Im Namen des Gesetzes
Eine Autobiographie
Es heißt immer, dass sich seit dem Ausbruch der Seuche alles verändert hat. Dem stimme ich voll und ganz zu; Kein Strom, kein Internet, ein ständiger Kampf ums Überleben. Doch etwas gibt, das noch immer ist wie zuvor. Was ich damit meine? Mich selbst.
Ich heiße Trustert. Geboren und aufgewachsen im schönen Chernarus. Um etwas genauer zu sein: Im kleinen Örtchen Solnichnyi, an der Ostküste. Zur Schule wanderte ich damals jeden Tag nach Kamyshovo. Diese Tatsache und noch einige andere, sorgten dafür, dass meine Jugend recht schwierig war. Doch diese Zeit ging bald vorbei. Ich wurde älter, reifer und als ich nun dann sechszehn war, und die Schule beendet hatte, war es Zeit für mich Arbeit zu finden.
Damals waren meine Ansprüche sehr gering. Es ging mir nur darum ein wenig Geld zu verdienen. Somit war ein erster Job auch leicht gefunden. Im Hafen von Elektrozavodsk Fischernetze sortieren, entheddern und zum trocknen Aufhängen. Wie gesagt, meine Ansprüche waren gering. Drei Jahre lang ging ich diesem Beruf, dessen Bezeichnung ich bis heute nicht kenne, nach, bis ich eines Tages in eine recht knifflige Lage geriet.
Es war im Mai. Ein normaler Tag; viel Arbeit, gutes Wetter und alles in allem schien es ein Tag wie jeder andere zu werden. Ich nahm gerade meine Pause, als das Hafengelände ganz plötzlich von regierungsfeindlichen Gruppen, etwa zwanzig Mann, gestürmt wurde. Was diese am Hafen erreichen wollten, an dem hauptsächlich Fischer und Kaufleute zugegen waren, ist mir bis heute nicht ganz bewusst. Ich denke es ging ihnen um das Kappen der Fischversorgung, auch wenn das recht weit hergeholt klingt. Zurück zum Thema. Nun befand ich mich also als Geisel an meinem Arbeitsplatz, bewacht von, bis an die Zähne bewaffneten, Revolutionären. Ich gebe zu, etwas mulmig war mir dabei natürlich, doch Angst hatte ich keine. Schließlich waren wir nur einfach Arbeiter und es gab keinen Grund uns etwas anzutun.
Es dauerte nicht all zu lang, und sowohl Polizei als auch Militär trafen ein. Wie ich später erfahren sollte, waren diese jedoch mit der Situation relativ überfordert. Niemand im Staatsschutz hatte bisher mit Geiselnahmen zutun. Es gab stundenlange Verhandlungen über Freilassung der Geiseln, doch wurden von den Revolutionären keinerlei Forderungen gestellt. Sie wollten keinen von uns gehen lassen. Als ich dies nun verstanden hatte wusste ich: Irgendetwas muss ich unternehmen, um dieses Desaster zu beenden.
Über einige Stunden hinweg machte ich mir Gedanken und grübelte über eine Lösung, doch endeten alle meine Ideen damit, dass ich oder andere erschossen würden, was keine Option war. Versteht mich nicht falsch; Natürlich hätte ich auch mein Leben gegeben für meine Freunde und Kollegen im Hafen, doch wie hoch war die Chance, dass mein Tod ihnen wirklich hilft? Schließlich, nach gefühlten drei Tagen, ergab sich eine Möglichkeit. Völlig abstrus, nicht zu glauben, doch absolut genial.
Alle paar Stunden traf sich die Gruppe der Besetzer um das weitere Vorgehen zu besprechen. Zwar kam nie etwas sinnvolles dabei heraus, doch immerhin hatte man sich getroffen.
So standen sie dort nun also alle, gut zwanzig Mann, im Kreis um ihren Anführer, der ihnen wohl erzählte wie stark sie doch sind und wie viel sie für ihr Land doch tun würden. Doch mit dem was ich tat, hatte keiner von ihnen gerechnet. Während sie dort standen und sich selbst beweihräucherten, hatte ich genug Zeit, mich von den anderen Geiseln zu entfernen und mich zur hinteren Ecke des Raumes aufzumachen, wo die Seile, an denen die Fischernetze zum trocknen hingen, festgemacht waren. Keine von ihnen hatte registriert, dass gerade eine ihrer Geiseln weg gerannt und dabei war, der Seile der Netze zu lösen, die sich direkt über den ihnen befanden. Als nun die Netze auf sie herab fielen, war ihnen die Verwirrung förmlich ins Gesicht geschrieben. Sie strampelten und versuchten sich verzweifelt aus den Netzen zu lösen, völlig überfordert mit der Situation. Sehr viel weiter hatte ich auch nicht gedacht, doch hatten nicht nur meine Kollegen und Freunde mitbekommen was passiert war, sondern auch die Spezialkommandos vor der Tür. Prompt wurde die Halle gestürmt und ohne Fragen zu stellen, wurde die Geiselnehmer, noch in den Netzen zappelnd, erschossen. Gegenwehr gab es keine. Wir waren wieder frei.
Nun war ich ein Held. Sowohl für meine Kollegen, als auch für die Polizei und das Militär. Auch wenn das was ich getan hatte, mehr Glück als Verstand war. Es wurde mir ein Orden der Tapferkeit verliehen und ich bekam Geschenke von Menschen, die ich zuvor noch nie gesehen hatte. Doch aller Jubel hat ein Ende und so hatten mich die meisten nach einem Jahr schon wieder vergessen. Auch wenn meine Arbeit am Hafen gut und wichtig war - nach dem was ich getan hatte, fühlte ich mich selbst nun zu Größerem bestimmt. Ich kündigte.
Dies blieb nicht unbemerkt und vielleicht drei Tage nach meiner Kündigung, stand der Oberwachtmeister von Kamyshovo vor mir und sagte mir, dass eine Karriere bei der Polizei doch wohl genau das Richtige für mich wäre. Wie schon gesagt, nicht jeder hatte mich vergessen. Ohne viele Fragen willigte ich ein und im Monat darauf begann auch schon meine Ausbildung.
Ich war inzwischen zwanzig Jahre alt und ging nun wieder zur Schule. In diesem Fall jedoch mit einem klaren Ziel vor Augen: Einer der besten Polizisten von ganz Chernarus zu werden. Die Theorie war fad und die Praxis bestand meist aus Sport und Waffenübungen. In meiner Klasse war ich der Beste und im schießen war ich die Nummer eins. Doch kurz vor dem Ende meiner Ausbildung kam die Seuche. Anfangs wusste ja niemand so genau, was passierte, geschweige denn warum, doch wurden die Menschen immer weniger und auch der Rest ging langsam aber sicher den Bach herunter. Die meiste Zeit verbrachte ich damals auf der Polizeiwache in Kamyshovo - immer in der Erwartung, um Hilfe gebeten zu werden. Doch niemand kam. Die Straßen waren leer und ich war alleine. Verpflegung hatte ich ja, also wartete ich. Eines Tages dann kamen sie: Die Läufer, oder "Zombies", wie ich sie manchmal nenne.
Diese Dinger waren gefährlich. Dies musste ich schon früh feststellen, als circa dreißig dieser Dinger meine Wache stürmten und ich gezwungen war zu fliehen. Glücklicherweise konnte ich entkommen und dabei noch Verpflegung und Waffen mitnehmen.
Seitdem bin ich nun unterwegs auf Straßen und in Dörfern und versuche meiner Polizeiuniform gerecht zu werden. Treffe ich jemanden so versuche ich ihm zu helfen. Ist jemand in Not scheue ich nicht meine Waffen einzusetzen. Mich begleitet inzwischen ein Sanitäter des Krankenhauses von Elektrozavodsk und wir laufen gemeinsam. Er ist ebenfalls friedlich gesinnt, lehnt jedoch den Gebrauch von Schusswaffen ab, was in einer solchen Zeit vielleicht keine gute Idee ist.
Derzeit befinden wir uns im nördlichen Bereich der Karte. Nahezu jeden Tag wandern wir einige Kilometer. Wo unser Weg und hinführt wissen wir nicht, doch auch in solch schweren Zeiten, versuchen wir ein Lichtblick für die Überlebenden zu sein.
"Trotz Einsamkeit und Schmerz, vergiss niemals wer du bist und für wen es sich lohnt zu kämpfen."
- Trustert
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