauben. „Coole Story auf jeden Fall bis jetzt…“, gibt er sich lässig. Ich verzweifle schon wieder fast. Wie soll ich ihm denn noch begreiflich machen, in welcher prekären Lage ich mich befinde? Ich versuche die Fassung zu bewahren. Er lacht nur und hält das Ganze offenbar für ein großes Spiel. „Ja, ich weiß, dass du das vielleicht nicht glaubst“, beginne ich erneut, „aber es ist wirklich so, und es wäre echt schön, wenn du mich hier rausholen könntest.“ Das Lachen geht weiter. In Gedanken füge ich: „Verzeih, dass ich deinen abendlichen Umtrunk am Cherno-Hafen störe, werter Herr, aber könnten wir vielleicht wieder zu meiner Rettung schreiten?“ hinzu. Das darf doch alles nicht wahr sein.
Dann ist es wieder ruhig und ich höre ihn nicht mehr: „Stimmuuung? Stimmuuung! Du kannst mich doch hier nicht alleine lassen.“
Ich höre ihn nicht mehr und die Minuten der Stille ziehen sich in die Länge, bis ich schließlich draußen wieder ein zaghaftes „Hallo?“ höre. „Ähm, ich hab eigentlich nichts dabei oder in der Nähe, womit ich das Tor hier aufbekomme...“, beginnt er und mein Mut sinkt. Resignation macht sich breit, aber noch bin ich nicht am Ende. Stimmuuung ist hier, bei mir. Das ändert alles. Ich bitte ihn, den anderen zumindest zu sagen, wo ich mich befinde. „Das krieg ich hin“, verspricht er und lacht. Ich komme mir langsam veralbert vor. „Am Ende warst du es wahrscheinlich, der mich hier eingesperrt hat!“, herrsche ich ihn an in einem Anflug von emotionaler Überforderung. „Nee, ich hab damit nichts zu tun. Aber geile – superkrasse Aktion. Die haben dich wirklich umgeknüppelt?“, fragt er nun mit etwas mehr Anteilnahme nach. Zum gefühlt hundertsten Mal erkläre ich ihm die Situation. Dass ich in Tishina war und dort von einer Bande mit Wolfsmasken ausgeknockt wurde. „Geil…“, gibt er einfach nur träumerisch vor sich hin, als würde er mein Schicksal absolut spannend finden. „Was passiert hier? Oh mein Gott…! Und dann haben sie dich in ein Auto gezwungen?“ Ich bejahe. „Krass und die haben vorher hier diesen Käfig – die Zelle gebaut, sind hochgefahren, haben gehofft jemanden abzufangen…“ Ich bestätige und erkläre ihm nochmals, dass ich keine Ahnung habe, wer hinter all dem stecken könnte. Aber ich warne ihn auch gleich davor, es herauszufinden. Die Typen könnten noch irgendwo hier sein. Ihn kümmert das wenig. Er hat nichts zu verlieren. Anschließend möchte er noch ein paar Details über den Tag meiner Entführung, aber ich habe mein Zeitgefühl komplett verloren. Stimmuung beschließt, sich Sprengstoff zu holen. Hoffnung keimt in mir auf. „Bitte sag den anderen Bescheid, wo ich bin!“, flehe ich ihn an. „Das krieg ich hin“, verspricht er und wendet sich zum Gehen.
Doch kaum möchte er sich entfernen, durchbrechen ohrenbetäubende Schüsse die Stille. Sie kommen aus dem Gang, direkt in Richtung Tür. Mein Herz setzt einen Schlag aus. „Scheiße!“, stoße ich panisch aus. Ich höre eilige Schritte, das metallische Geräusch eines Nachladens. „Nein! Stimmuuung! NEIN!“, schreie ich, meine Stimme überschlägt sich vor Angst.
Ein heftiger Schlag gegen die Tür lässt mich zusammenzucken. Eine kalte, unheimliche Stimme herrscht mich an: „Ruhe da drin!“ Mein Blut gefriert in den Adern. Ich bin zu schockiert, um mich zu bewegen. Die Realität schlägt wie eine Welle über mir zusammen. „Ihr Monster!“, schreie ich, Tränen laufen unkontrolliert über mein Gesicht. Wut, Hilflosigkeit und tiefe Trauer übermannen mich.
Mit aller Kraft schlage ich gegen die Wände, meine Fäuste schmerzen, doch der Schmerz ist nichts im Vergleich zu dem, was ich innerlich fühle. „Stimmuuung… Nein! Warum? Warum hast du nicht auf mich gehört...“, flüstere ich gebrochen. Draußen höre ich das schreckliche Geräusch von etwas, das zerschnitten wird. Mein Magen verkrampft sich. Stimmuuungs... Steaks. Der Gedanke ist unerträglich.
„Nein... Stimmuuung. Das wollte ich nicht. Es tut mir so leid...“, wimmere ich. Die Stille, die folgt, ist erdrückend. Jede Sekunde zieht sich wie eine Ewigkeit. Hoffnungslosigkeit breitet sich in mir aus, kalt und erbarmungslos.
Aus Minuten werden Stunden. Keine Geräusche mehr von draußen, nur die unbarmherzige Stille, die meine Gedanken erdrückt. Schließlich sinke ich erschöpft auf das harte Bett, meine Kräfte sind am Ende. Schluchzend rolle ich mich zusammen, während die Dunkelheit des unruhigen Schlafes mich gnädig umfängt.