Kapitel XVI - Gefahr in Sabina
Die Sonne schob sich langsam über die Häuserschluchten von Sabina. Die Sonnenstrahlen reflektierten sich im Wasser des Flusses und die Luft flimmerte über der Wasseroberfläche und tauchte die grauen Betonwände in ein dunkles Blau.
Die Vögel zwischerten in den Bäumen und das Wasser des Flusses bahnte sich mit einem Rauschen durch die offenen Schleusen seinen Weg in den See Umag. Ansonsten schwieg die einstige Metropole. Kein Leben, kein Verkehr, keine Menschenseele. Totale Stille. Die große Mall, die Regierungsgebäude, der große Marktplatz. Alles war menschenleer. Kein Deut erinnerte einst an das rege Treiben dieser Metropole.
Ich hatte mich schon früh morgens auf den Weg Richtung Sabina aufgemacht. Zu Fuss hatte ich einen guten Wegesmarsch vor mir um vom Lager nach Sabina zu kommen, aber mittlerweile kannte ich die Wälder und konnte mich ohne die Dörfer im Südosten durchqueren zu müssen nach Sabina durchschlagen. In der Dämmerung ist es noch etwas einfacher den Massen an Zombies, die jetzt die Straßen von Sabina bevölkern, zu entkommen. Es ist immer ein Risiko nach Sabina zu gehen. Die engen Straßen, die vielen kleinen Hinterhöfe, die Parks und offenen Flächen. Und die Bevölkerung.
Weniger Sorgen machte ich mir um andere Überlebene. Meist kamen die erst deutlich später im Lauf des Tages nach Sabina und wenn man die richtigen Schleichwege kennt, kann man diese aufgrund der Größe von Sabina auch gut umgehen. Lediglich die Hügel im Osten der Stadt und der Flughafen im Osten sind seit je her ein Risiko.
Ich brauchte neue Nahrrungsvorräte und wir hatten am Vortag die Informations aufgeschnappt, dass ein Wrack eines SUV in Sabina stehen sollte.
Wir hatten am Tag vorher ein anderen SUV während eines Gefechts verloren. Zwar war es uns gelungen sämtliche Angreifer, die uns niederträchtig am Straßenrand auflauerten zu erledigen, doch unser SUV ging in Flammen auf.
SUVs, ich hätte mir damals nicht träumen lassen, dass ich jemals einen SUV fahren würde, geschweige den als meinen Besitz bezeichnen könnte.
Mit meinem Gehalt als Hafenarbeiter und etwas Zuschuss aus dem Rentenfound des Militärs lebten wir zwar sehr gut, aber für einen SUV hat es doch nicht gereicht. Ein etwas älterer Skoda war unser Familienauto.
Die damaligen Vorzüge eines SUVs spielten heute aber eher eine untergeordnete Rolle. Comfort, Stauraum, Sicherheit für unsere Tochter und uns. Alleine 8 Airbags hat so ein SUV in der Standardausführung! So etwas zählte damals als fürsorglicher Familienvater. Ob man mit dem SUV das Giraffenfahrad meiner kleinen Tochter problemlos hätte transportieren können?
Doch die Zeiten und die Verhältnisse ändern sich. Man selbst ändert sich.
Ich atmete tief ein. Wieder einer dieser Momente in dennen ich innehalten muss und an meine Familie denken musste. Ich versuchte die Träne zu unterdrücken und presste meine Hände an mein G36 Sturmgewehr. Ich hasste diesen Moment der Schwäche.
Aufmerksamkeit, das Einprägen von Orten, Ortskenntnisse, und vorallem das Aufrecht erhalten der Konzentration war es was mich bisher solange am Leben hielt. Schwäche bedeutete den Tod. Wenn ich sie wiederfinden wollte, musste ich leben.
Ich schüttelte den Gedanken ab.
Ein SUV bedeutete viel Stauraum für Waffen und Ausrüstung mit ausreichend Platz für eine große Gruppe, sowie war das Motorengeräusch im Vergleich zu ähnlich großen Fahrzeugen deutlich leiser und damit war der Wagen schwerer auszumachen. Alles Vorzüge eines SUVs.
Neben dem Land Rover war der SUV das beste Fahrzeug, welches man in Zeiten wie diesen haben konnten. Fahrzeuge waren eh auf Taviana unglaublich wichtig.
Ich rannte weiter. Baum für Baum zog an mir vorbei. Im Osten waren die ersten Ausläufer von Sabina. Das Sägewerk, der Supermarkt, etwas am Horizont konnte ich schon die Schornsteine der Schwerindustrie im Nebel ausmachen.
Ich folgte der Baumreihe und lief weiter Richtung Norden. Mein Ziel war die Werkstatt. Dort wollte ich direkt nach Reifen und Benzin für den SUV schauen, bevor ich mich Richtung Marktplatz bewegen wollte. Ich sah die Werkstatt vom Hügel herab. Ich warf mich auf den Waldboden und suchte den Horizont nach Bewegungen ab. Vom Laufen der Strecke atmete ich schwer. Meine Kondition hatte sich absolut verbessert. Früher kam der Sport meist von der schweren Arbeit im Hafen von selbst, doch das zweimalige Joggen in der Woche fiel mir sehr schwer. Kein Vergleich zu dem was für Wege ich heutzutage im Laufschritt zurück lege. Selbst während meiner Zeit bei den Spezialkräften liefen wir kürzere Strecken. Diese zwar mit mehr Gepäck, aber immerhin nicht solange.
Mein Atem flachte langsam wieder ab. Konzentriert suchte ich den Horizont ab. Keine Bewegung war zu sehen. Außer dem Wanken der untoten Horden, die sich langsam die Straße vor der Werkstatt entlang schleppten. Sie schlurften, krochen, hüpften durch die Gassen.
Es war an der Zeit dem Tod ein weiteres Mal in seine hässliche Fratze zu lachen. Ich stand auf und lief wieder los. Entschlossen, mit festem Griff am G36. Ich merkte wie das Adrenalin durch meinen Körper floss. Die ersten Zombies bemerkten mich und mit einem fürchterlichen Aufstöhnen nahmen sie meine Fährte auf und rannten auf mich zu. Immer mehr wurden durch die ersten Zombies aufgescheucht. Jeder Schritt den ich näher auf die Stadt zu machte, lockte weitere Zombies an. Ich rannte zielsicher auf einen Zombie zu. Mit einer geschickten Körpertäuschung, wie ich es als Kind beim Eishockey gelernt hatte, lies ich seinen Versuch mich zu schlagen ins leere treffen. Ich rannte um die Ecke auf das Gelände der Werkstatt. Schnell, Schnell. Reifen suchte ich. Einige Zombies hatte ich durch das Umlaufen der Mauerecke schon wieder abhängen können, andere folgten mir weiterhin.
Ich suchte die Werkstatt ab, doch außer einigen Blechdosen und einer Werkzeugkiste befand sich dort nichts.
Das Raunen der hungrigen Zombies war immer noch hinter mir zu hören. Ich hatte keine Zeit zu verlieren. Ich lief wieder auf den Eingang des Werkstattsgelände zu. Einige Zombies stellten sich mir in den Weg. Ich sprintete los. An ihnen vorbei, doch einer traf mich mit einem festen Hieb an der Schulter. Ich spürte den Schmerz in meiner Schulter und biss die Zähne zusammen. Blut quoll aus der offenen Wunde in mein Jacket. Ich musste die Wunde versorgen. Ich rannte um die nächste Mauerecke auf das angrenzende Industriegelände. Ich hatte die meisten Zombies abgehängt und sollte jetzt Zeit haben die Wunde zu versorgen. Ich kramte in meiner Tasche nach einer Bandage. Ich fand keine. Hastig suchte ich in meinem Rucksack. Zu meinem Unglück war auch dort keine.
Ich konnte es nicht fassen, dass mir ein derartiger Anfängerfehler unterlaufen war. Ich hatte keine Bandangen mehr. Der Schmerz in meiner Schulter wurde immer größer. Ich merkte wie der Blutverlust anfing meine Sicht zubeeinträchtigen. Ich stand wieder auf und taumelte etwas durch die Halle als ich plötzlich das Aufstöhnen eines Zombies hörte. Sie hatten mich wieder aufgestöbert. Mein Gewehr in einer Hand haltend, mit der anderen die Wunde zudrückend rannte ich wieder los. Ich hatte keine Zeit zu verlieren. Jede Sekunde lies mich schwächer werden. Ein zu hoher Blutverlust könnte Ohnmacht bedeuten was hier in den Straßen von Sabina fatal wäre. Ich hatte zuviel durchgemacht um jetzt so den Löffel abzugben. Ich hastete in ein angrenzenden kleinen Containerpark. Mehrere Zombies hatten meine Witterung aufgenohmen und eilten mir nach. Ich lief durch die Container, auf der Suche nach einer rettenen Bandage. Ich spürte wie mein Arm taub wurde. Meine Sicht wurde immer schlechter. Lange würde ich das nicht durchhalten. Blut pumpte durch das Laufen verstärkt durch mein Körper und der Kreislauf fand in meiner Schulter ein jähes Ende.